Die Abtretung ins „Nichts"
Laut eines aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) ist Versicherungsvertretern die Abtretung von Provisionsansprüchen an Dritte erschwert worden.
Abtreten oder Verkaufen - grundsätzlich können Forderungen eines Gläubiger ohne Probleme an Dritte (z. b. an eine Bank) abgetreten werden, um wieder kurzfristig Liquidität zu erlangen. Ein Versicherungsvertreter darf dies jedoch mit seinen Provisionsansprüchen nicht! So entschied kürzlich der Bundesgerichtshofs (BGH) in seinem Urteil vom 10. Februar 2010 (AZ VIII ZR 53/09), dass eben jene Abtretung von Provisionsansprüchen bei einer privaten Personenversicherung an einen Dritten durch Versicherungsvertreter gesetzlich verboten ist. Macht er es dennoch, macht er sich strafbar!
Vertreter sind wie Anwälte zu sehen.
Zur Begründung des Urteils wurde durch das BGH zunächst einmal festgelegt, dass ein selbständiger Versicherungsvertreter genauso wie z. B. Ärzte, Anwälte und Steuerberater, gemäß § 203 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) der Geheimhaltung unterworfen sind. Weiterhin müssen die Angaben des Versicherungsnehmers den Schutzzweck der Norm unterfallen. Auch hierzu hat der BGH klare Worte gefunden: Demnach dürfen Vertreter analog zu den oben genannten Berufstattungen die ihnen bekannt gewordenen (gesundheitlichen) Daten von Versicherten nicht gegenüber Dritten preisgeben.
Bei der privaten Personenversicherung sind nicht nur die wenn Betroffenen preiszugebende neben den gesundheitlichen Daten geschützt. Auch der Umstand, dass ein Betroffener zur Absicherung bestehender und künftiger gesundheitlicher Risiken finanzielle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat, unter fällt der Geheimhaltungspflicht, da er Auskunft über die persönliche, der Öffentlichkeit nicht zugängliche wirtschaftliche Lebensgestaltung des Versicherungsnehmers gibt.
Salopp gesagt darf der Vertreter weder den Gesundheits-(zu)stand seines Kunden noch seine finanziellen Fakten grundsätzlich an Dritte weitergehen.
§ 203 Verletzung von Privatgeheimnissen
(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Geheimnis oder ein Betriebs oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm als
1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
an vertraut worden oder sonst bekannt geworden ist, wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe betraft.
Konsequenz setzt die Rechtsprechung ihre Linie bezüglich Urteilen zum Schutz von Versicherten und Patientendaten fort. Bereits in der Vergangenheit durften ärztliche Gebührenanforderungen bzw. Gebührenansprüche eines Zahnarztes gegenüber einem Patienten aus diesen Gründen nicht an „Verrechnungsstellen“ abgetreten werden.
Nichtigkeitsfolge.
Aus diesem Vorgenannten folgt der BGH, dass die Abtrennug von Proisionsansprüchen eines Versicherungsvertreters der Personenversicherungen vermittelt, wegen der Geheimhaltungspflicht nach § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig ist.
Hintergrund ist, dass derjenige, an den die Forderung abgetreten worden ist, im Falle des Falles per Gesetz einen Anspruch auf Auskunftserteilung zu den abgetretenen Forderungen hat (§ 402 BGB) und dieser Auskunftsanspruch im absoluten Widerspruch zu der Geheimhaltungspflicht steht.
Die Nichtigkeit der Abtretung führt dazu, dass aus der Abtretung von demjenigen, an den die Provisionen abgetreten worden sind, keine Rechte hergeleitet werden können. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeit z. b. Kredite bei einer Bank zu bekommen.
Während ein Arbeitnehmer somit seine Lohnansprüche in einem bestimmten Umfang als Sicherheit abtreten kann, darf dies ein Versicherungsvertreter nicht.
Letztgenannter macht sich dabei sogar noch strafbar!
§ 402 BGB Auskunftspflicht; Urkundenauslieferung
Der bisherige Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nötige Auskünfte zu erteilen und ihm die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinen Besitz befinden auszuliefern.
Weitere Fragezeichen.
Des Weiteren wirft dieses Urteil natürlich noch andere Fragen auf. Der BGH hat aus dem Vortrag der Parteien geschlossen, dass ein Einverständnis des Versicherungsnehmers zur Weitergabe der benötigten Angaben nicht eingeholt worden sei. Daraus lässt sich ableiten, dass der Versicherungsnehmer eine Zustimmung zur Weitergabe seiner Daten erteilen kann. Dies ist auch in vielen Fällen der Versicherungsvermittlung notwendig, wenn z. B. der Versicherungsvermittler seinen Antrag über Dritte (Pool) an einen Versicherer leitet. Ebenso ist die Zustimmung des Versicherten nötig, wenn der Vermittler den direkten Weg zur Gesellschaft wählt, die Abwicklung und Kontrolle aber bei einer Abwicklungsgesellschaft liegt und diese den Antrag mit den Gesundheitsangaben einsehen kann.
Beide Beispiele sind in der Praxis gang und gäbe. Im Fazit sollte der Versicherungsvermittler auch künftig darauf achten, die entsprechenden Maßnahmen dem Versicherungsnehmer mitzuteilen und auch schriftlich zu dokumentieren. Dabei hat es der Makler im Rahmen des Maklervertrages am einfachsten, da dort immer auf den Weiterleitungsweg des Versicherungsantrages hingewiesen werden kann und auch sollte. In allen anderen Fällen kann der Versicherungsvermittler sich dies von seinem Kunden bestätigen lassen und dann entsprechend verfahren. Da aber derjenige, an den abgetreten werden soll, immer unter dem Problem der „Nichtigkeit der- Vereinbarung" Gefahr läuft, dass ein Einverständnis der Kunden nicht vorliegt, wird dieses Urteil eher dafür sorgen, dass die Abtretung von Provisionsansprüchen an Dritte ein Auslaufmodell ist - so sieht es zumindest der BGH!
Karl –Heinz Eilermann, Marc Oehme