Lobby-Erfolg für Pfandbriefbanken: Bafin ändert Beleihungswert-Regeln
von Bernd Neubacher, 9. Oktober 2022
Gute Nachrichten für die hiesigen Pfandbriefbanken: Die Bafin hat nach einigem Hin und Her eine allem Anschein nach vorteilhafte Änderung der sogenannten „BelWertV“ (also der Verordnung über die Ermittlung des Beleihungswerts bei Immobilien) publiziert. Die Novelle dürfte Beobachtern zufolge Finanzierungen erleichtern, da die Kapitalisierungssätze sinken und in der Folge die Beleihungswerte steigen dürften.
Hintergrund: Wie Hypothekenbanken seit geraumer Zeit beklagen, haben Zinstief, Jahre des Immobilien-Booms sowie als veraltet empfundene (weil: zu hoch angesetzte) Kapitalisierungssätze dafür gesorgt, dass Markt- und Beleihungswerte immer stärker auseinander gelaufen sind. Habe der Beleihungswert vor 20 Jahren typischerweise rund 15 % unter dem Marktwert gelegen, betrage er inzwischen nur mehr die Hälfte, beklagten Branchenvertreter noch vor einigen Monaten. Und das, wo die Institut über Pfandbriefe grundsätzlich ohnehin nur 60 % des Beleihungswertes refinanzieren können.
Tatsache ist, dass die Geschäfte von Private-Debt-Häusern, die Investoren mit ungleich höheren Beleihungswerten locken konnten, in den vergangenen Jahren boomten. Von der Änderung der „BelWertV“ erhofft sich die Bankenbranche nun eine größere Chancengleichheit.
Die Novelle koppelt die Kapitalisierungssätze künftig an die Rendite 30-jähriger Bundesanleihen, versehen mit einem Aufschlag von in der Regel mindestens drei Prozentpunkten für Wohn- sowie mindestens vier Punkten für Gewerbeobjekte.
Ob die Reform den Pfandbriefbanken tatsächlich einen Schub über niedrigere Kapitalisierungssätze gibt, steht und fällt also mit der Entwicklung 30-jähriger Bundesanleihen. Eben deshalb ist auch nicht ausgemacht, dass die Beleihungswerte anziehen werden – denn die Rendite der jüngsten 30-jährigen Bundesemission, im Dezember noch in negativem Terrain, hat seither bereits auf über 2 % angezogen. Gut möglich also, dass die Zinswende nicht nur die Bonanza am Immobilienmarkt beendet, sondern auch die Mindestkapitalisierungssätze auf hohem Niveau verharren lässt.
In einer ersten Reaktion spricht der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) denn auch zwar von „verbesserten Rahmenbedingungen für die Beleihungswert-Ermittlung“, nennt die Reform indes zugleich „in Teilaspekten als noch nicht ausreichend“. So wäre dem Verband, um dem Effekt volatiler Zinsen am langen Ende entgegenzuwirken, statt eines stichtagsbezogenen Kapitalisierungszinses ein gleitender Durchschnitt lieber. Detailliert will sich die Organisation zu Beginn dieser Woche äußern.
Der Bafin könnte es mit der neuen Beleihungswert-Verordnung unterdessen ähnlich ergehen wie zuvor schon mit dem antizyklischen Kapitalpuffer: Man hat ein paar Jahre zu spät reagiert. Oder man will angesichts einer unsicheren Lage am Immobilienmarkt die Beleihungswerte niedrig halten.