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Artikel aus Bilanz 05/06
Unterbewertete Aktien
Aufspringen lohnt sich
Der Schweizer Aktienmarkt hat sich innert Jahresfrist um satte 35 Prozent verteuert. Auch wenn sich das Feld allmählich ausdünnt, gibt es sie noch immer: Aktien zum Schnäppchenpreis.
Text: Harald Fritschi
Bild: Helmut Germer
Die Nachricht hatte die Sprengkraft einer Bombe: Der deutsche Energieriese E.On will für umgerechnet 85 Milliarden Franken den spanischen Stromkonzern Endesa kaufen. Nach den Mega-Deals der letzten Jahre findet Jürg Glesti ein solches Angebot nicht verwunderlich. «Es gibt immer mehr Transaktionen, die alle Dimensionen sprengen», sagt der Spezialist in Sachen Mergers and Acquisitions (M&A) bei der KPMG. In der Tat hat das M&A-Geschäft mittlerweile gigantische Dimensionen angenommen. Allein in Europa betrug das Volumen im letzten Jahr 800 Milliarden Dollar der höchste Wert seit 2000.
Die Schweizer backen etwas kleinere Brötchen. 2005 haben die Übernahmeaktivitäten um 12 Prozent auf 413 Deals zugenommen, der höchste Wert seit 15 Jahren. Die grössten Übernahmeaktivitäten lagen im Bereich von vier bis sieben Milliarden Franken. Die Private-Banking-Firmen der UBS etwa kosteten die Bank Julius Bär 5,6 Milliarden, und der Kauf des Generikaherstellers Hexal und Eon Labs durch Novartis kam auf 8,8 Milliarden zu stehen.
Hintergrund des boomenden M&A-Geschäfts sind die derzeit ausgezeichnete Wirtschaftslage und der anhaltende Börsenhype mit einem Plus von 35 Prozent binnen Jahresfrist. Dennoch sind viele Firmen nach wie vor unterbewertet und damit Übernahmekandidaten eine der Nachwirkungen des gigantischen Börsensturzes nach der Dotcom-Blase 2000. BILANZ hat deshalb zum zweiten Mal 40 Firmen herausgefiltert, deren Aktien zu kaufen sich auch für den Privatinvestor lohnt. Voraussetzung zur Aufnahme in die BILANZ-Liste war wiederum zuallererst ein tiefes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV). Auch im Verhältnis zum Buchwert muss der aktuelle Aktienkurs günstig erscheinen. Die so genannte Price-to-Book-Ratio (P/B, Preis/Buchwert) sollte unter 1,5 oder doch deutlich unter dem Branchendurchschnitt liegen. Gleichzeitig erwarten die Aktionäre eine ansprechende Dividendenrendite auf ihrem Kapital. Verwendet wurden die im Stock Guide (Februar 2006) von der Bank Vontobel publizierten Kennzahlen (siehe PDF unten).
Die 40er-Liste der BILANZ erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Gegenüber der 40er-Liste vor acht Monaten hat sich doch einiges geändert (siehe BILANZ 12/2005). Nur noch 40 Prozent der ursprünglich aufgeführten Titel sind weiter dabei. 12 Firmen fielen heraus, weil ihre Titel beim KGV und/oder P/B stark zugelegt hatten. Zwei Firmen Leica Geosystems und Saia-Burgess wurden übernommen. Batigroup und Zschokke haben zur Implenia fusioniert. Alle weiterhin in der Liste figurierenden Titel haben beim KGV 2006 zugelegt, sind aber ausser Baloise, Helvetia Patria und Vaudoise noch immer unter dem Branchendurchschnitt bewertet. Und nur noch fünf Firmen, gegenüber zehn vor acht Monaten, haben eine Price-to-Book-Ratio (P/B) unter eins. Immerhin haben neu noch 19 Firmen eine unterdurchschnittliche P/B von 1 bis 1,5, und nur eine Firma, Charles Vögele, steht bei dieser Kennzahl über dem Branchenschnitt.
Nach den teilweise kräftigen Kursavancen am Schweizer Aktienmarkt seien lukrative Anlagen nur noch schwer zu finden, klagen Anleger. Tatsächlich ist der Schweizer Markt mit einem Gesamt-KGV 06 von 16,2 gegenüber Europa und den USA relativ hoch bewertet. Das durchschnittliche europäische KGV liegt gemäss Bank Vontobel bei 11 bis 12, und in den USA zahlt der Investor derzeit den 15fachen Gewinn. «Wir sind zwar nicht mehr stark unterbewertet», sagt Thomas Pfyl, Head of Research bei Vontobel. Das heisse aber beileibe noch nicht, dass die Börse fallen müsse. Denn im historischen Vergleich ist die Schweizer Börse noch immer relativ günstig. Ende der neunziger Jahre betrug das KGV rund 23, fast sieben Zähler über dem jetzigen Stand.
Doch wer jetzt noch profitieren will, muss zugreifen. «Es gibt einige Titel im Börsenuniversum», sagt Pfyl, «die massiv nach oben korrigiert haben.» Das Feld wird enger, die Kenndaten der einzelnen Firmen nähern sich zusehends dem Branchenschnitt an, weniger Preziosen glänzen im Korb des SMI. Um den Überblick zu erleichtern, hat BILANZ die 40er-Liste quer durch alle Branchen in drei Kategorien unterteilt: die absolut und die relativ unterbewerteten Titel sowie die verkannten Perlen.
Die absolut unterbewerteten Firmen: Sie haben ein KGV 06 und 07, das klar unter dem Branchenschnitt liegt, und ein Preis-Buch-Verhältnis von unter eins. Dazu gehören etwa der neue Bauriese Implenia, mit vier Zählern unter dem Gros der Branche die am stärksten unterbewertete Firma, aber auch COS Computer Systems, Dätwyler und Bell. Eine Sonderstellung in dieser Gruppe haben die Jungfraubahnen, die gemäss P/B-Ratio stark unterbewertet sind, aber relativ hohe KGV haben. Alle absolut Unterbewerteten haben mit Ausnahme von COS eine relativ hohe Dividendenrendite von zwei bis vier Prozent, was sich zumindest bei Bell mit der Eigentümerin, der Coop-Gruppe, erklären lässt.
Die relativ unterbewerteten Firmen: Sie haben ein KGV unter dem Branchenschnitt und eine P/B-Ratio zwischen 1 und 1,5, wobei die Dividendenrendite zwischen 1,5 und 3 Prozent schwankt. Zu dieser Gruppe gehören etwa der Büroausrüster Also, Jelmoli, Gavazzi, alle Titel der Maschinenindustrie, Ciba SC, Siegfried und Swiss Life. Die VP Bank etwa nähert sich beim KGV 06 mit 11,7 zwar dem Branchenschnitt bis auf einen knappen Punkt an, liegt aber beim P/B weit zurück. Umgekehrt Vetropack. Der Verpackungskonzern erreicht beim P/B den Branchenschnitt, kann aber beim KGV in keiner Weise mithalten.
Die verkannten Perlen: Auch sie sind leicht bis mittel unterbewertet, was aber fundamental in keiner Weise gerechtfertigt ist. Die Firmen sind gesund, zeigen eine stabile Umsatz- und Ertragsentwicklung, eine überzeugende Strategie und verfolgen bei der Dividendenrendite eine aktionärsfreundliche Politik. Die WMH ist derzeit der günstigste Bauzulieferer; er hat die Arbonia-Forster abgelöst, die aber durchaus ein Schnäppchen bleibt. Zu diesen Firmen gehören auch Credit Suisse, Novartis, Charles Vögele, Galenica, Phonak, Synthes und Micronas. Rieter und Georg Fischer sind zwei Bijous unter den Maschinenbauern, die CS müsste ihr leidiges «Winterthur»-Problem loswerden, um zu glänzen, Novartis würde eine substanzielle Übernahme gut anstehen. Phonak und Synthes könnten das grosse Potenzial der Medtech-Branche effizienter nützen.
Die Börse wird ihre Gründe für einen Bewertungsabschlag bei allen Firmen auf der 40er-Liste haben, auch wenn diese wie bei Georg Fischer, Novartis oder Rieter nicht so offen auf der Hand liegen oder gar ungerechtfertigt sind. Anders bei Ciba. Die Firma hat monatelang gezögert, ihre Altlasten zu bereinigen und die Farbchemiesparte zu verkaufen. Die Frage ist nun, ob das Management den Konzern nachhaltig auf einen Wachstumspfad zu führen vermag. Ciba ist neu auf der BILANZ-Liste, und auch für sie gilt: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Auch von mir ein Dankeschön für die beachtenswerte Liste, für einmal von Bilanz eine übersichtliche Darstellung von Value-Investment hinter der viel Erfahrung und Recherche steckt.
Mir hat gefallen, dass sogar Werte wie Publigroup oder Feintoot auf der Liste vertreten sind. Publigroup halt ich seit langem als Medienwert mit WEB-Fantasie zu derzeit fairer Bewertung im Depot. Feintool war einer meiner Hinweise für das Anlagejahr 2006, ist wohl etwas träg, dafür hat er sich für eine freundliche Marschrichtung entschieden.
Ich hab da vor kurzem noch ein passables wenig bekanntes Value-Investment gefunden, das vielleicht der Bilanz-Recherche entgangen ist, die Umsätze sind derzeit auch noch etwas dünn, das kann sich aber ändern, wenn der Wert das Medieninteresse wecken sollte. Es handelt sich um Comet (COTN) aus der Elektronikbranche, stellt Geräte her für das Keimfreie Abpacken von Nahrungsmitteln mittels Röntgenstrahlen. Hat sich mittlerweile in den sehr harten Widerstand von CHF 200 eingegraben und verharrt einstweilen dort.