Achtung, Empfehlung: ESMA warnt Finfluencer und Berater
Die EU-Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA hat Warnhinweise für alle veröffentlicht, die in den sozialen Medien Anlagetipps geben. Was rechtlich gilt – und was Finanzberater beachten sollten.
Weil immer mehr Finanzinfluencer, kurz: Finfluencer, munter Anlageempfehlungen ins Netz schicken, hat die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) auf ihrer Website kürzlich Warnhinweise veröffentlicht. Damit möchte die Behörde das Bewusstsein dafür schärfen, dass jeder, der Anlagetipps verbreitet oder für Finanzthemen wirbt, unbedingt die Vorgaben der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) einzuhalten hat.
Das "Warning" der ESMA ist allerdings nicht nur für Finfluencer relevant. Auch Finanzberater positionieren sich seit einigen Jahren immer stärker in den sozialen Medien. In der Regel geben sie in ihren Videos oder Podcasts zwar keine konkreten Anlagetipps, sondern erklären lediglich wirtschaftliche Zusammenhänge oder die generelle Funktionsweise von Finanzprodukten. Dennoch sollten Vermittler prüfen, ob sie den Vorschriften der Verordnung nachkommen müssen. Dies gilt umso mehr, als natürlichen Personen bei Verstößen gegen die MAR-Vorschriften Geldbußen bis zu einer Höhe von 500.000 Euro drohen können.
Breit gefasste Definition
Nun ist die Definition des Begriffs Anlageempfehlung in der MAR sehr breit gefasst. Die ESMA macht daher auch gleich darauf aufmerksam, dass grundsätzlich jede Art öffentlicher Kommunikation eine Anlageempfehlung sein kann. Dies gelte dann, wenn sich darin direkte oder indirekte Ratschläge oder Ideen für den Kauf oder Verkauf eines Finanzinstruments finden. Tipps für die Zusammenstellung eines Finanzportfolios qualifizieren etwa ein Video oder eine Podcast-Folge ebenfalls als Anlageempfehlung.
Die ESMA unterscheidet verschiedene Typen von Empfehlungsgebern, angefangen bei unabhängigen Analysten, Investmentgesellschaften und Banken über sogenannte Experten bis hin zu Nicht-Profis. "Finanzberater zählen zu den Experten oder sogar zu den sogenannten Professionellen", sagt Sarah Lemke, Syndikusrechtsanwältin und Gruppengeldwäschebeauftragte beim Hamburger Finanzdienstleister Netfonds. Daher haben sie auch umfangreichere Vorgaben zu beachten, wenn sie Anlageempfehlungen verbreiten.
Zahlreiche Angaben
Dazu gehören etwa die Angabe von Namen und Berufsbezeichnung aller an der Empfehlung beteiligten natürlichen Personen, ein klarer Hinweis auf alle wesentlichen Informationsquellen sowie eine unmissverständliche Kennzeichnung von Prognosen, Vorhersagen und angestrebten Kurszielen. "Damit ist die Liste der geforderten Angaben noch nicht abgeschlossen", erklärt Lemke.
Die Frage ist jedoch, ob all diese Informationen überhaupt notwendig sind, wenn Vermittler und Berater reine Lern- oder Erklärvideos in den sozialen Medien posten. Die Antwort lautet: Das kommt darauf an. "Die Grenze zur Anlageempfehlung ist schnell überschritten, wenn ein Finanzprofi in einem Video zum Beispiel einen bestimmten Fonds vorstellt", sagt Lemke. "Erklärt er hingegen nur, wie etwa aktiv gemanagte Sondervermögen oder ETF-Sparpläne funktionieren, ohne dabei konkrete Produkte zu nennen, dürfte das unverfänglich sein", befindet sie.
Einzelfallbetrachtung
Markus Lange, Rechtsanwalt und Partner der Wirtschaftskanzlei Baker Tilly, sieht das nicht ganz so. "Ein Berater, der etwa erläutert, wie aktiv gemanagte Fonds funktionieren, tut das in der Regel ja nicht ohne Grund, meist steht ein monetäres Interesse dahinter", gibt er zu bedenken. "Grundsätzlich lässt sich nur sehr schwer sagen, wann ein Erklärvideo als Anlageempfehlung zu werten ist, das ist immer eine Einzelfallbetrachtung", so der Jurist.
"Auch in reinen Lernvideos sollten Berater darauf achten, die Chancen, die ein Finanzinstrument generell bietet, nicht zu stark in den Vordergrund zu stellen, sondern immer auch auf die Risiken hinweisen", sagt Sarah Lemke. Zudem empfehle es sich, zu jeder Anzeige, die in den sozialen Medien gepostet wird, zu jedem Video und allen Podcast-Folgen einen Haftungshinweis zu stellen, in dem die wesentlichen Risiken noch einmal explizit beschrieben werden.
Praktischer Haftungshinweis
"Bei Anzeigen sollte der Hinweis klar erkennbar sein und nicht etwa in einer viel kleineren Schriftart erscheinen als der übrige Text", so Lemke. In Videos oder Podcasts könne er am Ende in Textform eingeblendet werden. "Mit einem solchen Haftungshinweis sichern sich Berater nicht nur ab, er wirkt auch seriös", findet Lemke. (am)