Bausparfinanzierung vs. Annuitätendarlehen - die 100ste

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  1. Avatar von Blink
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    Standard Bausparfinanzierung vs. Annuitätendarlehen - die 100ste

    Hallo! Wir würden uns über einen Rat zur bereits häufig diskutieren Frage Bausparfinanzierung vs. Annuitätendarlehen freuen.

    Geplant ist folgendes Finanzierungsvorhaben:

    EFH mit Einliegerwohnung, insg. 187 qm Wohnfläche: Kaufpreis 350 000 €
    Modernisierungskosten: 20 000 €
    Eigenkapital soll lediglich in Höhe der Nebenkosten aufgewendet werden.

    -> 370 000 € Darlehenssumme

    Zu den finanzierenden Personen:
    22 und 24 Jahre alt, beide verbeamtet, 4500 € Netto-Haushaltseinkommen.

    In der engeren Auswahl sind nun zwei verschiedene Finanzierungsvorschläge:

    Vorschlag 1: Bausparfinanzierung

    - Die ersten 15 Jahre: monatliche Rate von 1298,67 €
    - Tilgungsausgesetztes Darlehen über 370 000 €, 1,52 %, 5 % jährliche Sondertilgung, 468,67 € mtl. und
    - neuer Bausparvertrag, 0,1 % Guthabenzins (1141,17 €), Kosten bis zur Zuteilung: 5920 € Abschlussgebühr, 189 € Jahresentgelt, 301,14 € Abgeltungssteuer, 830 € mtl.

    -> ohne Sondertilgungen entstünden in den ersten 15 Jahren Kosten von all-in: 91 911,91 €

    - Die anschließenden 11 Jahre: monatliche Rate von 1335 €
    - Bauspardarlehen über 218 288,43 €, 2,35 %

    -> bei gleichbleibender Rate entstünden Zinskosten von 45 063,23 €

    Zusammenfassend wäre die gesamte Schuld in 31 Jahren abbezahlt. Dabei entstünden Kosten von 136 975, 23 €

    Als Vorteil sehen wir eindeutig die lange Zinssicherheit und die Flexibilität in der Tilgungsphase. Als nachteilig betrachten wir die fehlende Tilgung in der Ansparphase und die niedrigen Guthabenzinsen bei gleichzeitig hohen Abschlusskosten. Auch des Risikos der nicht rechtzeitigen Zuteilung sind wir uns bewusst.

    Vorschlag 2: Klassisches Annuitätendarlehen

    - Sollzinsbindung 20 Jahre, 1,88 % eff., 5 % Sondertilgung, 1202,50 € mtl.

    -> bis zum Ende der Zinsbindung entstünden Zinskosten von 105 197,83 €
    -> übrig bleibt jedoch auch eine Restschuld von 186 597,83 €
    -> setzt man nach Ende der Zinsbindung einen (m. E. optimistischen) Zins von 2 % voraus, würde die mtl. Rate (zu hohe) 1570, 94 € kosten, um dieselbe Laufzeit wie bei der
    Bausparlösung zu erreichen. Um auf eine vergleichbare Rate zu kommen müsste man auf 33 Jahre Gesamtlaufzeit verlängern, die Zinskosten würden dann 6 000 € unter
    den Gesamtkosten der Bausparlösung liegen. Dafür war die monatliche Rate in den ersten 20 Jahren niedriger. Würde man die 100 € weniger jährlich in Sondertilgungen
    aufwenden, stünde das Annuitätendarlehen unter Betrachtung der Gesamtkosten besser dar als die Bausparlösung (ca. 15 000 €) [B]Aber: [B] Das Ganze mit einem
    angenommenen Anschlusszins von 2 %, bei 3 % wäre der Unterschied wieder marginal.

    Als Vorteil des Annuitätendarlehens sehen wir natürlich offensichtlich, dass man von Beginn an tilgt und somit die Zinskosten und auch eine im schlimmsten Falle fällige Vorfälligkeitsentschädigung reduzieren kann. Als Nachteil betrachten wir die begrenzte Zinsbindung und den ungewissen Anschlusszins, der schnell die Kosten des Annuitätendarlehens über die der Bausparlösung steigen lassen kann, was das persönliche Sicherheitsgefühl stark beeinträchtigt.

    Für uns sieht es folglich so aus, als ob die Bausparlösung für uns unterm Strich die günstigere oder zumindest nicht utopisch teurere und zugleich auch sicherere Lösung ist. Allerdings haben wir die Befürchtung, etwas Wesentliches zu übersehen. Also falls jemandem ein grober Fehler oder Irrtum auffällt, sind wir für Tipps sehr dankbar!

  2. Avatar von noelmaxim
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    Standard AW: Bausparfinanzierung vs. Annuitätendarlehen - die 100ste

    Richtig, aber auch hier, null Garantie, wie bei einer Aussage, das Zinsniveau wird nicht mehr steigen.

    Die Frage ist doch, welche Kröte bin ich bereit zu schlucken!!!

  3. Avatar von hal
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    Standard AW: Bausparfinanzierung vs. Annuitätendarlehen - die 100ste

    @ Blink:

    Was du falsch machst, ist ja ganz offensichtlich: Deine Betrachtung ist in vielerlei Hinsicht viel zu statisch.
    Denn eine Zeitspanne von 20 Jahren ist eine SEHR lange Zeit.
    So macht es z.B. keinen Sinn, Kosten, die jeweils zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen, einfach aufzuaddieren. Also es macht doch einen RIESEN Unterschied, ob eine Zahlung vor 20 Jahren stattgefunden hat, heute stattfindet oder in 20 Jahren stattfinden wird. Vor 20 Jahren kosteten viele Produkte kaum mehr als die Hälfte des heutigen Niveaus, manche noch weniger als die Hälfte (würde hier den Rahmen bei weitem sprengen, aber die tatsächliche Inflation ist drastisch höher als die offiziell von staatlicher Seite ausgewiesene oder vielmehr schöngerechnete). Mal ganz drastisch, um das Grundprinzip deutlich zu machen: 1 Cent im Jahre 0 (also um Christi Geburt) entspricht in etwa dem heutigen Wert von mehreren Billionen €. Das Problem ist, dass die meisten Leute kein Gespür für exponentielles Wachstum haben (wie sich z.B. auch in der Corona-Krise zeigte) und viele auch nicht für lediglich dynamisches Wachstum. Wenn man also nun anstrebt, solche in einer sehr langen Zeitperiode von 20 Jahren auftretenden Kosten miteinander zu vergleichen, muss diese Betrachtung barwertig erfolgen, also unter Zugrundelegung von Abdiskontierungsfaktoren. Welchen Ansatz man für die Wahl dieser Faktoren nimmt, ist aber objektiv alles andere als klar, also ob man dazu z.B. mit der gegenwärtigen Zinsstrukturkurve für Retailanlagezinssätze arbeitet oder mit der für Retailkreditzinssätze oder die tatsächliche Inflationsrate einfliessen lässt oder im Falle des Annuitätendarlehens einfach für alle Abdiskontierungsfaktoren den Effektivzinssatz zugrunde legt; da gibt es verschiedene Ansätze. In jedem Fall bekommt jedoch in so einem Ansatz die anfängliche Provision an die Bausparkasse von vergleichsweise erheblicher Höhe eine viel grössere Bedeutung als bei einem simplistischen Ansatz der einfachen Summenbildung ohne Betrachtung des zeitlichen Anfalls.

    Man braucht nun kein Finanzexperte zu sein, um zu erkennen, dass die allgemeinen Rahmenumstände geradezu nach zukünftiger Inflation schreien (Bewältigungskosten für Corona, Klimaschutzaktivitäten, marode Rentensysteme, ohnehin schon jetzt überbordende Staatsverschuldungen etc.(da kann man noch viele Bücher voll mehr Gründe anführen). Insofern ist es alles andere als kühn, die Prognose aufzustellen (und von florianmeier für 15J bereits ausgerechnet), dass REIN INFLATIONSBEDINGT in 20 Jahren das Nettogehalt MINDESTENS 50% höher liegen wird (von einem Gehaltszuwachs durch Positionsverbesserung ganz zu schweigen). Ich gehe mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass das Nettogehalt dann in 20 Jahren gut und gerne doppelt so hoch und mehr liegen wird, denn man bekommt ja gerade als Beamter nicht nur die allgemeinen Inflationsausgleiche, sondern wird eben zusätzlich zum Inflationsausgleich auch tarifmässig automatisch mit der Zeit immer höher eingestuft. Aber die Kreditraten eines Annuitätendarlehens erhöhen sich nicht in der Zeit der Zinsbindung. D.h. also man wird später mit erheblich weniger Arbeitseinsatz in der Lage sein, die gleiche Rate zu stemmen oder anders ausgedrückt: Bei gleichem Arbeitseinsatz sollten über die Laufzeit von 20 Jahren im Schnitt MINDESTENS 500-1.000 € pro Monat mehr an Nettogehalt zur Verfügung stehen, was OHNE Einschränkung des bisherigen Lebensstandard (die sonstigen Produkte werden natürlich auch alle teurer) zur Schuldentilgung/Vermögensbildung genutzt werden kann. Also bsw. man würde heute 20% seines Nettogehalts in die Kreditrate stecken, dann steckt man auch in 5, 10 oder 20 Jahren noch 20% seines dann höheren Nettos in die Kreditrate bzw. später dann eben z.B. auch noch zusätzlich in die Sondertilgung und die restlichen 80% reichen immer noch aus, um die dann entsprechend teurer gewordenen Produkte und Dienstleistungen zu bezahlen, die man sich vorher auch schon leistete.
    Allein die Summe (die man aber gar nicht betrachten sollte) über 20 Jahre dieser zusätzlichen Kapazität sollte sich schon im 6-stelligen Bereich bewegen. Sinnvollerweise setzt man diese zusätzlichen Mittel dann aber eben nicht ein wie bei einem heutigen Bausparvertrag, wo sie mit 0,1% verzinst werden oder dass man dann Bargeld in ein Tresor legt, sondern man wird diese Mittel z.B. in die Tilgung eines Annuitätendarlehens stecken, wodurch man dann implizit eine Anlage zum Kreditzins tätigt (hier 1,88%), was zusätzlich aufgrund des umgekehrten Zinseszinseffekts nochmal etliche tausend € Zinskosten erspart. (vermutlich sinnvoller sollte statt der Tilgung zu 1,88% aber eine kontinuierliche monatliche Investition in noch höher rentierlichen Anlagen wie Aktien, High Yields etc. sein, was aber nach meiner Erfahrung bei vielen Beamten aufgrund von massiv drohender Schlafprobleme bei einem solchen Szenario ausgeschlossen wird; daher dies in Klammer). Darüber hinaus müssen auch noch knapp 100 € mehr an Sondertilgung im Fall des Annuitätendarlehens berücksichtigt werden, um das Annuitätenangebot mit dem Bausparkombi vergleichbarer zu machen. In jedem Fall sollte dann im Falle des Annuitätendarlehens am Ende der Zinsbindungsfrist nach 20 Jahren eben ein 6-stelliger Betrag zusätzlich getilgt worden sein oder durch Alternativanlagen angehäuft sein, der dann die Restschuld drastisch verringert oder viel realistischer ganz zu ihrer Tilgung beiträgt.
    Mit mehr als nur an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird so ein Annuitätendarlehen dieser Bausparkombi immer DEUTLICH überlegen sein. Da wird jeder halbwegs vernünftige unabhängige Berater zu raten. Da müssten dann schon Zinssätze weit jenseits der 10% herrschen in 20 Jahren und es müsste mit der Karriere und der Inflation extrem viel schieflaufen, dass da überhaupt noch eine Chance bestünde, dass die Bausparkombi vorteilhafter wird. Bei 4% Anschlussfinanzierungskosten wird man bei obiger Methodik aber sicher mit einer Bausparkombi deutlich schlechter fahren. Aber ich wäre eben überhaupt sehr verwundert, wenn da nicht nach 20 Jahren das Annuitätendarlehen komplett getilgt wäre und dann ist es natürlich auch völlig egal, ob der Anschlussfinanzierungszinssatz bei 100% steht oder wo auch immer.

    Aber mir ist klar, dass Beamten in der Regel furchtbar ängstlich sind und wenn da eine signifikante Schlafgefährdung in Aussicht steht bei Abschluss eines 20J-fest-Annuitätendarlehens mit statischer Restschuld von knapp 200.000 €, dann wäre auch noch als üble Option ein 25J-fest-Darlehen mit natürlich höherem Zinssatz in Betracht zu ziehen, was objektiv jedoch sicherlich nicht sinnvoll ist, jedoch einer Bausparkombi immer noch weit vorzuziehen ist.

    Mal ganz simpel ausgedrückt: Bei so einer Bausparkombi wollen immer 2 Institute was verdienen. Beim Annuitätendarlehen verdient nur 1 Institut was. Quizfrage: Bei welcher Konstellation bekommt der Finanzierungsnehmer mehr für sein Geld ? Kleiner Tip: Es gilt das Nullsummenprinzip.
    Und die Bausparkassen machen im Gegensatz zu den reinen Kreditinstituten immer gleich zu Anfang ordentlich Kasse (man beachte den zeitlichen Anfall von Kosten und Leistungen) und verdienen natürlich wie die Banken über die Laufzeit nochmal ordentlich dazu …
    Also das Recht, einen Kredit in 15 Jahren zu 2,35% zu bekommen, wird halt SEHR SEHR teuer bezahlt, bei der Bausparkombi durch die Anlage zu 0,1% im Vergleich zu implizit 1,88% beim Annuitätendarlehen (dem mehr als 18-fachen !). Nur wird dieses Recht halt in der Praxis auch mit mehr als an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht wirklich benötigt werden. Hinzu kommt auch noch, dass bei der Bausparkombi ja auch nicht nur nicht die gewöhnliche Rate als solches, sondern auch nicht die im Laufe der Zeit zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel zum hohen Annuitätenzinssatz investiert werden können, sondern da bekäme man dann eben stolze 0,1%.

    Ok, man kann jetzt natürlich argumentieren, was denn wohl sein wird, wenn wir Deflation bekommen. Nun, da sind Beamte in jedem Fall mal im Vorteil, da ihr Gehalt ja nicht gekürzt werden kann bzw. auch keine wirtschaftsbedingte Entlassung erfolgen kann. D.h. da stünde dann ein mindestens konstantes Gehalt einem geringer werdenden allgemeinen Preisniveau gegenüber. Also auch hier könnten dann bei gleichem Arbeitseinsatz durch die billigeren Haushaltsausgaben wiederum bei gleichem Arbeitseinsatz Rücklagen gebildet werden, die zur Tilgung genutzt werden können ...
    Einzig bei Preis- und Gehaltsstagnation (über 20 Jahre) wäre dann bei gleichem Arbeitseinsatz keine Zusatztilgung möglich. Nur für diesen Fall würden die von Threadersteller ausgeführten Ueberlegungen Sinn ergeben; diesem Stagnations-Szenario gebe ich aber eine Wahrscheinlichkeit von unter 1: 1.000.000 aus schon zuvor beschriebenen Gründen.

    Die einzige Frage, die sich wirklich stellt, ist, wie hoch man die Rate des Annuitätendarlehens (mit kleiner Sondertilgungsoption) wählt. Dabei ist natürlich zu berücksichtigen, wie der spätere Lebensstil aussehen soll (z.B. Tiefkühlpizza oder Sternerestaurant, Kinder, Lamborghinis etc.). Welche Ratenhöhe sinnvoll ist, kann nur der Kreditnehmer selber beantworten, aber dass Annuitätendarlehen Bausparkombis überlegen sind, daran ist nicht zu zweifeln; von ein paar extrem wenigen Ausnahmen mal abgesehen.
    Ich empfehle immer eine möglichst niedrige Rate zu wählen, um Rücklagen zu haben, etwaige Problemsituationen überbrücken zu können. Es ist immer besser, wenn man was zurückzahlen kann (z.B. durch Sondertilgungen), als wenn man was zurückzahlen muss.

    Fazit:
    Der vom Threadersteller beschriebene Ansatz ist viel zu statisch, wie insb. Muencher82 und brainy schon angedeutet haben, so eine (nicht der Realität entsprechende) Beamtendenke.
    Also Annuitätendarlehen mit 20J fest (oder nicht nötige 25J fest bei akuter Schlafgefährdung) mit niedriger Rate, und mittlerer Sondertilgungsoption (die beim gegenwärtigen niedrigen Zinsniveau ohnehin (so gut wie) kostenlos ist). 15J fest wage ich aus medizinischen Gründen schon gar nicht erst zu erwähnen ...

  4. Avatar von noelmaxim
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    Standard AW: Bausparfinanzierung vs. Annuitätendarlehen - die 100ste

    Sehr, sehr guter Bericht, dem ist nichts hinzuzufügen!

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