Ein bekanntes Benjamin-Franklin-Zitat lautet: „Nur zwei Dinge auf Erden sind uns ganz sicher: der Tod und die Steuer.“ Zu letzterer gehört auch die Vorabpauschale, die infolge der Negativzinsen in den letzten Jahren fast in Vergessenheit geriet. Nun wird sie – aufgrund der seit 2022 schnell und stark gestiegenen Leitzinsen – für viele Anleger bereits ab 2. Januar 2024 wieder ein Thema.
Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff der Vorabpauschale, für wen ist sie relevant und wie wird sie berechnet?
Vorabpauschale kurz erklärt
Vor allem bei thesaurierenden Fonds (sie schütten keine Erträge aus, sondern reinvestieren Dividenden und Zinsen) würde erst bei einem späteren Verkauf die Kapitalertragssteuer aus den anfallenden Gewinnen fällig. Doch darauf möchte der Staat – wie bei vielen anderen Steuern – nicht warten, sondern bereits während der Haltedauer jeweils zu Beginn eines neuen, für das zurückliegende Jahr sozusagen „vorab“ eine „Pauschale“ erheben. Daher der Begriff „Vorabpauschale“, die eine Art Vorabsteuer darstellt. Steuerberater definieren die Vorabpauschale auch als „jährlich vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen des Fondsvermögens“.
Kommt es später zum Fondsverkauf, wird eine Verrechnung der bereits geleisteten Abgaben mit der Kapitalertragssteuer vorgenommen, sodass keine Doppelbesteuerung erfolgt.
Die Vorabpauschale wird für jeden thesaurierenden Fonds, den Anleger im Depot führen, separat berechnet und erhoben. Wurde er nicht das ganze Jahr über gehalten, greift die Zwölftelregelung. In diesem Fall wird die Steuer entsprechend der tatsächlichen Haltedauer berechnet.
Hat sich ein Fonds in einem Jahr negativ entwickelt, fällt Anfang des darauffolgenden Jahres keine Vorabpauschale an.
Wie wird die Vorabpauschale berechnet?
Berechnungsbasis bilden jeweils die Daten des Vorjahres. Am ersten Werktag 2024 erfolgt somit die Festlegung der abzuführenden Kapitalertragssteuer für 2023. Die Grundlage dafür bildet der Basiszins, der für das aktuelle Jahr (2023) 2,55 Prozent beträgt, jedoch – je nach Leitzinsentwicklung – von Jahr zu Jahr variiert. Für 2021 und 2022 lag er hingegen bei 0,00 Prozent, sodass auch bei hohen Anlagebeträgen keine Vorabpauschale anfiel.
Zur Berechnung des Basisertrages wird der Basiszins mit dem Kostenanrechnungsfaktor 0,7 (70 Prozent) multipliziert. Er wurde gesetzlich festgelegt, weil früher bei der Ermittlung des aufschüttungsgleichen Ertrags ein Teil der laufenden Kosten mit den Dividenden- und Zinserträgen verrechnet werden konnte. Dieser Effekt wird durch den Faktor berücksichtigt.
Berechnungsbeispiel anhand eines thesaurierenden Fonds
Grundlage für unser Rechenbeispiel ist ein fiktiver thesaurierender Fonds, der im Jahr 2023 eine Wertsteigerung von fünf Prozent erzielte, sowie der aktuelle Basiszins in Höhe von 2,55 Prozent.
Fonds-Rücknahmepreis Jahresende (2023) minus Fonds-Rücknahmepreis Jahresanfang (2023)
Beispiel: 105 Euro - 100 Euro = 5 Euro Gewinn je Anteil (Wertsteigerung)
Da das Ergebnis positiv ausfällt, erfolgt nun die Berechnung des Basisertrags.
Ist der Basisertrag größer als eine eventuelle Ausschüttung im Jahr 2023?
Berechnung: 100 Euro x (2,55 % x 70 %) = 1,79 Euro (Basisertrag) > 0,00 Euro (Ausschüttung)
In unserem Beispiel eines thesaurierenden Fonds ist der Basisertrag größer als jede Ausschüttung im Jahr 2023.
Sind Wertsteigerung und Ausschüttung größer als der Basisertrag?
In unserem Beispiel: Ja
5 Euro (Wertsteigerung) + 0,00 Euro (Ausschüttung) = 5 Euro > 1,79 Euro (Basisertrag)
Vorabpauschale wird fällig in Höhe des Basisertrags abzüglich Ausschüttung.
In unserem Beispiel: 1,79 Euro (Basisertrag) - 0,00 Euro (Ausschüttung) = 1,79 Euro (Vorabpauschale je Fondsanteil)
Anleger thesaurierender Fonds sollten zum Jahresanfang 2024 in etwa folgende Beträge auf dem Konto vorhalten.
Dies sind ohne Teilfreistellung unter Berücksichtigung des Sparerpauschbetrags bei einem Anlagebetrag von 100.000 Euro etwa 221,20 Euro Kapitalertragssteuer plus Soli und Kirchensteuer. Bei einer Anlagesumme von 1.000.000 Euro sind es circa 4.732,00 Euro.
Tipp: Anleger sollten die Verteilung ihrer Freistellungsaufträge prüfen. Bei kleineren Anlagebeträgen greift dann der Sparerpauschbetrag von 1.000 Euro je Person. Liegt die Vorabpauschale darunter, muss sie nicht abgeführt werden.
Möglich ist zudem, dass ein negativer Verlustverrechnungstopf vorliegt. In diesem Fall erfolgen eine Verrechnung und eine entsprechende Minderung der Vorabpauschale.
Sonderfälle
Werden die thesaurierenden Fonds über eine Versicherung gehalten, müssen Anleger keinen Zusatzbetrag auf dem Konto vorhalten.
Befinden sich die Depots mit den entsprechenden Fonds im Ausland (beispielsweise der Schweiz), darf eine Deklarierung im Rahmen der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 2023 nicht in Vergessenheit geraten.
Zusammenfassung
Die Vorabpauschale betrifft somit vor allem Anleger, die sehr hohe Summen in thesaurierende Fonds investiert haben. Wer auf Nummer sichergehen möchte, sollte zum Jahreswechsel etwa 1,79 Prozent des Anlagebetrages auf dem Verrechnungskonto vorhalten. Darüber hinaus sorgt ein Blick in das eigene Depot Anfang 2024 für Klarheit. Hier sollte dann im Postfach ein entsprechender Beleg abrufbar sein.
Der Artikel dient nur zur Information und stellt keine Steuerberatung dar!