LG Stuttgart Urteil vom 26.4.2011, 20 O 211/10
Inhaltskontrolle von Klauseln in AGB‘s: Zuschlag für unterjährige Prämienzahlung
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6Zudem sei genau zu differenzieren zwischen der sogenannten echten unterjährigen Zahlung, nämlich der Vereinbarung unterjähriger Versicherungsperioden, und der unechten unterjährigen Zahlung. Hier handele es sich eindeutig um Letzteres, nämlich die Kalkulation von Jahresprämien, die unterjährig abgetragen werden könnten. Die Vereinbarung der unechten unterjährigen Zahlung mit Ratenzuschlag sei ein Kredit i.S.v. § 6 PAngV und ein Teilzahlungsgeschäft i.S.v. § 507 BGB (n.F.). Die Motive des (deutschen) Gesetzgebers und europarechtliche Regelungen stünden dieser Einordnung nicht entgegen. Die Interessenlage des Versicherungsnehmers sei vergleichbar mit dem Kauf eines Kühlschranks mit Bar- oder Ratenzahlung.
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56f) Wie der Beklagte zutreffend ausführt, verlangt das Transparenzgebot nicht, dass ein Unternehmen seine Kalkulation offen legt (vgl. BGH, Urteil vom 7.12.2010, XI ZR 3/10 Tz. 22). Ein Verbraucher muss jedoch die Möglichkeit haben, seine Marktchancen zu wahren. Es muss ihm möglich sein, zum Beispiel einen anderen Versicherer zu wählen, der bei gleicher Leistung geringere Teilzahlungszuschläge erhebt. Aufgrund der streitigen Klauseln kann ein Verbraucher nicht einmal entscheiden, ob es für ihn günstiger ist, statt unterjährig zu zahlen den Jahresbeitrag in einer Summe zu bezahlen und dafür z. B. auf Sparguthaben zurückzugreifen oder womöglich kurzfristig einen Dispokredit in Anspruch zu nehmen. Die streitigen Klauseln enthalten die erforderlichen Entscheidungsgrundlagen - mithin die Kalkulationsgrundlagen für einen Kunden - nicht. Unter den Kalkulationsgrundlagen einer Versicherung verstünde das Gericht nicht die Höhe der Ratenzuschläge, sondern viel detailliertere, interne Informationen eines Versicherungsunternehmens wie zum Beispiel Informationen über die unterschiedliche bilanzielle Behandlung von jährlichen und unterjährigen Zahlungen, die Refinanzierungskosten der Versicherungen, die interne Kostenstruktur oder die Zusammensetzung der Ratenzuschläge und die mit ihrer Erhebung angestrebten Gewinne. All diese Informationen offenzulegen, wird aber vorliegend nicht von dem Beklagten verlangt.