ich habe mal eine grundsätzliche Frage:
Aktuell kriegt man ja für Tagesgeld mit ca. 2,6%-2,7% einen Zinssatz, der leicht über der Inflationsrate von 2,3% (2011) liegt.
Meine Frage ist nun - ist das die Regel oder die Ausnahme? Wenn jetzt sagen wir mal 2013 die Inflation auf 4% steigt (rein hypothetisches Szenario, bitte keine Diskussion ob es so kommt oder nicht) - kann ich dann damit rechnen, dass es auch Tagesgeldzinsen im Bereich 4%-4,2% gibt? Oder bleibt der marktübliche Zins bei 2,7% stehen?
Meine Frage richtet sich pragmatisch daran wie es in der Vergangenheit war bzw. realistisch in der Zukunft voraussichtlich sein wird. (Es hängt ja wahrscheinlich auch irgendwie mit dem Zentralbankzinssatz zusammen, aber der wiederum müsste ja auch irgendwie mit der Inflation korrelieren)
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#2
neutraler Tippgeber
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neutraler Tippgeber
AW: Tagesgeldzins vs. Inflationsrate
Hallo SirTiger:
Kurze Antwort:
Nein! Die einzelnen Zinsangebote fürs Einlagengeschäft der Banken sind nicht an die statistisch erhobene Inflationsrate gekoppelt. Ihr Szenario könnte so passieren, oder auch nicht.
Die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen ist schwierig, es hängt vor allem davon ab, wechle Inflationsrate die EZB (Europäische Zentralbank) noch zulassen will.
Lange Antwort:
Wir leben seit Ausbruch der Finankrise vor fast 6 Jahren in einer Finanzrepression, d.h. es findet im Endeffekt ein Vermögenstransfer vom Sparer zum Schuldner statt, oder vereinfach gesagt: die Zinsen (Soll/Haben) werden mit aller Macht unterhalb der Inflationsrate gedrückt.
Dies wird deshalb unternommen, damit die Staaten ihre riesigen Schuldenberge über die Inflation real abbauen können.
Die EZB fluttet die Märkte mit frischen Geld. Die Banken können sich dadurch mit billigen Geld refinanzieren wie noch nie. Deshalb sind sie nicht auf das Geld der kleinen Privat-Sparer angewiesen.
Die 2,7% sind nur ein Lockangebot um Neu-Kunden zu gewinnen (Freshmoney) und evtl. bestehende zu halten. Ohne das Angebot im Einzelnen zu kennen, denke ich nicht, dass ein Kunde mit mehreren Millionen Euro auch die 2,7% erhält sondern unter 1%.
Es wäre auch möglich, dass die Bank, die die 2,7% ausgibt, eine schlechtere Bonität als andere Banken hat (mehr Risiko für den Anleger) und deshalb einen Risikoaufschlag zusätzlich an den Anleger bezahlt.
Die Zinsen fürs Einlagen- sowie fürs Keditgeschäft der Banken hängen unmittelbar mit den Refinanzierungssätzen der EZB zusammen. Die Refinanzierungssätze wiederum hängen unter "normalen Bedingungen" (also keine Finanzkrise, Staatenkrise etc. pp.) von der Inflatonsrate ab. Doch wir haben keine normalen Bedingungen, deshalb Finanzrepression.
Die EZB versteht sich als die Hüterin der Währung (Kampf gegen Inflation).
Eine schleichende Inflation wird aber immer in Kauf genommen.
Leider sind die EU-Staaten so hoch verschuldet, dass unsere Währungsunion ansich in Gefahr ist. Deshalb wird eine noch höhere Inflationsrate von der EZB durch das Flutten der Märkte mit frischem EURO gebillligt, damit, wie schon gesagt, die Staaten ihre Schulden über die Inflation abbauen können.
Die Banken können sich aktuell mit einem Leitzins von 1% bei der EZB refinanzieren, d.h. Geld abholen um es an den Bankkunden in Form eines Darlehens weiterzugeben.
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#3
EuroPaule
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EuroPaule
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AW: Tagesgeldzins vs. Inflationsrate
Hallo SirTiger,
grundsätzlich gibt es eine Korrelation, also einen richtungsmäßigen Gleichlauf, zwischen Zinsen und Inflation.
Wobei bei den Zinsen immer auch die Risiken erhöhende Auswirkungen haben.
Nimmt man Tagesgeld einmal als risikolose (was es bei genauer Bertrachtung nicht zwingend ist) und jederzeit verfügbare Anlageform an, dann müssten die Zinsen grundsätzlich in der Höhe der Inflation liegen.
Wobei dies dann eher die vom Kapitalmarkt "gefühlte" Inflation ist, als die vom statistischen Bundesamt (oder ähnlichen Organisationen auf internationaler Ebene) festgestellte.
Die Höhe muss also nicht übereinstimmen. Die Richtung der Entwicklung passt meistens zusammen, wobei die Inflation normalerweise vorläuft.
Dies gilt aber alles nur in "normalen" Zeiten. Wie Imrscherfinanz bereits beschrieben hat, ist in der Zinswelt derzeit aber nichts normal. Dies führt dazu, dass in Deutschland derzeit die Risiken nicht angemessen in Form von Zinsen vergütet werden.
Aber Alternativen sind nunmal auch sehr knapp.
Da Banken Tages- und Festgeld als Marketinginstrument nutzen und die Zinsen über Marketingbudgets quersubventionieren, sind diese Angebote nicht repräsentativ für das Zinsniveau. Man sollte sich hier eher die durchschnittliche Rendite von Geldmarktfonds anschauen, um einen Eindruck von dem zu bekommen, was real ist.
Vielen Dank zunächst mal für die lehrreichen Ausführungen!
Zitat von EuroPaule
Da Banken Tages- und Festgeld als Marketinginstrument nutzen und die Zinsen über Marketingbudgets quersubventionieren, sind diese Angebote nicht repräsentativ für das Zinsniveau. Man sollte sich hier eher die durchschnittliche Rendite von Geldmarktfonds anschauen, um einen Eindruck von dem zu bekommen, was real ist.
...naja, das kann mir als Kunde ja erstmal relativ wurscht sein. Mein Ziel ist ja, mein Geld vor der Inflation zu schützen. Welcher Teiletat meiner Bank mir dabei hilft, kann mir ja grundsätzlich 100% egal sein.