Darf der Arbeitgeber Urlaubstage im Vertrag abziehen?
Servus Finanz Forum,
es ist unfassbar, aber wahr. Mein Arbeitgeber will mir Urlaubstage streichen.
Folgendes trug sich zu: unsere Firma wurde umstrukturiert, aber wir durften die Anzahl unserer 30 Urlaubstage zunächst behalten. Seit vier Jahren haben wir jetzt schon andere Bedingungen und Menschen, die danach eingestellt wurden, bekamen immer weniger Urlaub, teilweise sogar nur noch 26 Tage.
Nun wurden wir informiert, dass ab August auch unser Urlaub um 2 Tage auf 28 Tage reduziert werden soll. Dazu soll es einen Änderungsvertrag geben.
Müssen wir das so hinnehmen oder haben wir eventuell eine Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen?
Wir bekommen schon seit vier Jahren keinerlei Gehaltserhöhung mehr, jetzt auch noch die Sache mit dem Urlaub...
AW: Darf der Arbeitgeber Urlaubstage im Vertrag abziehen?
Langsam! Nichts wird unterschireben, dafür gibt es erstmal keine Veranlassung. Lass Dich nicht unter Druck setzen. Das ist wichtig. Wenn der Arbeitgeber es nicht akzeptieren kann, dass Du eine vertragliche Vereinbarung prüfen und überdenken musst, dann sollten die Alarmglocken klingeln.
Deine Aussagen sind sehr dürftig. Den genauen Sachverhalt musst Du unbedingt mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht (wichtig: genaue Bezeichnung beachten) klären. Der Betriebsrat, sofern es einen gibt, kann als Informationsquelle dienen.
Meine Vermutung: Bei Euch hat ein Betriebsübergang stattgefunden. Das heißt, Dein Arbeitsvertrag ist auf den neuen Arbeitgeber mit allen bestehenden Vereinbarungen übergegangen. Auch der Urlaub. Insofern durftet Ihr den Urlaub nicht behalten, sondern er war entsprechend vertraglich vereinbart und steht Euch damit zu. Ein Änderungsvertrag ist eine Ergänzende Vereinbarung zum Arbeitsvertrag. Unterschreibt man sowas, sind die Regelungen des Arbeitsvertrags wirksam geändert. Unterschreibt man nicht, passiert gar nichts. Anders ist die Sache bei einer Änderungskündigung. Da wird der alte Arbeitsvertrag gekündigt und ein neuer zu anderen Bedingungen angeboten. Aber auch da gilt, erst beraten lassen. Vor den Gerichten haben die Arbeitgeber kaum eine Chance mit Änderungskündigungen durchzukommen. Ein Anwalt auf meinem letzten Seminar sagte, die Quote zu Gunsten der Arbeitnehmer sei bei über 90%.
Bei der Gehaltsgeschichte vermute ich, dass das so in Ordnung ist. Hängt aber von den Arbeitsverträgen ab. Kannst du auch mal prüfen lassen. Evtl kannst Du auf Lohnverzug klagen, wenn der Arbeitsvertrag einen dynamischen Bezug auf einen tarifvertrag enthält.
Alleine wirst Du das nicht klären können. In einer solchen Sache ist Beratung sehr wichtig. Hoffe, Du bist Rechtsschutz versichert oder in der Gewerkschaft. Ansonsten wird es dringend Zeit!!
Ach ja, so unfassbar ist das nicht. Alltägliche Praxis. Wenn Du Arbeitgeber wärst, würdest Du das genauseo machen. Wenn Du 1.000 Angestellte hast und ein bißchen Druck aufbaust, dann unterschreiben vielleicht 300-400. Der Rest unterschreibt nich. Was machst Du dann? Nichts, weil Du weisst, Du kommst damit nicht durch. Was hast Du gewonnen? Richtig: 600-800 Tage Arbeitskraft ohne Mehrkosten.