Kommt der Raiffeisen Investment Bereich jetzt in Bedrängniss?
Hallo zusammen
Ich bin seit kurzem Mitglied in diesem Forum und habe schon an so mancher angeregten Diskussion teilgenommen.
Letzten Montag bin ich auf ein Thema gestossen, dass ich sehr gerne mit euch diskutieren würde.
In einem Artikel von finews.ch: Treffpunkt der Finanzwelt wird eine Joint Venture der Firma Rinigier und der Bank zwei plus beschrieben. Die neue Firma heisst Cash und wird sich im investment Bereich auf das Retail banking konzentrieren. Die Bank zwei plus kümmert sich nur noch um die Geschäftskunden. Man erhofft sich davon, auch Kleinkunden eine Beratung zu bieten, die bisher nur Grossinvestoren vorbehalten war.
Meine Hausbank ist schon seit zehn Jahren die Raiffeisenbank. Ich habe eigentlich nie das Gefühl gehabt, nicht gut beraten zu sein. Trotzdem komme ich nachdem lesen dieses Artikels ziemlich ins Grübeln.
Wie sieht das hinter den Kulissen bei herkömmlichen Banken wie der Raiffeisen aus? Kümmert sich der Raiffeisen Investment Bereich genauso angagiert um die kleinen Anleger wie um die grossen? Wenn nicht, ist abzusehen ob die Grossbanken jetzt auch besser auf den Kleinkunden eingehen werden? Was für Produkte eignen sich im Investmentbereich für Leute mit mittlerem Einkommen?
Ihr seht: Fragen über Fragen!
AW: Kommt der Raiffeisen Investment Bereich jetzt in Bedrängniss?
Hallo,
Zitat von gavino
Die Bank zwei plus kümmert sich nur noch um die Geschäftskunden. Man erhofft sich davon, auch Kleinkunden eine Beratung zu bieten, die bisher nur Grossinvestoren vorbehalten war.
das ist eine typische Argumentation, wenn standardisierte Vermögensverwaltungsleistungen verkauft werden sollen und keineswegs neu. Eigentlich betreibt die Bank2+ dieses Geschäft in Deutschland mit ihrem Sparplangeschäft schon lange. Also nix wirklich neues.
Zitat von gavino
Wie sieht das hinter den Kulissen bei herkömmlichen Banken wie der Raiffeisen aus? Kümmert sich der Raiffeisen Investment Bereich genauso angagiert um die kleinen Anleger wie um die grossen?
Kleinanlegern werden in erster Linie Produkte verlauft, welche für die Bank eine Provision generieren (Versicherungen, Bausparverträge, Zertifikate, Fonds usw.). Oder eben Zinsdifferenzgeschäfte über Einlagen, Tagesgeld usw.. Was nicht angeboten wird, ist eine Dienstleistung gegen Bezahlung (das, was wir gerne Beratung nennen würden..).
Großanleger lassen ihr Geld oft als Dienstleistung von Banken oder Vermögensverwaltern verwalten. Sie zahlen dafür z.B. 1% des angelegten Vermögens p.a. als Gebühr, dafür spielen Provisionen keine große Rolle mehr.
Am einzelnen Kleinanleger ist insgesamt weniger zu verdienen, deswegen wird in den Einzelnen weniger Zeit investert.
Zitat von gavino
Wenn nicht, ist abzusehen ob die Grossbanken jetzt auch besser auf den Kleinkunden eingehen werden?
Nein. Es hat sich nichts geändert. Ich nehme an, Du kommst aus der Schweiz? Ich weiß nicht, welche Marktmacht die genannten Firmen dort haben. Aber unter dem Strich hat sich die Welt durch diese Kooperation nicht geändert. Mehr Marketing als sonstwas.
Zitat von gavino
Was für Produkte eignen sich im Investmentbereich für Leute mit mittlerem Einkommen?
Die Eignung von Produkten ist unabhängig vom Einkommen. Eher wäre das verfügbare Anlagevolumen eine zu beachtende Kenngröße.
Ansonsten alles, dessen Risiken der Anleger verstehen und beherrschen kann. Das hängt nicht vom Einkommen, sondern vom Wissensstand ab.
AW: Kommt der Raiffeisen Investment Bereich jetzt in Bedrängniss?
Hallo Europaule
Danke für die rasche Antwort. Jetzt stellen sich mir gleich wieder ein paar Fragen.
Wieso haben hat die Bank zwei plus dann eine Joint Venture gebildet, wenn sie dieses Geschäft in Deutschland so schon betreibt?
Wieso ist es nicht möglich ebenfalls eine Gebühr für Kleinkunden zu erheben? Wenn es bei Grossanlegern ein Prozent ist, könnte es bei Kleinanlegern ja ein höherer Prozentsatz sein damit es sich für die Bank Lohnt.
Was ist der Unterschied zwischen Produkten die Provision generieren und Zinsdifferenzgeschäften? Wie verdient die Bank in beiden Fällen?
AW: Kommt der Raiffeisen Investment Bereich jetzt in Bedrängniss?
Hallo,
Zitat von gavino
Wieso haben hat die Bank zwei plus dann eine Joint Venture gebildet, wenn sie dieses Geschäft in Deutschland so schon betreibt?
In D führt die 2+ auch nur die Depots und bietet Serviceleistungen für die Vermittler an (Provisionabrechnung usw.). Die Vermögensverwaltung läuft über einen externen Partner. Wie weit extern oder nahestehend dieser tatsächlich ist, kann ich nicht beurteilen.
Warum sie das so machen, weiß ich nicht. Vielleicht können sie Vermögensverwaltung einfach nicht? (Andere können es auch nicht und machen es trotzdem..)
Zitat von gavino
Wieso ist es nicht möglich ebenfalls eine Gebühr für Kleinkunden zu erheben? Wenn es bei Grossanlegern ein Prozent ist, könnte es bei Kleinanlegern ja ein höherer Prozentsatz sein damit es sich für die Bank Lohnt.
Beispiel:
Ich habe einmal bei einer Privatbank gearbeitet, die ab einem verfügbaren Volumen von drei Millionen Euro mit der individuellen Vermögensverwaltung begann. 1% sind 30.000,- Euro für die Bank.
Wie soll die der Anleger von 20.000 € bezahlen?
Auch, wenn die Einstiegsgrenze niedriger liegt, ist dieses Geschäftsmodell für Normalsparer nicht umsetzbar.
Zumal hier oft Kapitalerhalt und Sicherheit im Vordergrund stehen, die Redniten also nicht extrem hoch sind. Die würden höhere Gebühren dann übermäßig belasten.
Zitat von gavino
Was ist der Unterschied zwischen Produkten die Provision generieren und Zinsdifferenzgeschäften? Wie verdient die Bank in beiden Fällen?
Provisionen:
Die Bank verkauft z.B. eine Rentenversicherung. 100,- € mtl. über 30 Jahre.
Auf die geplante Einzahlung von 36.000,- € erhält die Bank etwa 5% Provision, also 1.800,- Euro.
Das Geld fließt an die Versicherung und die Bank hat damit nichts mehr zu tun (vielleicht noch ein paar Folgeprovisionen).
Zinsdifferenz:
Ein Anleger legt 10.000 Euro in einer Schuldverschreibung der Bank an. Dafür bekommt er von der Bank z.B. 3 % p.a..
Die Bank verleiht dieses Geld widerum an Kunden. Z.B. über ein Baudarlehen und bekommt dafür 5 % p.a..
Die 2 % Zinsdifferenz p.a. sind der Ertrag (vor Kosten) für die Bank.
Das Geld bleibt in der Bilanz der Bank.
AW: Kommt der Raiffeisen Investment Bereich jetzt in Bedrängniss?
Hallo Europaule
Was sagst du zur Hypo Zins Entwicklung der letzten Jahre?
Sollte man nicht bei so tiefen Hypozinsen am besten in eine Hypothek investieren? Welchen Immobilienfonds würdest du empfehlen?
Ich habe auf einer Tabelle gesehen, dass der Hypo Zins sich in den letzten zwanzig Jahren fast um zwei drittel verringert hat. Wie ist das Möglich?
Danke für die umfangreichen Antworten, die du mir bis jetzt gegeben hast.
Ich bin froh jemanden in diesem Forum gefunden zu haben, der so viel von der Thematik versteht.
Ich war anfangs etwas besorgt, die Antworten von Finanzexperten würden mich eher verwirren als mir zu helfen.
Du hast es mir aber sehr verständlich vermittelt. :-)
AW: Kommt der Raiffeisen Investment Bereich jetzt in Bedrängniss?
Hallo,
Zitat von gavino
Was sagst du zur Hypo Zins Entwicklung der letzten Jahre?
Sollte man nicht bei so tiefen Hypozinsen am besten in eine Hypothek investieren? Welchen Immobilienfonds würdest du empfehlen?
grundsätzlich sind die niedrigen Zinsen für denjenigen, der eine Immobilie erwerben möchte, schon interessanter als hohe Zinsen.
Aber nur diesen einen Aspekt zu beleuchten wäre zu einfach gedacht.
Überlege mal:
Wie wirken sich die niedrigen Zinsen auf die Kaufpreise aus?
Wie wirken sich die niedrigen Zinsen auf die Mieteinnahmen aus?
Letztlich investiert man nicht in ein Darlehen, sondern in eine Immobilie.
Bei den Immobilienfonds traue ich mir momentan keine Aussage zu.
Meine letzten Favoriten stehen derzeit gerade wegen der Liquiditätsprobleme vor oder in der Abwicklung.
Ich lasse von diesem Marktsegment die Finger, bis sich die Finanzwelt wieder beruhigt hat. Auch wenn es weh tut.
Zitat von gavino
Ich habe auf einer Tabelle gesehen, dass der Hypo Zins sich in den letzten zwanzig Jahren fast um zwei drittel verringert hat. Wie ist das Möglich?
Die Inflation wurde im Zuge der Euroeinführung gesenkt, was sinkende Zinsen mit sich gebracht hat.
Das extrem niedrige Zinsniveau in D seit 2008 ist allerdings nicht natürlich und der Finanzkrise geschuldet.
Da müsstest Du Dich mal mit den sehr komplexen Zusammenhängen zwischen Inflation, Zinsen am Kapitalmarkt und Steuerungsmechanismen der Notenbanken (insbesondere der EZB) beschäftigen.
Zitat von gavino
Ich war anfangs etwas besorgt, die Antworten von Finanzexperten würden mich eher verwirren als mir zu helfen.