OLG Dresden: Makler haftet auch für mündlichen Rat
Für Versicherungsmakler kann die Beratungshaftung schon bei mündlich abgegeben Ratschlägen und sogar für eine nicht erteilte Empfehlung greifen. Die Details nennt ein Hinweisbeschluss des OLG Dresden, auf den die Kanzlei Michaelis aufmerksam macht.
Das sieht das Oberlandesgericht Dresden (OLG) anders. In seinem Hinweisbeschluss vom 10. März 2021 bestätigt das Gericht: Ein Versicherungsmaklervertrag muss nicht zwingend schriftlich geschlossen werden. Er kann sowohl mündlich oder aber, wie im zu entscheidenden Fall, durch Eingabe von Kontaktdaten über die Internetpräsenz eines Maklerunternehmens und anschließende telefonische Kontaktaufnahme zur individuellen Beratung seitens des Maklers zustande kommen (Az.: 4 U 2372/20).
Verteidigung des Maklers nicht stichhaltig für die Richter
Wie schon die Vorinstanz (Landgericht Leipzig (Az.: 08 O 3153/17) hat das OLG die Argumentation des Maklers verworfen. Bereits der telefonische Kontakt und das Anfordern von Daten sowie das Stellen von Fragen zur persönlichen Situation sprächen deutlich für einen Rechtsbindungswillen zur Beratung. Die Erörterung des Versicherungsbedarfs und die getätigte Anfrage zur Versicherbarkeit sowie die dafür geltenden Konditionen seien für sich genommen ausreichend, um das objektive Erscheinungsbild einer Versicherungsvermittlungstätigkeit auszufüllen.
Das OLG nahm einen die Haftung begründenden Versicherungsmaklervertrag mit den damit einhergehenden Beratungspflichten an, so Jurist Kosch. Daraus folgt: Der Makler hätte umfassend beraten (nach Paragrafen 60, 61 VVG) und damit auch auf die im vorliegenden Fall anwendbare Öffnungsaktion hinweisen müssen.
Selbst Tippgeber haften bei Verstoß gegen Info-Pflichten
Der Makler argumentierte, nur Tippgeber hätte sein zu wollen und sei deshalb der Falsche für Schadenersatz. Nach dem vorgelegten Briefpapier des Maklers konnte auch dieses Argument die Richter nicht überzeugen. Selbst als Tippgeber könne eine persönliche Haftung wegen Verstoßes gegen die Informationspflichten (gemäß Paragraf 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Paragraf 11 Abs. 1 VersVermV) in Betracht kommen. Folglich wurde der Makler dazu verurteilt, den Schaden der Mehrprämien zu ersetzen.
Der Beschluss hat weitgehende Folgen. "Die Annahme eines Maklervertrages und die damit einhergehenden umfassenden Beratungspflichten werden sehr weit nach vorne verlagert", sagt Kosch. Wenn anhand der objektiven Umstände eine individuelle Beratung mit dem möglichen Ziel auf Abschluss eines Versicherungsvertrages bereits beginnt, entstehe eine rechtsverbindliche und umfassende Beratungsverpflichtung.
Auch telefonische Auskunft kann Beratungspflicht auslösen
Dazu sei nicht zwingend ein schriftlicher Maklervertrag oder eine Bevollmächtigung nötig. "Schon einfache Auskünfte, etwa am Telefon, können eine Haftungsverantwortung für Deckungslücken oder wie hier für eine Mehrprämie auslösen", warnt der Jurist.
Der Makler kann also auch nicht nur für falsche Vermittlung, sondern auch für eine "Nichtvermittlung" haften.Die Öffnungsklausel für Beamte sollte zum Grundwissen für alle in der PKV tätigen Versicherungsvermittler gehören. "Ohne Abklärung aller Möglichkeiten sollte kein Vermittler die Auskunft geben, dass jemand nicht versicherbar ist", so das Fazit von Kosch.