Leihen und verleihen Privatkredit: Bei Geld hört die Freundschaft auf von Annika Krempel
Privatdarlehen an Freunde und Verwandte können bei knapper Kasse hilfreich sein. Ein Vertrag sollte aber unbedingt geschlossen werden, rät eine Anwältin – schon um Streit zu vermeiden und die Beziehung nicht zu gefährden
Für manche Menschen sind Familie und Freunde eine sichere Bank. Wird es finanziell eng, können sie sich dort immer Geld leihen. Das ist bequem, schließlich wollen Verwandte im Gegensatz zu Kreditinstituten keine Gehaltsnachweise oder Kontoauszüge sehen, um die Bonität zu checken. Billiger ist es meist auch, weil viele im engen Kreis auf Zinszahlungen oder Sicherheiten verzichten.
Allerdings kann ein Privatdarlehen schnell schiefgehen, wenn man blind auf die Familienbande vertraut, warnt Rechtsanwältin Daniela Bergdolt, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltverein. „Viele verzichten darauf, ein Darlehen schriftlich festzuhalten. Das wird kritisch, wenn das Geld nicht zurückgezahlt wird.“ Oft entstehen dadurch Konflikte.
Theoretisch braucht es keinen Vertrag, wenn sich Familienmitglieder oder Freunde untereinander Geld leihen. Sinnvoll ist er trotzdem. „Man sollte ganz klare Regelungen zum Darlehen treffen, damit keine Missverständnisse aufkommen. Das ist im Familienkreis sogar wichtiger, als wenn man Fremden etwas leiht“, sagt Bergdolt. Als Zeichen fehlenden Vertrauens sollte das niemand interpretieren. Lieber als Versuch, die Beziehung zu schützen. Denn viele Freundschaften und Familienbanden sind schon am Streit ums Geld zerbrochen.
Selbstverfasster Vertrag reicht
Dabei lässt sich ein privates Darlehen ganz einfach regeln. Ein selbst verfasster Vertrag reicht aus. Darin sollte in einfachen Worten stehen, welche Summe von wem für welchen Zeitraum ausgeliehen wird. Wer sich nicht zutraut, so einen Vertrag selbst aufzusetzen, kann sich auch ein kostenloses Muster aus dem Internet besorgen.
Wichtig ist, Namen und Adressen beider Vertragspartner zu nennen und schriftlich festzuhalten, dass das Geld zurückgezahlt wird. Sinnvoll ist, einen festen Termin dafür zu vereinbaren oder bei größeren Summen sogar einen Tilgungsplan. Das verhindert Gerangel ums Geld, falls sich die Vorstellungen unterscheiden, wann der Kredit abbezahlt werden soll.
Ist ein Darlehen dagegen unbefristet, muss es erst nach einer Kündigung zurückgezahlt werden. Was für den Schuldner bedeutet, dass er die Summe innerhalb von drei Monaten auf einen Schlag zurückzahlen muss. Bei größeren Summen ist das nicht immer machbar. Beide, Darlehensgeber und -nehmer, müssen den Vertrag unterschreiben. Am besten ist, die geliehene Summe im Anschluss zu überweisen. So lässt sich im Streitfall das Darlehen nachweisen. Wird es in bar übergeben, sollte auch das schriftlich festgehalten und quittiert werden.
Achtung: Finanzamt kann Schenkungsteuer ansetzen
Bei Darlehen in der Familie empfiehlt es sich außerdem, darüber mit den anderen Familienmitgliedern zu sprechen. „Ungleichbehandlung zwischen Geschwistern ist immer schwierig. Deshalb sollte man einen Privatkredit niemals verheimlichen, sondern lieber alle Vereinbarungen dazu offenlegen“, rät auch Rechtsanwältin Bergdolt.
Anders als eine Bank müssen Verwandte oder Freunde für geliehenes Geld keine Zinsen verlangen. Darauf setzen sicher auch viele, wenn sie ihr Umfeld anpumpen. Das kann aber nach hinten losgehen. Fallen keine oder sehr niedrige Zinsen an, kann das Finanzamt nämlich ein Privatdarlehen als Schenkung interpretieren. Das ist kein Problem, solange der Freibetrag eingehalten wird. Für Kinder liegt dieser bei 400.000 Euro innerhalb von zehn Jahren, Enkel dürfen 200.000 Euro erhalten. Freunde und entferne Verwandte haben dagegen nur einen Freibetrag von 20.000 Euro. Liegt der Betrag darüber, kann darauf Schenkungsteuer anfallen.
Deshalb ist es besonders bei größeren Summen ratsam, auch bei Privatkrediten einen Zins zu verlangen. „Der muss einem marktüblichen Niveau entsprechen, wie man ihn auch mit Dritten wie Banken vereinbaren würde. Dann können die Zinsen sogar beim Finanzamt angegeben werden“, erklärt Bergdolt. Das heißt, der Kreditgeber sollte sich am aktuellen Zinssatz orientieren, den auch eine Bank für ein Darlehen verlangen würde. Seine Zinseinnahmen muss er mit der Steuererklärung dem Finanzamt melden. Darauf fallen 25 Prozent Kapitalertragsteuer und gegebenenfalls Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer an, genauso wie auf die Erträge anderer Finanzgeschäfte auch.
Verschont bleiben die Zinseinkünfte allerdings, wenn der Kreditgeber seinen Sparerpauschbetrag von 1000 Euro noch nicht ausgeschöpft hat. Wer sich Geld leiht und darauf Zinsen zahlt, kann damit Steuern sparen, sofern er das geliehene Kapital nutzt, um damit Geld zu verdienen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn der Kreditnehmer damit eine Wohnung kauft und diese im Anschluss vermietet.
Geld sollte man an Freunde und Verwandte nur verleihen, wenn man sich sicher ist, dass diese es auch zurückzahlen. Schiefgehen kann es trotzdem. „Im Ernstfall muss man klagen – auch gegen Verwandte oder Freunde. Bessere Karten hat man dann, wenn es einen Vertrag über das Darlehen gibt“, erklärt Bergdolt. Sie empfiehlt allerdings, es bei Streitigkeiten im nahen Umfeld zuerst außergerichtlich mit einer Mediation zu versuchen. Platzt die Rückzahlung, bleiben die Darlehensgeber oft auf dem Verlust sitzen. Wenn kein Geld da ist, um den Kredit abzustottern, lässt sich auch nichts pfänden. Immerhin: Wird das Darlehen definitiv nicht zurückgezahlt, kann der Kreditgeber seinen Verlust mit anderen Kapitaleinkünften verrechnen und so Steuern sparen.