Steuerfalle Unfallrente
23.4.2018 – Von der lebenslangen monatlichen Invaliditätsleistung werden bis zu 28 Prozent Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag abgezogen. Für die meisten Versicherten tendiert die Belastung niedriger, teilweise gegen Null. Trotz gesunkener Zinsen ist deren fiktive Steuerpflicht gleich geblieben.
Bei der privaten Unfallversicherung können die Kunden für den Invaliditätsfall wahlweise eine einmalige Kapitalzahlung oder eine lebenslange Rente versichern. Neben etlichen anderen Unterschieden weicht auch die Besteuerung der Versicherungsleistungen der beiden Varianten voneinander ab.
Die einmalige Kapitalzahlung erhält der private Versicherungsnehmer steuerfrei. Nur wenn dieses Vermögen investiert wird, bittet der Fiskus für die erwirtschafteten Erträge zur Kasse. Dabei wirkt sich noch der Sparerfreibetrag mindernd aus, soweit der nicht durch andere Kapitaleinkünfte bereits verbraucht wird. Bei Kleinverdienern können zudem Grundfreibetrag und Versorgungsfreibetrag den Steuerabzug vermeiden oder zumindest reduzieren.
Unfallrenten ohne Sparerfreibetrag
Bei Unfallrenten wird anders gerechnet. Hier wird die Einkommensteuer nicht von den tatsächlich erzielten Kapitalerträgen berechnet, sondern von einem fiktiven Ertragsanteil. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass die Rente aus einem Kapital finanziert wird, mit dem Erträge erwirtschaftet werden, zum Beispiel Zinsen, Dividenden sowie Kurs- und Währungsgewinne.
Somit setzt sich die Rente einerseits aus dem Verzehr des Vermögens und den aus dem Restkapital erwirtschafteten Erträgen zusammen. Diese Erträge werden nicht individuell berechnet, sondern stattdessen wird ein fiktiver Ertragsanteil angesetzt.
Weil mit längerer Laufzeit der Rente bei einem positiven Verlauf die Erträge größer werden, ist der steuerliche Ertragsanteil nach Rentenbeginn gestaffelt. Er fällt umso höher aus, je jünger der Versicherte bei Rentenbeginn ist. So beträgt der Ertragsanteil bei 20-Jährigen 50 Prozent, bei 40-Jährigen 38 Prozent und bei 60-Jährigen 22 Prozent.
Höhe der Steuer ist individuell
Wie sich diese Sätze auf die Steuerschuld auswirken, ist individuell verschieden.
Hat zum Beispiel ein 20-Jähriger eine Unfallrente von 1.000 Euro pro Monat beziehungsweise 12.000 Euro pro Jahr zur Verfügung, so sind davon 50 Prozent, also 6.000 Euro, steuerpflichtig.
Hat dieser Verunfallte keine weiteren Einkünfte, so liegen die Zahlungen der Versicherung unter dem Grundfreibetrag von 9.000 Euro.
Steuersätze bis 48 Prozent
Hat der Invalide dagegen weitere der Einkommensteuer unterworfene Einkünfte, so können alle Freibeträge überschritten werden. Zu beachten ist auch, dass auf Unfallrenten der Sparerfreibetrag nicht angewandt wird.
Das bedeutet zum Beispiel für einen 40-Jährigen, dass von 12.000 Euro Jahresrente der Ertragsanteil von 38 Prozent voll steuerpflichtig sein kann. Dem entsprechend erhöht sich das zu versteuernde Einkommen um 4.560 Euro.
Davon werden dann je nach der Höhe des gesamten zu versteuernden Einkommens bis zu 45 Prozent Einkommensteuer und 5,5 Prozent Solidarzuschlag, insgesamt also maximal 47,475 Prozent abgezogen. Das sind bis zu 2.165 Euro oder 18 Prozent der Unfallrente. Gegebenenfalls wird zudem Kirchsteuer fällig.
Zweifel an der Angemessenheit
Die Besteuerung des Ertragsanteils galt zu Zeiten, als sich mit sicheren Kapitalanlagen noch wesentlich höhere Erträge erzielen ließen, als vergleichsweise günstig. Doch dieser Vorteil hat sich in den letzten Jahren spürbar verringert.
Inzwischen werden bei Privat-Rentnern, die die durchschnittliche Lebenserwartung erreichen, nicht nur die Erträge besteuert. Je niedriger die Renten im Verhältnis zum eingesetzten Kapital ausfallen, desto mehr greift der Fiskus auch das Vermögen ab.
Die Beispiele zeigen jedoch, dass es von den Umständen des Einzelfalles abhängt, inwieweit sich dies tatsächlich in der Praxis auswirkt.
Rente oder Kapital?
Ob für den Invaliditätsfall statt mit einer Unfallrente besser mit einer Einmalzahlung vorgesorgt werden sollte, hängt nicht nur von den steuerlichen Gegebenheiten ab.
So wird eine Kapitalzahlung typischerweise ab einem Prozent Invalidität fein abgestuft erbracht, während die Rente häufig bei 50 Prozent beginnt und sich bei hohen Invaliditätsgraden nicht unbedingt erhöht.
Ein weiteres Entscheidungskriterium ist, dass die Unfallrente unter Umständen eingestellt werden kann, wenn sich die Unfallfolgen verringert haben, zum Beispiel durch eine erfolgreiche Behandlung.
Die Zeiten, für die die Renten zu zahlen sind, werden immer länger. Von 1991/1993 bis 2014/2016 ist die Lebenserwartung in Deutschland um zum Teil mehr als fünf Jahre gestiegen. Das zeigen die neuesten Zahlen vom Statistischen Bundesamt (Destatis).
Die meisten Unfallversicherer bieten beide Leistungsarten alternativ und auch in Kombination an. Somit lassen sich unterschiedliche Kundenwünsche abdecken.