Hallo,
ich erlaube mir, diesen neuen Thread speziell zum Widerruf von Ratenkreditverträgen (nicht grundpfandrechtlich abgesichert, also keine Immobilienfinanzierung) aufzumachen, welche häufig verbunden sind mit Verträgen über Restschuld-/Restkredit-/Ratenversicherungen (dafür gibt es mehrere Begriffe).
Auch solche Kreditverträge sowie die verbundenen Restschuldversicherungen lassen sich möglicherweise auch noch Jahre später widerrufen - ähnlich wie beim "Widerrufsjoker" bei Immobiliendarlehen.
Um Widerholungen zu vermeiden, verweise ich auf entsprechende Threads hier im Forum sowie externe Informationsquellen zum Immobiliendarlehen, welche auch für Ratenkreditverträge gelten:
WRB unwirksam? - Erfahrungen - Klageschrift - RAW - Restschuldversicherungen - BGH-Entscheidungen & Musterbelehrungen
Zinsstatistik - Prozesskosten - Basiszins - Verzugszins
In diesem Thread hier soll es jedoch speziell um Ratenkreditverträgen (nicht grundpfandrechtlich abgesichert) sowie verbunde Restschuld-/Restkredit-/Ratenversicherungen gehen.
Disclaimer:
Als juristischer Laie biete ich keine Rechtsberatung an. Meine Beiträge sind meine persönliche Meinung. Ich verdiene nichts hieran und biete über meine Beiträge hinaus hier auch keinerlei Dienste dazu an.
Anbei schon einmal ein paar Urteile zum Thema (Hervorhebungen in den Zitaten von mir):
LG Berlin, 23.09.2014 - 4 O 65/14: TeamBank AG gewährte mit Vertrag vom 22.10.2008 einen Nettokreditbetrag von 20.000,00€. Gesamtbetrag: 39.034,31€, davon Einmalbetrag von 5.445,83€ für eine Restkreditversicherung für den Fall des Todes oder der Arbeitslosigkeit des beklagten DN (=versicherte Person). Versicherungsnehmer war die klagende Bank. Zitat aus dem Urteil:
III. Folge des Widerrufs ist, dass die Parteien einander das jeweils Empfangene zurückzugeben haben.
1. Der Beklagte schuldet der Klägerin zunächst Rückzahlung des Darlehensnettobetrages zuzüglich des marktüblichen Zinses als Ersatz der Gebrauchsvorteile. Dass sich hieraus ein Betrag in Höhe von 24.045,62 EUR ergibt, hat die Klägerin nicht bestritten, so dass sich abzüglich des bereits gezahlten Betrages von 21.830,76 EUR zunächst eine restliche Forderung der Klägerin von 2.214,86 EUR ergibt.
2. Darüber hinaus kann die Klägerin Wertersatz für den Versicherungsschutz verlangen, den der Beklagte für die Zeit vom Abschluss des Vertrages bis zum Widerruf erlangte. Durch die Restschuldversicherung waren die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten aus dem Darlehensvertrag abgesichert, so dass der Beklagte bis zum Widerruf Versicherungsschutz und damit einen Vermögensvorteil erlangte. Der gemäß § 495 Absatz 2 Satz 1 i.V.m. § 357 Absatz 1 Satz 1 und § 346 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 BGB zu ersetzende Wert dieses Vermögensvorteils bestimmt sich nach der vertraglich vereinbarten Versicherungsprämie, anteilig für den Zeitraum der tatsächlichen Vertragslaufzeit (vgl. OLG Hamm, a.a.O. [Anm.: OLG Hamm, 11.12.2013 - 31 U 127/13]). Die vereinbarte Prämie in Höhe von 5.445,38 EUR wurde für eine Vertragslaufzeit von 84 Monaten gezahlt, so dass sich rechnerisch ein Betrag von 64,83 EUR je Monat ergibt. Für die Zeit vom 15.12.2008 bis zum Widerruf des Darlehens am 12.03.2013 (52 Monate) war deshalb ein Betrag von (5.445,38 EUR : 84 x 52 =) 3.370,95 EUR anzusetzen.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass auch die Klägerin durch die Restschuldversicherung einen Vorteil erlangte, denn mit der Versicherung war auch eine Absicherung der Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehens verbunden. Da dieser Vorteil in etwa dem Vorteil des Beklagten als Darlehensnehmer entspricht, ist es angemessen, den Anspruch der Klägerin auf Wertersatz im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages auf die Hälfte der auf den Zeitraum der tatsächlichen Vertragslaufzeit entfallenden Versicherungsprämie zu begrenzen (vgl. OLG Hamm, a.a.O.). Der Beklagte schuldet deshalb als Wertersatz für den erlangten Versicherungsschutz einen Betrag von (3.370,95 EUR : 2 =) 1.685,48 EUR.
OLG Hamm, 11.12.2013 (Az. 31 U 127/13), Rn. 37:
Da aber auch die Klägerin durch die Restschuldversicherung aufgrund der damit verbundenen Absicherung ihrer Ansprüche gegen die Beklagten einen Vermögensvorteil erlangt hat, der in etwa dem der Beklagten als Darlehensnehmer entspricht, erscheint es dem Senat angemessen, bei der Rückabwicklung der Darlehensverträge den zu ersetzenden Vermögensvorteil der Beklagten auf die Hälfte der Restschuldversicherungsprämie zu begrenzen (vgl. dazu BGH Urteil v. 02.12.1982, Az.: III ZR 90/81). Der Klägerin steht daher insgesamt Wertersatz in Höhe von 1.993,08 Euro für die Restschuldversicherung zu.
OLG Zweibrücken, Hinweis- und Beweisbeschluss vom 10.05.2010 (Az. 7 U 84/09):
I. 3. ...
Auf die Vorschrift des § 358 Abs. 4 Satz 2 BGB kann sich der Kläger nur insoweit berufen, als das Darlehen zur Finanzierung des verbundenen Vertrages diente, also hier zur Finanzierung der Rechtsschuldversicherung. Denn nur insoweit muss sich der Darlehensgeber im Verhältnis zum Darlehensnehmer so behandeln lassen, als ob der Darlehensnehmer auch das verbundene Geschäft widerrufen hätte. Nur hinsichtlich des Anteils des Darlehens, der für die jeweiligen Restschuldversicherungen zu zahlen war, kann daher der Anspruch des Darlehensgebers auf Zinsen und Kosten entfallen. Dass der Wegfall des Anspruchs auf Zinsen und Kosten sich auch auf das weitere Darlehen beziehen würde, ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2009 zu entnehmen. Zu dieser Frage verhält sich die Entscheidung nicht.
4.Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem Widerruf nicht entgegen, dass die Kreditverträge vollständig abgewickelt sind. Ist eine Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß erteilt, so wird die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt. Der Widerruf kann daher _unbefristet_ erfolgen. Ein Widerruf ist auch dann noch möglich, wenn der Vertrag vollständig erfüllt ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der zitierten Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. In dieser Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof lediglich eine im Haustürwiderrufsgesetz enthaltene Regelung für rechtmäßig erklärt, dass bei vollständiger Erfüllung der Verträge ein Widerruf nicht mehr möglich ist. Eine solche Bestimmung findet sich aber weder bei den Regelungen über einen Verbraucherkreditvertrag noch bei den allgemeinen Widerrufsregelungen von Verbraucherverträgen nach § 355 ff. BGB. Das Haustürwiderrufsgesetz ist hier nicht einschlägig.
5. Es ist daher Beweis darüber zu erheben, ob der Marktzins für die drei widerrufenen Darlehen niedriger als der jeweils vereinbarte Vertragszins war, wobei Zinsen und Kosten nur für die jeweiligen Darlehen abzüglich der Restschuldversicherung zu berechnen sind und in welcher Höhe sich hieraus gegebenenfalls eine Überzahlung des Klägers ergibt. Die Beweislast liegt insoweit beim Kläger.
II. 4. ... Der Sachverständige soll bei seiner Berechnung einer eventuellen Überzahlung entsprechend den Hinweisen des Senats davon ausgehen, dass die Beklagte von dem Kläger die jeweils auf die Restschuldversicherungsprämien entfallenden Darlehensanteile (nebst hierauf entfallener Zinsen und Kosten) nicht von dem Kläger beanspruchen kann und dass der Kläger die vereinbarten monatlichen Raten auf die Kredite sowie als Ablösung des letzten Kredites den von der Beklagten gemäß dem Abrechnungsschreiben vom 03.04.2007 (Anlage K 26 - Bl.136 d.A.) errechneten Betrag gezahlt hat.
BGH, 02.12.1982 (Az. III ZR 90/81), Rn. 33 (nach Jurion):
b)
Durch den Abschluß des Versicherungsvertrages und die Zahlung der Prämie haben die Beklagten durch Leistung der Klägerin Versicherungsschutz und damit einen Vermögensvorteil erlangt, dessen Wert sie nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB ersetzen müssen. Der Wert für die Beklagten ist jedoch nicht mit der vollen Versicherungsprämie gleichzusetzen (so im Ausgangspunkt Canaris WM 1981, 978, 984). Wie bereits aufgezeigt, hat die Restschuldversicherung auch einen Vermögenswert für die Klägerin, weil sie eine weitere Sicherung erhält. Der erkennende Senat hat in anderem Zusammenhang (BGHZ 80, 153, 168) [BGH 12.03.1981 - III ZR 92/79] anerkannt, daß dieser Wert grundsätzlich für den Darlehensgeber in etwa gleichgewichtig gegenüber dem Wert ist, den die Restschuldversicherung für den Darlehensnehmer hat. Da dieses Verhältnis sich im Falle der Nichtigkeit des Darlehensvertrages jedenfalls nicht wesentlich verschiebt (vgl. dazu Canaris WM 1981, 978, 984/85), ist es im Regelfall gerechtfertigt, den Bereicherungsanspruch unter Anwendung des § 287 Abs. 2 ZPO auf die Hälfte der angemessenen - nicht der hier tatsächlich berechneten, überhöhten - Restschuldversicherungsprämie zu begrenzen, wobei hier mangels entsprechenden Parteivortrags auch vernachlässigt werden kann, daß wegen des geringeren Risikos möglicherweise die Versicherung für die Darlehensnehmer einen etwas geringeren Wert hat.
BGH, 18.01.2011 (Az. XI ZR 356/09), Rn. 27:
Hier ist mir nicht klar, ob das so zu verstehen ist, dass - entgegen anderslautender Entscheidungen (u.a. s.o.) - die Bank keinerlei Anspruch darauf hat, dass der Kunde nach Widerruf überhaupt Prämien für die Restschuldversicherung zahlen muss.Die Revision beruft sich gegenüber der Verpflichtung zur Zinszahlung ohne Erfolg auf § 358 Abs. 4 Satz 2 BGB. Nach dieser Vorschrift sind im Falle des § 358 Abs. 1 BGB, also bei Widerruf des mit dem Darlehensvertrag verbundenen Geschäfts, Ansprüche auf Zahlung von Zinsen und Kosten aus der Rückabwicklung des Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Diese Vorschrift gilt nicht für den Teil des Darlehens in Höhe von 26.617,89 €, der nicht zur Finanzierung des verbundenen Geschäfts verwendet, sondern dem Kläger ausgezahlt worden ist. ...
Und noch 2 Entscheidungen - Quelle: test.de ("Geld zurück auch bei Ratenkrediten"):
OLG Düsseldorf, Anerkenntnisurteil vom 23.05.2014 (Az. I-7 U 252/12)
Klägervertreter: Rechtsanwalt Arnd S. Tenfelde, Viersen
LG Osnabrück, Urteil vom 23.04.2014 (Az. 7 O 1919/13)
Klägervertreter: Rechtsanwälte Lindemann-Többen & Markus, Esterwegen
Weitere Infos zum Thema des Widerrufs von Ratenkrediten gibt es auch in diesem Artikel von finanztip.de zu lesen.
Weiß jemand, ob es vergleichbar zu den Mustertexten für die Widerrufsbelehrungen (WRBen) in den Kreditverträgen auch Mustertexte für die WRBen in den Restschuldversicherungen gibt? Welche Gesetze und Paragraphen gelten für diese? Dieselben?
Wenn die WRBen in den Restschuldversicherungen hinsichtlich des Fristbeginns (oder anderer Punkte) irreführend sind, hat das dann dieselben Konsequenzen wie bei den WRBen der Kreditverträge? Nämlich, dass die Frist zum Widerruf nie zu laufen begonnen hat und damit die Restschuldversicherung noch Jahre später wirksam widerrufen werden kann?