Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

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  1. Avatar von DanielFrie
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    Standard Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

    Hallo liebe Community,

    seit längerem beschäftige ich mich bereits mit dem Zwangsversteigerungsmarkt vor dem Hintergrund des Erwerbs eines Eigenheims zum selber drin wohnen. Zuletzt war ich selber bei einigen ZVs vor Ort und habe mir das Geschehen angeguckt und bin auch der Meinung, dass ich mittlerweile dden Ablauf gut verstehe.

    Mein einziges Manko ist, dass ich mir noch unsicher bin bzw keine Erfahrung habe in der Bewertung von Immobilien.

    Was sagt ihr zu folgender Immobilie: https://www.zvnow.de/zwangsversteige...3-b908ba60003e

    Ist ein Haus aus 1957 und laut Bildern und Gutachten in einem "okay"-Zustand. Seht ihr große Gefahren und oder Probleme?

    Freue mich auf eure Hilfe. vielen Dank!!

    Wie seht ihr generell zum ZV Markt? habt ihr Erfahrungen?

  2. Avatar von bruno68
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    Standard AW: Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

    Nun ja,

    gehen wir mal davon aus, dass Sie richtig verstanden haben.

    So dürfte der Preis der Knackpunkt bleiben, denn Sie müssen damit rechnen, dass Sie 10 % des von ihnen möglichen Preis vorab und unbar auf das Konto des Gerichtes einzahlen.

    Demnach muss erstmal der Wert von 100 % des Objektes ermittelt werden!

    Dreisatz:

    050 % = 330.000 €
    100 % = ? €
    001 % = 330.000 € x 100 % = 660.000 € Wert der Immobilie
    ..............................50 %

    Damit müssten Sie 65.000 € vorab haben, bevor die Versteigerung läuft auf das Gerichts-Konto eingezahlt sein.

    Also ihre Kreditwürdigkeit muss die Summe von 650.000 €, was dann 99,0 % vom Immobilienwert haben. Zwar lässt sich dies über eine Bankbürgschaft von 66.000 € regeln, ändert aber nicht s an der Gesamtsumme von 650.000 € als Darlehn benötigt wird.
    Was kostet aktuell eine Bankbürgschaft?
    So berechnen die Banken und Sparkassen eine Provision. Die Kosten belaufen sich im Gesamten auf 1,5 bis 6 Prozent. Bei einer Bürgschaft über 100.000 Euro entspricht dies rund 1500 bis 6000 Euro, die für die Bürgschaft jährlich zu entrichten sind.

    Bekommen Sie keine 650.000 € als Darlehn, was Sie überhaupt vor dem Termin wissen müssen, erübrigt sich die Frage an eine Teilnahme an der Versteigerung!
    § 74a ZVG

    (1) 1Bleibt das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte unter sieben Zehnteilen des Grundstückswertes, so kann ein Berechtigter, dessen Anspruch ganz oder teilweise durch das Meistgebot nicht gedeckt ist, aber bei einem Gebot in der genannten Höhe voraussichtlich gedeckt sein würde, die Versagung des Zuschlags beantragen. 2Der Antrag ist abzulehnen, wenn der betreibende Gläubiger widerspricht und glaubhaft macht, daß ihm durch die Versagung des Zuschlags ein unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde.

    (2) Der Antrag auf Versagung des Zuschlags kann nur bis zum Schluss der Verhandlung über den Zuschlag gestellt werden; das Gleiche gilt von der Erklärung des Widerspruchs.

    (3) 1Wird der Zuschlag gemäß Absatz 1 versagt, so ist von Amts wegen ein neuer Versteigerungstermin zu bestimmen. 2Der Zeitraum zwischen den beiden Terminen soll, sofern nicht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles etwas anderes geboten ist, mindestens drei Monate betragen, darf aber sechs Monate nicht übersteigen.

    (4) In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 85a Abs. 1 versagt werden.

    (5) 1Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt. 2Der Wert der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt, ist unter Würdigung aller Verhältnisse frei zu schätzen. 3Der Beschluss über die Festsetzung des Grundstückswertes ist mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. 4Der Zuschlag oder die Versagung des Zuschlags können mit der Begründung, daß der Grundstückswert unrichtig festgesetzt sei, nicht angefochten werden.

    Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung § 85a ZVG
    (1) Der Zuschlag ist ferner zu versagen, wenn das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte die Hälfte des Grundstückswertes nicht erreicht.
    (2) § 74a Abs. 3, 5 ist entsprechend anzuwenden. In dem neuen Versteigerungstermin darf der Zuschlag weder aus den Gründen des Absatzes 1 noch aus denen des § 74a Abs. 1 versagt werden.

    (3) Ist das Meistgebot von einem zur Befriedigung aus dem Grundstück Berechtigten abgegeben worden, so ist Absatz 1 nicht anzuwenden, wenn das Gebot einschließlich des Kapitalwertes der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte zusammen mit dem Betrag, mit dem der Meistbietende bei der Verteilung des Erlöses ausfallen würde, die Hälfte des Grundstückswertes erreicht.
    Da im ersten Versteigerung keine 470.000 € und der Gläubiger warten kann, ist hier eher eine Existenzvernichtung im Gange. Man muss vorher auch die PDF.Datei Nr. 27304 zu dieser Versteigerung lesen, um zu verstehen, was da im Gange ist!
    In einem früheren Termin ist der Zuschlag aus den Gründen des § 74 a oder § 85 a ZVG versagt worden.
    In dem nunmehr anberaumten Termin kann daher der Zuschlag auch auf ein Gebot erteilt werden, das weniger als die Hälfte des festgesetzten Verkehrswertes beträgt.
    Allerdings, ob Sie für 330.000 € das Objekt erwerben können, nur weil es zweimal nicht versteigert wurde ist eher ein Witz, weil alle anderen darauf gewartet haben

    bruno68

  3. Avatar von BenniG
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    Standard AW: Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

    Hallo DanielFrie,
    zunächst sei dir erstmal gesagt, dass du den größten Teil von Brunos Beträgen in die Tonne kloppen kannst.

    Ich habe zwar auch immer mal nach einen Zwangsversteigerungsobjekt geschaut, erachtete das Risiko jedoch als zu hoch, gerade wenn es die erste Immobilie ist.
    Ich kann bei der von dir genannten Immobilie nur die Kurzbeschreibung sehen, da das Gutachten hinter ein Paywall steckt. Das kenne ich aus Hessen und Baden-Württemberg anders.

    Das Gutachten an sich ist natürlich ein guter Ansatzpunkt für den Wert des Grundstücks und Hauses zum Bewertungstag. Zwischen Bewertungstag, Auktionstermin und Übergabetag, liegen meist eine 2-stellige Monatszahl. Insbesondere, wenn die Immobilie, wie Bruno schreibt, nicht im ersten Termin versteigert wird (vermutlich wegen dem Hinweis: Die Wertgrenzen (5/10 und 7/10) sind weggefallen). Daher weiß man natürlich nicht, wie der Zustand ist, wenn du die Immobilie in Besitz nimmst.
    Wenn du mehr über die Immobilie weißt, zum Beispiel von Nachbarn, dann kannst du vielleicht besser einschätzen, ob die Immobilie wegen mangelnder Zahlungsfähigkeit oder zum Beispiel wegen Erbstreitigkeiten versteigert wird. Einen ersten Aufschluss darüber kann das Gutachten liefern. Wenn der aktuelle Eigentümer zum Beispiel absolut nicht einsieht, warum seine Immobilie versteigert werden soll, so sind keine Innenbilder im Gutachten, sodass viele Dinge angenommen werden müssen. Wenn diese Art der Eigentümer sowieso in der Insolvenz landen, ist Ihnen egal, ob das Haus einen hohen oder niedrigen Erlös erbringt, sodass vor Auszug evtl. noch etwas mutwillig zerstört werden kann. Das ist hier aber soweit ich das an der Kurzbeschreibung sehen kann, nicht zu vermuten.
    Je nach Datum des Gutachtens, kann der allgemeinen Immobilienmarkt seit Gutachtenerstellung natürlich auch nachgelassen haben, sodass ein heutiges Gutachten nur noch auf einen Verkehrswert von 300.000 € kommt.

    Viele Grüße
    BenniG

    Weiterhin solltest du natürlich solvent sein. Also entweder solltest du nur so hoch bieten, wie du kurzfristig (innerhalb von 6 bis 8 Wochen) zur Verfügung hast oder sicher bist, ein entsprechendes Darlehen zu bekommen. Viele Banken haben da gewisse Bedenken.

  4. Avatar von DanielFrie
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    Standard AW: Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

    Hi zusammen,
    klasse, vielen Dank für Eure Rückmeldungen und die guten Informationen.

    Ich finde den Markt grundsätzlich einfach super spannend, natürlich ist dieser risikobehaftet, aber entsprechende Marktrisiken hat jeder Markt.

    Kenne nur viele Beispiele aus engerem Verwandten- und Freundeskreis, die bereits erfolgreich in solche Objekte investiert haben.

  5. Avatar von BenniG
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    Standard AW: Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

    Ja, spannend trifft es vielleicht ganz gut - du kaufst die Katze im Sack.

    Wenn bei "deiner" Immobilie z.B. sowieso alles (Fenster, Heizung, Elektrik, Sanitär, Böden, Türen...) gemacht werden muss, dann ist es (nahezu) egal, wie das Objekt nach der Bewertung behandelt wurde. Aber auch hier kann zum Beispiel ein Winter ohne Beheizung schnell dazu führen, dass die Immobilie ist schneller wieder auf dem Markt, als dir lieb ist.
    Stell dir vor, die Wasserleitungen sind gefroren und geplatzt und jetzt ist alles verschimmelt, dann kann das Schnäppchen zu einem finanziellen Fiasko für dich werden.

    Aber wenn du viele Beispiele aus dem Verwandten- und Freundeskreis hast, die bereits erfolgreich investiert haben, dann kannst du sie ja mal einen Blick ins Gutachten blicken lassen und die Immobilie besuchen. Vielleicht haben sie ja auch noch wertvolle Tipps für dich.

    Wir freuen uns auf jeden Fall von dir zu hören.

  6. Avatar von bruno68
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    Standard AW: Bewertung einer Zwangsversteigerungsimmobilie

    @benniG dein verwendet Sprichwort hat noch doch Gerichtsformen angenommen.
    BGH verhandelt zum Rangsdorfer Hausdrama "Kann das wirklich richtig sein?" von Dr. Max Kolter und Mathilde Harenberg 17.01.2025
    Ein versöhnliches Ende in einem zwölfjährigen Rechtsstreit: Das Haus darf stehen bleiben. Und wenn die Familie ausziehen muss, soll sie immerhin Geldersatz erhalten. Dafür müsste der V. BGH-Senat aber seine Rechtsprechung zum EBV aufgeben.

    • Recht und Gerechtigkeit sind zwei unterschiedliche Sachen.

    Das lernen nicht nur Jurastudierende, sondern bekommen immer wieder auch Nichtjurist/innen zu spüren. Kristin und Philipp W. traf es besonders hart. Sie leben seit 2012 zusammen mit ihren zwei Töchtern im brandenburgischen Rangsdorf in einem selbst gebauten Haus.
    • Noch, denn seit 2014 steht gerichtlich fest, dass der seit 2010 als Eigentümerin eingetragenen Kristin W. das Grundstück gar nicht gehört.
    Sie hatte damals den Zuschlag bei einer Zwangsversteigerung erhalten.

    Die war gegen den in den USA lebenden Vor- und Noch-Eigentümer Erik S. betrieben worden.

    • Weil die Versteigerung ohne dessen Kenntnis geschah, hob das LG Potsdam den Zuschlagsbeschluss im März 2014 auf – dies wiederum, ohne die Eheleute W. dazu anzuhören.


    Die Konsequenz sprach am Freitagmorgen die Vorsitzende des V. Zivilsenats des BGH Dr. Bettina Brückner aus: "Es dürfte davon auszugehen sein, dass die Beklagte zu 1" – gemeint ist Frau W. – "das Eigentum an dem Grundstück verloren hat."
    Das gilt rückwirkend, Frau W. ist also nie (wirksam) Eigentümerin geworden. Beim BGH kämpfen die Eheleute in letzter Instanz darum, in Rangsdorf wohnen bleiben zu dürfen. Ob das klappt, hängt nun davon ab, ob S. bereit ist, den Eheleuten die Kosten für den Hausbau zu erstatten.
    • Denn – das war am Freitag die gute Nachricht für die Eheleute W. – der V. Senat tendiert dazu, ihnen ein Zurückbehaltungsrecht zuzugestehen.

    • Hieße: Sie müssten das Haus auf dem Grundstück nicht abreißen, und solange S. ihnen die Kosten für den Bau nicht erstattet, könnten sie die Räumung verweigern.

    Entscheidet der BGH über die Revision der Eheleute am Ende tatsächlich so, ändert er damit eine 60 Jahre alte Rechtsprechung ab – und zwar im Sinne der Gerechtigkeit, wie Richterin Brückner klarmachte (V ZR 153/23).
    "Von einem Interessenausgleich ist im Berufungsurteil nicht viel zu sehen"
    Der Rechtsstreit ist für Familie W. eine schwere Belastung, Kristin W., mit dem dritten Kind im neunten Monat schwanger, ringt nach der Verhandlung mit den Tränen. "Das ist ja auch eine Farce, die wir da seit zwölf Jahren mitgemacht haben", sagte sie zu den Journalist:innen.
    Ein Albtraum wäre der Fall auch für Kandidat/innen zum juristischen Staatsexamen, sollten sie ihn als Klausur vorgesetzt bekommen. Das deutete auch Richterin Brückner an, als sie klarmachte: Weil S. all die Jahre Eigentümer blieb und die Eheleute W. nur Besitzer ohne Besitzrecht – es gab ja keinen Mietvertrag oder ähnliches –, liege hier ein sogenanntes Eigentümer-Besitzer-Verhältnis vor, kurz EBV. Das EBV sei "bei Studierenden gefürchtet", so Brückner, weil in den dazugehörigen §§ 987 ff. BGB "eigentlich alles umstritten ist". "Einfach zu verstehen aber ist der Grundgedanke dieser Regelungen", fuhr sie fort.
    • Der besteht darin, den redlichen, unverklagten Besitzer zu schützen – also den, der nicht weiß oder wissen kann, dass er kein Eigentümer ist.
    Das BGB bezweckt hier einen "angemessenen Ausgleich zwischen Eigentümer und unberechtigtem Besitzer", betonte Brückner. An manchen Stellen soll Recht also doch gerecht sein. Ist das im Rangsdorfer Hausdrama bisher gelungen? "Da kommen doch Zweifel", sagte Brückner. "Von einem Interessenausgleich ist im Berufungsurteil nicht viel zu sehen. Das Urteil kann für die Beklagten als ruinös bezeichnet werden."
    "Ich liebe dieses Haus"
    Das war deutliche Kritik am Urteil des OLG Brandenburg vom September 2023. Das hatte der Räumungs- und Abrissklage von S. vollumfänglich stattgegeben und die Eheleute W. zudem auf Nutzungsersatz in Höhe von etwa 6.000 Euro verurteilt; LTO berichtete.
    Hätte das Urteil Bestand, müsste sich die bald fünfköpfige Familie nicht nur eine neue Bleibe suchen, sondern sie würde auch das selbst gebaute Haus verlieren und für die halbe Million Euro Baukosten keinen Ausgleich erhalten. "Ich liebe dieses Haus. Ich habe dieses Haus selber gebaut, mit Familie, mit Freunden", sagte Philipp W. nach der Verhandlung zu LTO. "Aber man muss sich klar machen, dass es kein Kind ist, dass es keine Mutter ist, dass es keine Ehefrau ist, sondern dass es ein Haus ist. Das kann man nachbauen." Dafür braucht man aber eben Geld – und das möchte der BGH der Familie offenbar zusprechen: in Gestalt eines Verwendungsersatzes nach § 996 BGB.
    Das ist eine dieser EBV-Vorschriften, bei denen laut BGH-Richterin "alles umstritten" ist.
    • Danach kann der gutgläubige, unverklagte Besitzer vom Eigentümer die "auf die Sache gemachten Verwendungen", wie es § 994 BGB formuliert, in Geld ersetzt verlangen, wenn sie den Wert der Sache erhöhen.
    Im Klartext: Der unrechtmäßige Besitzer muss die Sache zwar zurückgeben, erhält aber die Aufwendungen erstattet, die er in die Sache investiert hat und die ihren Wert erhöhen. Auch hier ist Gerechtigkeit die Idee: Warum sollte der Besitzer auf den Ausgaben sitzen bleiben, wenn sie den Wert der Sache erhöhen, damit also dem Eigentümer zufließen? Warum sollte dieser, nachdem er die Sache zurückerhält, bessergestellt sein als vorher? Im Rangsdorfer Fall hatten die Eheleute ein heruntergekommenes Wochenendhaus abgerissen und ein modernes Einfamilienhaus nach ihren Wünschen errichtet.
    V. Senat will Rechtsprechung ändern – zieht der XII. Senat mit?
    Das OLG Brandenburg war hier hart geblieben: kein Ersatz für die Hausbaukosten. Dabei hatte das Gericht auf die bisherige Rechtsprechung des BGH verwiesen. Die referierte auch Richterin Brückner: Der BGH differenziere bislang zwischen Haus und Grundstück, das sind sachenrechtlich eben erst mal zwei verschiedene Dinge. Wer ein heruntergekommenes Haus saniere, mache Verwendungen auf dieses. Wer aber auf einem unbebauten Grundstück ein neues Haus baue oder ein altes Haus abreiße, bilde etwas Neues. Eine Differenzierung, die die rechtswissenschaftliche Literatur laut Brückner seit jeher "in seltener Einhelligkeit bekämpft" habe. "Kann es darauf wirklich ankommen? Kann es wirklich richtig sein, dass in dieser Situation nur die Interessen des Eigentümers zählen?"
    Diese Fragen waren eigentlich eine Aussage: "Der Senat zieht ernsthaft in Erwägung, seine Rechtsprechung zu ändern." Zuletzt hatte der V. Senat 1964 über die Frage entschieden und seither keine Möglichkeit gehabt, das zu korrigieren.
    Das gehe aber nur in Abstimmung mit dem XII. Senat. Der habe mittlerweile die Zuständigkeit vom VIII. Senat übernommen, welcher in den 50/60er Jahren die Rechtsprechung des V. Senats zu den Hausbaukosten geteilt habe.
    Gesichert ist der Erfolg der Eheleute W. insofern also nicht.
    • Entscheidet der Brückner-Senat am Ende in ihrem Sinne, können sie aus dem Anspruch auf Kostenersatz ein Zurückbehaltungsrecht ableiten: Die Rückgabe des Grundstücks und Haus gibt es also nur gegen Zahlung der Baukosten durch S.
    Auch Kläger konnte darauf vertrauen, dass ihm der Staat nicht sein Eigentum wegnimmt
    Dr. Guido Toussaint, der als BGH-Anwalt die Eheleute W. vertritt, bestärkte den V. Senat in seinem Vorhaben, seine 60 Jahre alte Auffassung aufzugeben. "Es ist höchste Zeit, das mal aufzuräumen."
    Sein Gegenüber RA Prof. Dr. Christian Rohnke sah das naturgemäß anders. "Hard cases make bad law", sagte Rohnke. Dieser alte Lehrsatz ist als Warnung vor richterlichem Aktionismus zu verstehen: Nur weil im Einzelfall eine unbillige Härte vorliegt, sollte man nicht bestimmte Rechtsauslegung grundlegend ändern. Rohnke fragte, ob es gerechtfertigt sein kann, "plötzlich durch diesen atypischen und dem Gerechtigkeitsempfinden auf den ersten Blick widerstrebenden Fall die Rechtsprechung aufzugeben".
    Daneben wies er auf den Umstand hin, dass auch der klagende Eigentümer S. in dem Rangsdorfer Drama ein Leidtragender ist.
    Das kann man so sehen: Schließlich hatte das AG Luckenwalde sein Grundstück 2010 zwangsversteigert, ohne ihn ordnungsgemäß zu laden. Dabei hatte es eine ladungsfähige Adresse gegeben.
    Dies war der Grund, warum das LG Potsdam den Zuschlagsbeschluss 2014 aufgehoben und den W.s das Eigentum abgesprochen hatte. Ebenso wie diese habe doch auch S. darauf vertrauen können, dass der Staat ihm nicht sein Eigentum wegnehmen würde, ohne ihn überhaupt am Verfahren zu beteiligen, argumentierte Rohnke. Verantwortlich sei laut dem Anwalt hier eindeutig das Land Brandenburg, dass das Zwangsversteigerungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt hatte.
    • Die Lösung liege daher in einem Amtshaftungsanspruch.
    BGH klar: kein Anspruch auf Abriss
    Ob nun das AG Luckenwalde oder das LG Potsdam den (größeren) Fehler gemacht hat – dass das Land Brandenburg die Hauptschuld trägt, da waren sich am Freitag in Karlsruhe alle einig.

    Richterin Brückner jedoch machte deutlich, dass das nicht ihrem Verständnis von einem angemessenen Interessenausgleich entspreche, Familie W. auf Haftungsansprüche gegen den Staat zu verweisen.

    • Im Verhältnis zwischen den Parteien des EBV spiele das Land Brandenburg zudem keine Rolle.

    • Sie stellte zugleich klar, dass ein Anspruch auf Abriss des Hauses nicht besteht.

    • Das hatte das OLG Brandenburg anders gesehen und § 1004 Abs. 1 BGB bejaht.

    Laut Brückner zwinge der Schutzzweck der EBV-Vorschriften aber dazu, die redlichen unverklagten Besitzer nicht in dieser Weise zu belasten.
    Beklagten-Anwalt Toussaint bekräftigte hierzu, dass S. sich darüber nicht beklagen könne, bekomme er doch ein "wunderschönes Einfamilienhaus". "Dass er lieber in einer verfallenen Hütte gehaust hätte, mag so sein", er müsse aber hinnehmen, was die Familie in der Zwischenzeit mit dem Grundstück gemacht hatten.

    • Und dann war da noch eine Grundschuld, mit der das Grundstück belastet ist.

    Diese hatten die Eheleute zur Finanzierung eines Bankkredits bestellt. S. verlangt Löschung, auch insofern gab ihm das OLG Brandenburg Recht, der Anspruch ergebe sich aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 BGB.

    Aus Sicht des BGH die falsche Norm: Die Eheleute hätten als Nicht-Eigentümer das Grundstück belastet und damit darüber verfügt.

    • Das sei eine Verfügung eines Nichtberechtigten nach § 816 BGB.

    • Die Folge: S. kann von den W.s nur das aus dieser Grundschuld-Bestellung Erlangte herausverlangen.

    Nur was ist das?

    • Laut Brückner allenfalls die vergünstigten Kreditkonditionen, nicht aber die Kreditsumme selbst.

    Eine weitere gute Nachricht für die Familie. Eine letzte erzählte Kristin W. nach der Verhandlung auf Nachfrage von LTO: Die Gespräche mit den Brandenburger Behörden über eine mögliche Entschädigung durch das Land seien "gut".

    • Auch dort wartet man aber zunächst das Urteil des V. Senats ab, das am 14. März verkündet wird.
    Laut meiner Meinung dürfte bis zum 14 März alle Zwangs-Termine nicht finanzierbar sein, da keine Bank die "Katze im Sack" finanziert!

    bruno68

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