Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Tag ihr Lieben,
meine Frau arbeitet noch in einer Arztpraxis an der Rezeption.
Dort arbeitet sie mit insgesamt vier anderen Frauen zusammen, die über den Tag verteilt kommen. Der Arzt möchte sich gerne verkleinern und hat meiner Frau deshalb vor zwei Tagen mündlich mitgeteilt, dass die ab übernächsten Monat nicht mehr kommen soll.
Bis jetzt hat sie auch noch nichts schriftlich erhalten, so dass wir davon ausgehen, dass es bei dieser mündlichen Kündigung bleiben soll.
Da für uns ohnehin nicht nachvollziehbar ist, wie er die Auswahl getroffen hat und meine Frau auf jeden Fall eine Kündigungsschutzklage einreichen wird, wüssten wir gerne, ob sie das bereits auf eine rein mündliche Kündigung hin tun sollte.
Oder ist besser zu warten, bis doch noch etwas schriftlich erfolgt?
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Hallo,
folgende Denkanstöße stellen keine Rechtsberatung dar, noch können sie ebensolche für den jeweiligen Einzelfall ersetzen:
-bitte schauen Sie in die §§ 620 ff BGB.
Die Kündigung eines auf unbestimmte Zeit eingegangenen Arbeitsvertrages bedarf nach § 623 BGB zwingend der Schriftform, ggf. unter Beachtung der entsprechenden Kündigungsfristen.
-bitte schauen Sie auch in § 23 KSchG
Die Regelungen sind sehr komplex, was überhaupt die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes betrifft.
Sie sollten sich kundigen Rechtsrat einholen (Rechtsanwalt, bei Mitgliedschaft evt. über die Gewerkschaft, o.ä.).
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Es heißt zwar Kündigung aussprechen, aber wie oben beschrieben ist eine Kündigung in Schriftform zu überreichen. Bei vielen Kündigungen hängen allerdings auch Aufhebungsverträge dran, die ja auch schriftlich formuliert werden. Zu Kündigung generell habe ich im Netz auch eine sehr gute Seite gefunden, mit nützlichen Infos. Schaut mal vorbei, ist sehr aufschlussreich: fachanwalt-arbeitsrecht-dr-albrecht.de/arbeitsrecht-fuer-arbeitnehmer/kuendigungsschutz.html
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
1. würde ich den Arzt lieber nicht darauf ansprechen, sondern erst mal warten, ob er vergisst, die Kündigung schriftlich auszusprechen, dann ist zumindest noch einmal ein Monat gewonnen.
2. würde ich auf keinen Fall etwas unterschreiben, wenn der Arzt eine schriftliche Kündigung überreicht. Akzeptiert man mit seiner Unterschrift beispielsweise eine Kündigung, kann man evtl. 3 Monate beim Arbeitslosengeld gesperrt werden. Das gleiche gilt für einen Aufhebungsvertrag. Also nicht unterschreiben und im Zweifel mit der Kündigung zum Anwalt bzw. zum Arbeitsamt. Wenn man dort einen guten Berater hat, kann der einem auch schon weiter helfen.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Zitat von Dahut
1. würde ich den Arzt lieber nicht darauf ansprechen, sondern erst mal warten, ob er vergisst, die Kündigung schriftlich auszusprechen, dann ist zumindest noch einmal ein Monat gewonnen.
2. würde ich auf keinen Fall etwas unterschreiben, wenn der Arzt eine schriftliche Kündigung überreicht. Akzeptiert man mit seiner Unterschrift beispielsweise eine Kündigung, kann man evtl. 3 Monate beim Arbeitslosengeld gesperrt werden.
Quatsch. Akzeptiert man sie nicht, kriegt man Hausverbot. Mit dem Schriebs sich sofort beim Leistungsträger arbeitslos (oder "von Arbeitslosigkeit bedroht") melden! (Stichwort: Bearbeitungszeit.) Sperre gibt's nur, wenn man "durch vertragswidriges Verhalten den Anlass zur Kündigung selber geliefert hat" - so heißt das wohl sinngemäß. Zum Arbeitsgericht kannst du dann immer noch - wenn du meinst, du kriegst sowas durch. Gegen eine fristgemäße Kündigung kommst du allerdings nie an, da muss nicht mal ein Grund angegeben werden.
Zitat von Dahut
Das gleiche gilt für einen Aufhebungsvertrag.
Da gibt's allerdings mit Sicherheit erst mal 'ne Sperre.
Zitat von Dahut
Also nicht unterschreiben und im Zweifel mit der Kündigung zum Anwalt ...
und das ist genau das, was sich die meisten Arbeitgeber bei der Kündigung vom Arbeitnehmer unterschreiben lassen. Habe ich selber schon erlebt, aber ich habe natürlich nicht unterschrieben.
Ausgeschrieben klingt das dann wie: Ich akzeptiere die Kündigung und werde keine Klage dagegen einreichen.
Außerdem gibt es auch bei fristgemäßen Kündigungen jede Menge Widerspruchsmöglichkeiten, aber vermutlich nicht bei einer Arztpraxis mit weniger als 12 Mitarbeitern. Ab 12 Mitarbeitern darf ein Arbeitgeber einen grundlos nicht einfach so entlassen. Deswegen gibt es da meist Abfindungen, damit der Arbeitnehmer geht.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Noch was dazu: Ich selber hatte vor einigen Jahren mit einer betriebsbedingten Kündigung zu rechnen. Da bin ich VORHER zum Arbeitsamt gegangen und habe denen das erzählt. Meiner Beraterin konnte ich dann die Kündigung per Email schicken, sie hat drüber geguckt und festgestellt, dass der Wortlaut der Kündigung zu einer Sperre beim Arbeitslosengeld geführt hätte, aufgrund ihrer Anmerkungen hat mein damaliger Arbeitgeber den Wortlaut geändert, und das Arbeitsamt hat die Kündigung entsprechend akzeptiert (ohne Sperre). Damals wurde unsere Abteilung ausgelagert und meine Stelle somit überflüssig, aber es musste in der Kündigung klar sein, dass die Firma mir keine andere Stelle bieten konnte, sonst hätte ich gegen die Kündigung klagen müssen.
und das ist genau das, was sich die meisten Arbeitgeber bei der Kündigung vom Arbeitnehmer unterschreiben lassen. Habe ich selber schon erlebt, aber ich habe natürlich nicht unterschrieben.
Eben. Da wärste ja schön blöd. Meine Kündigung damals kam nun pünktlich ein paar Tage vor Ablauf des ersten halben Jahres, nach dem das Kündigungsschutzgesetz gegriffen hätte. Da war wirklich nichts zu machen, außer die Deppen daran zu erinnern, dass sie mir nicht einfach so zum Monatsende kündigen konnten. Schließlich hatten sie selber erst die Probezeit von 1/2 auf 1/4 Jahr verkürzt, mein Gehalt erhöht und die Kündigungsfrist auf ein halbes Jahr verlängert, die krummen Hunde - sorry, finde keine bessere Bezeichnung für meine (letzten) "Arbeitgeber" damals:
Außerdem gibt es auch bei fristgemäßen Kündigungen jede Menge Widerspruchsmöglichkeiten, ...
Welche? (Würde mir heute, also nach 11 1/2 Jahren, zwar nichts mehr nützen - außer dass diese krummen Hunde aufpassen sollen, dass sie mir nicht mal ohne Zeugen begegnen), aber vielleicht jemand anderem.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Ich habe jetzt nicht jeden Satz gelesen, aber mir sind ein paar Sachen aufgefallen:
1) Eine Kündigung ist eine einseitige Willenserkärung. Es bedarf keiner Zustimmung der anderen Seite und eine Unterschrift ist auch kein Einverständniserklärung. Anders sieht es beim Aufhebungsvertrag auf, da müssen beide unterschreiben und dann gibt es auch eine Sperre.
2) Durch eine Kündigungsschutzklage kann man sich keine Abfindung erstreiten. Einen Anspruch auf Abfindung gibt es im Arbeitsrecht nur in einem speziellen Fall: Bei betriebsbedingten Kündigungen und einem Verzicht des Gekündigten auf einer Kündigungsschutzklage.
3) Eine Kündigungsschutzklage ist immer zu empfehlen. Dann wird die Kündigung überprüft und wenn das Verfahren nicht ordentlich gelaufen ist, ist die Kündigung nichtig. Das kann richtig Geld bedeuten, wenn man über mehrere Instanzen klagt und nach 2-3 Jahren Recht bekommt und das Arbeitsverhältnis nach wie vor besteht. Allerdings kann der Arbeitgeber der ersten, unwirksamen Kündigung jederzeit eine wirksame folgen lassen.
3a) Viele Klagen enden in einem Vergleich und da sind wir dann wieder bei der Abfindung.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Welche? (Würde mir heute, also nach 11 1/2 Jahren, zwar nichts mehr nützen - außer dass diese krummen Hunde aufpassen sollen, dass sie mir nicht mal ohne Zeugen begegnen), aber vielleicht jemand anderem.
Z.B. auf Formfehler oder wenn bei mehreren Kollegen eine Abteilung verkleinert wird, aber ein anderer Kollege erst viel kürzer dabei ist. Oder wenn die Stelle kurz nach einer betriebsbedingten Kündigung wieder neu besetzt wird.
In Firmen mit gutem Betriebsrat achtet der meist darauf, dass Kündigungen sich an Rechte halten. In Firmen ohne Betriebsrat meinen die Chefs aber manchmal auch, dass sie ihre eigenen Gesetze machen können.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Zitat von Dahut
Z.B. auf Formfehler oder wenn bei mehreren Kollegen eine Abteilung verkleinert wird, aber ein anderer Kollege erst viel kürzer dabei ist. Oder wenn die Stelle kurz nach einer betriebsbedingten Kündigung wieder neu besetzt wird.
Damit kommst du nicht durch. Wenn vertrags- und fristgemäß gekündigt und bis zum Ende der Kündigungsfrist das Gehalt weiter gezahlt wird, ist das rechtlich völlig korrekt. Aus dem Kündigungsschutzgesetz ergeben sich unter Umständen noch Möglichkeiten, aber da ist vieles Auslegungssache.
Zitat von Dahut
In Firmen mit gutem Betriebsrat achtet der meist darauf, dass Kündigungen sich an Rechte halten.
Japp, der Betriebsrat muss zu einer Kündigung angehört werden. Wenn's einen gibt.
Zitat von Dahut
In Firmen ohne Betriebsrat meinen die Chefs aber manchmal auch, dass sie ihre eigenen Gesetze machen können.
Stimmt, s. mein Beispiel. Oder die Masche, wie du sie beschrieben hast: "Du unterschreibst jetzt, dass du die Kündigung anerkennst und auf alles weitere verzichtest, wie Kündigungsschutzklage." Am besten noch in Anwesenheit eines Anwalts zur "Einschüchterung".
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Zitat von tnt
Damit kommst du nicht durch. Wenn vertrags- und fristgemäß gekündigt und bis zum Ende der Kündigungsfrist das Gehalt weiter gezahlt wird, ist das rechtlich völlig korrekt.
Das alleine reicht nicht. Der Kündigungsgrund könnte fraglich sein, der Betriebsrat könnte nicht fristgerecht angehört worden sein uvm. Im Arbeitsrecht gibt es sogar recht wenig Auslegungssache. Das ist nicht wie im Zivilrecht. Der Arbeitsrichter prüft nur ob die Kündigung formal richtig durchgeführt wurde. Liegt irgendwo ein Fehler vor, ist sie nichtig.
Gerade bei Kündigungen könnten Betriebsräte darauf kommen, den Arbeitgeber eben nicht darauf hinzuweisen, dass die Kündigung rechtlich nicht haltbar ist. Wäre in diesem Fall zum Vorteil des Gekündigten, dessen Kündigung nichtig wäre.
Anerkennung einer Kündigung gibt es nicht, siehe oben. Einseitige Willenserklärung. Der Vermieter muss mit der Kündigung des Mieters auch nicht einverstanden sein. Verzicht auf Kündigungsschutzklage führt u.U. bei betriebsbedingter Kündigung zum Anspruch auf Abfindung, wäre also auch gut für den Arbeitnehmen. Es sei denn er kann über die Klage einen besseren Vergleich erwirken oder der BR verhandelt einen besseren Sozialplan. Mit der Unterschrift zielst du auf den Aufhebungsvertrag ab. Und genau den sollte man nicht unterschreiben, das ist vollkommen richtig.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Wollen wir uns hier auch nicht streiten, schlage ich vor - der Eingangsbeitrag sollte mehr als erschöpfend beantwortet sein. Der ist auch schon ein paar Monate alt, und der Fragesteller hat sich seitdem nie wieder gemeldet.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Ein Formfehler wäre aber z.B. auch, wenn der Betriebsrat nicht mindestens 3 Tage vor der Kündigung angehört wurde.
Und ich finde das schon alles interessant, deswegen macht's nichts, dass die Frage schon älter ist und der Fragesteller sich nicht mehr gemeldet hat. Eine Kündigung kann schließlich fast jeden von uns treffen.
AW: Kann der Arbeitgeber die Kündigung einer Stelle mündlich veranlassen?
Zitat von tnt
Und gut für eine Sperrfrist, das ist das Problem.
Trifft auf personenbedingte oder verhaltensbedingte Kündigungen zu, ja. Aber im Falle von betriebsbedingten Kündigungen wird das nicht als aktive Mitwirkung an der Kündigung gewertet und führt somit auch nicht zur Sperre.
Streiten will sich niemand. Das Thema ist halt sehr sehr komplex und für Laien kaum zu durchschauen. Selbst für normale Anwälte ist das Thema schwer, da Arbeitsrecht doch ein wenig anders gelagert ist, als z.B. Zivilrecht. Daher ist guter Rat eigentlich nur von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht zu bekommen.
In Weimar haben sie allerdings mit Immobilien gehandelt (was sie nur nicht durften - sie sollten sie im Auftrag der THA nur verwalten).
Mein Arbeitsverhältnis dort (als "EDV-Koordinator / Netzadministrator in leitender Stellung") ging 7 Wochen und endete mit einer fristlosen Kündigung. Die natürlich nicht haltbar war - vor dem Arbeitsgericht haben wir dann einen Vergleich ausgehandelt: Für die halbe Kündigungsfrist haben sie mir noch das Gehalt gezahlt. Und das Sozialamt mir erst mal einen Vorschuss auf das ALG ...
(Davon hab' ich dann meiner Ex-Freundin einen roten Schrotthaufen abgekauft, 3 Wochen gebastelt, dann konnte ich ihn wieder fahren. )
Ein paar Jahre später rief eine Anwältin aus Weimar mich an: Ob ich noch die Unterlagen von dem Prozess hätte. "Ja." "Und Herr *** hat unterschrieben?" "Ja." "Spitze." Der hatte nicht mal eine Zulassung als Anwalt, aber die Firma als "Assessor" vertreten.