Guter Rat kann teuer werden
Was als Tipp gut gemeint war, kann für Vermittler oder Finanzberater zur bösen Haftungsfalle werden. Dabei genügt es, sich als Tippgeber an einige Grundsätze zu halten, um sich zu schützen.
Vermittler von Versicherungen oder Bausparverträgen, Berater für Finanzanlagen wie Investmentfonds oder außerbörslicher Kapitalanlagen sind vom Fach. Sie sind gleichsam Experten in Finanzdingen.
So nehmen sie ihre Kunden und Mandanten jedenfalls wahr.
Dass aber nicht jeder dieser „Geldexperten“ auch zu jedem Produkt eine Erlaubnis hat, hierzu zu beraten, können sie nicht wissen. Und so passiert es jeden Tag, dass Kunden und Mandanten ihren – nehmen wir den Versicherungsvermittler – auch mal zu anderen Produkten befragt.
Er ist ja nun mal vom Fach, er hat vielleicht einen guten Tipp. Kein Vermittler würde in einer solchen Situation seinen Kunden vor den Kopf stoßen, er dürfe dazu nichts sagen. Oder sich die Blöße geben, er könne dazu nichts sagen. Und außerdem: Wie in der Ärzteschaft auch sind Finanzdienstleister in ihrer Region meist gut vernetzt. Man kennt sich halt, empfiehlt einander.
Haftungsrisiko unbekannt
Dass sich der Vermittler und Finanzdienstleister dabei auf sehr brüchigen Haftungsgrund bewegen, ist vielen nicht bewusst. Wenn sie bei ihren Kundengesprächen andere Produktbereiche an-, oder gar gezielte Empfehlungen aussprechen, mutieren sie durch ihre Aussagen automatisch zum Tippgeber. Dabei vertrauen die Kunden ihrem scheinbaren „Finanzexperten“ aufgrund der bisherigen Beziehung und übertragen dies automatisch auf das empfohlene Produkt oder den empfohlenen Anbieter. Führt der Tipp, Ratschlag beim Kunden dann aber zu einem Schaden, hat der Berater ein gehöriges Haftungsproblem. Reales Beispiel aus der Praxis: Ein Versicherungsmakler wird von einem Mittelständler angesprochen, nachdem dessen Familienunternehmen gerade verkauft worden ist. Ob er denn einen guten Vermögensverwalter kenne. Der empfohlene Vermögensverwalter schafft es, binnen dreier Jahre gut drei Millionen Euro Ersparnisse durch Finanzwetten gegen den Markttrend bis auf eine halbe Million Euro zu verspekulieren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beantragte später die Insolvenz des mehrfach verklagten Vermögensverwalters. Dem Makler als Tippgeber wird vorgehalten, dass er doch die Berichterstattung über eine seit Jahren in der Finanzbranche bekannte „Verlustserie“ des Vermögensverwalters hätte kennen müssen. Außerdem hatte er wissen müssen, dass das Geld in einen Dachfonds gesteckt wird, der von den gleichen Personen gemanagt wird wie denen, denen er sein Privatvermögen anvertraute, so dass eine Interessenkollision vorprogrammiert gewesen sei. Der Insolvenzverwalter bestätigt eine laufende Vergütung des Tippgebers.
Haftung ohne Vergütung
Die Folge: Der Makler hatte dafür keine Klausel und somit keinen ausreichenden Schutz in seiner Vermögenschadenhaftpflicht und haftete mit seinem Privatvermögen.
Und da er als Person den Tipp gegeben hatte und vergütet wurde, konnte er sich auch nicht hinter seiner GmbH verstecken.
„Bereits das Reichsgericht (RGZ 52, 365) hat 1902 entschieden, dass es ausreicht, wenn jemand mit erkennbarem Bedarf an zuverlässiger Auskunft sich an einen Anwalt wendet, ein mit Haftung verbundener Auskunftsvertrag aus sozialtypischem Verhalten zustande kommt. Auf den Parteiwillen haften zu wollen (Rechtsbindungswillen) kommt es nicht an, sondern auf den objektiven Empfängerhorizont (RG JW 1928, 1134 f.).
Es muss nicht einmal eine Vergütung für den Tippgeber vorliegen.
Er rechnet vielleicht gar nicht mit einer Belohnung für den ermöglichten Vertragsabschluss im In- oder Ausland.
Entscheidend ist, dass es sich immer dann, wenn es um erhebliche Verantwortung geht, um keine haftungsfreie private Gefälligkeit mehr handelt.
Wenn der vermeintliche Tippgeber indes sogar „den Abschluss eines konkreten Geschäfts bereits so umfassend vorbereitet und abgewickelt hat, dass der Kunde den Auftrag nur noch zu unterschreiben und abzusenden hat oder wenn der Vermittler nach einer Anlageberatung die vom Kunden unterschriebenen Orderbelege weiterleitet“, dann,
so der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 05.12.2013 (Az. III ZR 73/12), benötigt der Tippgeber durchaus eine Erlaubnis.
Dem verklagten Vermittler in diesem Fall wurde zum Verhängnis, dass er keine Erlaubnis nach § 32 Kreditwesengesetz (KWG) für die Vermittlung von Finanzinstrumenten besessen hatte.