aha, so geht das...interessanter Bericht aus der NZZ am Sonntag
Die Pensionskassen können es sich ja leisten...ist ja nicht ihr Geld. Würde mich nicht wundern, wenn hintenrum noch Schmiergelder geflossen sind...verkaufen alle gleichzeitig und behaupten auch noch das sowas daily business sei.
Pensionskassen verzichten auf Millionen
Die Fusion von Swissfirst und Bellevue erfolgte auf Kosten der Mitglieder von grossen Pensionskassen
Swissfirst bewegte unmittelbar vor der Fusion fünf Pensionskassen und zwei Versicherungen zum Verkauf von Swissfirst-Aktien. Die Verkäufer verzichteten auf eine Wertsteigerung von 20 Mio. Fr. Warum nahmen sie das in Kauf?
Daniel Hug, Charlotte Jacquemart
Da dümpelt ein Aktienkurs jahrelang vor sich hin - und plötzlich springt er um fast 50% in die Höhe. Der September 2005 war für die Swissfirst-Aktionäre eine goldene Zeit - aber nur für diejenigen, die ihre Aktien nicht vor der Fusion verkauft hatten.
Die Swissfirst, unter der Leitung von Jungbanker Thomas Matter, setzte aber alles daran, knapp 50% der eigenen Aktien zurückzukaufen. Denn nur so war der Plan durchführbar, die Swissfirst mit der etwa gleich grossen Bellevue-Gruppe zu fusionieren, ohne dass eine Kapitalerhöhung nötig wurde: Die eine Hälfte würde bei Swissfirst-Aktionären bleiben; die andere Hälfte, die Matter vor der Fusion zurückkaufte, würde von der Bellevue- Gruppe übernommen.
Der Clou des Vorgehens: Da keine Kapitalerhöhung erfolgte, hatte die Swissfirst-Aktie nach der Fusion plötzlich doppelte Ertragskraft - und Aussicht auf einen doppelt so hohen Gewinn. Das erklärt den Kurssprung um fast 50% nach der Fusionsankündigung (siehe Grafik). Swissfirst-Chef Thomas Matter partizipierte vollumfänglich am Kurssprung - persönlich verkaufte er keine Aktie aus seiner 20%-Beteiligung an der Swissfirst.
Zum Verkauf bewegen
Die knifflige Aufgabe, die Aktionäre von einem Verkauf zu überzeugen, obwohl eine stark wertsteigernde Transaktion vor der Tür stand - diese Aufgabe löste Matter meisterhaft. Man sei informiert worden, dass die Swissfirst die Aktien für eine anstehende Transaktion brauche, heisst es bei einer grossen Anlagestiftung*, welche die Vorsorgegelder von Tausenden von Versicherten verwaltet. Ohne die Andienung der Aktien komme die Transaktion nicht zustande, sagte die Swissfirst warnend. In ähnlicher Weise informierte die junge Investmentbank auch die Pensionskasse C*.
Innerhalb von nur zwei Tagen, am 8. und 9. September, verkauften fünf grosse Pensionskassen* und zwei Versicherungen* grosse Bestände von Swissfirst-Aktien aus ihrem Besitz. Zusammengenommen verkauften sie 7,55% aller Swissfirst-Aktien, wie die «NZZ am Sonntag» aus verlässlicher Quelle weiss (siehe Tabelle). Damit bekommt der Fall Swissfirst/Bellevue- Fusion eine neue Dimension: Bisher war namentlich nur bekannt, dass der vermögende Geschäftsmann Rumen Hranov und seine Mutter der Swissfirst ein Paket von 8% andienten. Hranov reichte nach der Bekanntgabe der Fusion Klage gegen Matter ein, weil er sich hintergangen fühlte. Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich sowie die Eidg. Bankenkommission (EBK) führen in Sachen Swissfirst/ Bellevue seit Herbst 2005 eine Untersuchung, die immer noch andauert.
Die sieben Kassen mit über 100 000 Versicherten verzichteten mit dem Verkauf ihrer Swissfirst-Aktien auf einen Gewinn von rund 20 Mio. Fr.: Der Aktienkurs sprang innerhalb von nur fünf Arbeitstagen von 58 auf 85 Fr., was einem Zuwachs von 47% entspricht. Die Frage stellt sich, was die Vorsorgekassen dazu motiviert hat, just einen oder zwei Arbeitstage vor der Fusionsankündigung ihre Swissfirst-Aktien zu verkaufen. Hier die Antworten, welche die Verantwortlichen der «NZZ am Sonntag», teilweise schriftlich, gaben: Pensionskasse A*, Leiter N. W.*: «Wir hatten uns in der Anlagekommission und im Stiftungsrat schon früher entschieden, das Engagement bei Swissfirst zu reduzieren.» Versicherung*, Sprecherin M. U.*: «Den sogenannt richtigen Zeitpunkt für einen Verkauf gibt es nicht.» Anlagestiftung*: «Bewertungsmässig war es ein guter Moment für den Verkauf.» Pensionskasse B*, Sprecher A. U.*: «Wir äussern uns hierzu nicht.» Pensionskasse C*, Leiter N. O.*: Zieht eine mündlich abgegebene Begründung nachträglich zurück. Pensionskasse D*, Finanzchef der Firma D*: Kein Kommentar. Krankenversicherung*, Sprecher O. W.: «Es war eine ganz normale Transaktion im Rahmen unserer Vermögensverwaltung, wie sie zum täglichen Geschäft gehört.»
Während die Pensionskassen oftmals selbst um Stellen hinter dem Komma feilschen, sind ihre Erklärungen zu den Swissfirst-Verkäufen eigenartig nonchalant. Immerhin hat alleine die Pensionskasse A* auf knapp 10 Mio. Fr. verzichtet. Das ist erstaunlich, zumal die Kasse A* jahrelang eine Unterdeckung aufwies und kaum Schwankungsreserven besitzt. Jedes der rund 6000 Mitglieder der Pensionskasse A*, die ihr Vorsorgekapital über Jahre hinweg der Swissfirst zur Verfügung stellten, verzichtete auf einen Gewinn von 1629 Fr. Der Wert von Matters Aktienpaket aber vermehrte sich bis Ende September 2005 um rund 50 Mio. Fr.
Kaum zufällig
Die Tatsache, dass fünf Pensionskassen und zwei Versicherungen ihre Swissfirst-Aktien fast zeitgleich und unmittelbar vor der Fusion verkauften, wirft die Frage auf, ob womöglich noch andere Anreize eingesetzt wurden, um die Anlageverantwortlichen zu der Transaktion zu motivieren.
N. W.*, Leiter Pensionskasse A*, bedauert heute, das Aktienpaket am 9. 9. 2005 verkauft zu haben. «Es war etwas ärgerlich, dass wir kurz nach dem Verkauf von der Fusionsabsicht und der darauffolgenden Kurssteigerung erfahren haben. Wenn wir gewusst hätten, dass die Fusion erfolgt, hätten wir unser Paket vermutlich später verkauft.» Rechtliche Schritte hält er vorläufig nicht für nötig. «Wir behalten uns aber vor, je nach Ausgang der laufenden Verfahren noch entsprechende Schritte zu unternehmen», so N. W.*
Der Leiter der Pensionskasse A* wundert sich, dass die sieben Kassen gleichzeitig verkauften: «Wenn dem so ist, müssten die Verkäufe tatsächlich sehr gut koordiniert worden sein.» Darauf deuten mannigfaltige personelle Verflechtungen zwischen den Kassen und von den Kassen direkt in die Bank hinein. Die Anlagechefs* der Pensionskassen A* und D* sitzen etwa zusammen im Verwaltungsrat des Zürcher Vermögensverwalters Z*. Der Anlagechef der Firma D* ist auch persönlich am Kapital des Vermögensverwalters Z* beteiligt. C. S.* bekleidete 2005 gleichzeitig Funktionen bei der Swissfirst und den Pensionskassen. Solche Konstellationen bergen meist Potenzial für Interessenkonflikte.
Richterliche Verfügung
Im vorliegenden Text sind alle Namen von Pensionskassen, Versicherungen und deren Organen in anonymisierter Form abgedruckt (*). Dies ist deshalb geschehen, weil die Swissfirst Bank mittels einer vorsorglichen richterlichen Verfügung spät am Freitagabend die Publikation des Textes verhindern wollte. Der «NZZ am Sonntag» wurde untersagt, die Namen der betreffenden Pensionskassen und Versicherungen zu nennen. Diese sind der «NZZ am Sonntag» bekannt. Die Redaktion wird die Verfügung anfechten und die Namen, bei Erfolg vor Gericht, in einer der nächsten Ausgaben nachliefern. (jac./dah.)