Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Hallo miteinander
Hier in der Schweiz haben wir Negativzinsen ab einem gewissen Kontostand bei Bankeinlagen. Damit soll die Aufwertung des Schweizer Frankens (CHF) abgebremst werden. Mit Negativzinsen werden aber auch jene bestraft, die gar nichts zur Aufwertung des CHF beitragen, also alle Inländer mit hohen Kontoständen in CHF, aber ohne Fremdwährungskonti.
Ich habe gelesen, dass es nicht mehr lange dauern dürfte, bis allen Bankkunden auf ihren Bankeinlagen Negativzinsen belastet werden, unabhängig vom Kontostand.
Nun, die Aufwertung kommt ja nur dann zustande, wenn der Kaufdruck an den Devisenmärkten zunimmt. Wäre es nicht wirksamer, wenn die Devisenkäufer (hier: Käufer von CHF) Gebühren entrichten müssten? Dadurch würde ja der Kaufdruck abnehmen, weil weniger Kaufwillige, und die Aufwertung des CHF gebremst. Gleiche Wirkung wie bei den Negativzinsen, aber verursachergerecht und nicht nach Giesskannenprinzip.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Ihr habt sicherlich noch ein paar Sondereffekte mit dem starken Schweizer Franken. Ob der Negativzins aber nur an der Aufwertung des Franken liegt, wage ich zu bezweifeln, denn die niedrigen oder negativen Einlagezinsen haben wir weltweit in den Industrienationen. Der negative Einlagezins entsteht den Banken aber nicht nur für Ausländer, sondern auch für Inländer ab dem ersten Franken. Für kleine Vermögen nehmen die Banken das momentan noch hin oder kompensieren das mit Kontoführungsgebühren, bei größere Vermögen reichen Sie den Negativzins einfach durch.
Volkswirtschaftlich mag das vielleicht anders sein, aber rein aus betriebswirtschaftlicher Sicht der Banken ist jeder mit einem Kontoguthaben der Verursacher.
In Deutschland hat jetzt die erste Bank für Neukunden ab dem ersten € den Negativzins eingeführt. Damit dürfte die Hemmschwelle gefallen sein und andere Banken ziehen sicherlich bald nach.
Noch haben wir in Deutschland ein paar Banken mit kostenlosen Konten, aber das wird nicht mehr lange gehen.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Louis,
der negative Einlagezins hat nichts mit relativen Wirtschaftsstärke von Wirtschaftsräumen (Wechselkurs bzw. Stärke EUR zu CHF) zu tun. Das Problem in der Schweiz ist eine extrem geringe Inflation, noch geringer wie im Euroraum. Was sich für den Privatmenschen sehr gut anhört (keine Inflation, keine steigenden Preise) ist für eine Wirtschaft sehr schlecht.
Deshalb haben die Notenbanekn bei Preisstabilität nicht ein 0% Inflationsziel, sondern 2%. Die negativen Einlagezinsen sollen folgenden Effekt haben:
Geld auf dem Konto wird weniger, also kaufen Menschen mit dem Geld Güter, Nachfrage steigt und damit steigen die Preise. Das Problem dabei: Die Menschen können das Geld auch unters Kopfkissen legen, ins Ausland transferieren usw. Einen positiven Kosumeffekt haben Negativzinsen sicher, wie groß dieser ist, das ist schwer zu sagen.
Jedenfalls wenn keine Kapitalflucht von CHF in EUR von Menschen stattfindet, haben Einlagezinsen keinen Effekt auf Währungen. Diese Flucht passiert nicht, da Einlagezins in EUR-Raum ebenfalls negativ und EUR zudem riskanter als CHF ist.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Hallo
Wenn von Aufwertung des Schweizer Frankens die Rede ist, ist doch die Erstarkung desselben im Vergleich zu einer anderen Währung, hier dem Euro, gemeint, wenn ich nicht irre. Und grad gestern las ich ein Interview mit einem Volkswirtschafter, wo er als erstes Ziel der Negativzinsen die Abwertung nannte (https://workupload.com/file/4Dh53FDC).
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Wie gesagt, das Problem haben alle Industrienationen und die treiben sich momentan gegenseitig die Zinsen nach unten, mit dem Ziel der Abwertung. Mit einer schwachen Währung kann man gegenüber den anderen Nationen im Export bessere Preise anbieten. Nur hat das halt kaum Effekt, wenn das alle machen. Wenn überall die Zinsen gleich sind, sucht man sich für die Geldanlage dann das Land aus, wo einem das Geld am sichsten erscheint.
Das ist für Euch halt dummerweise nicht der Euro sondern der Franken, da dort noch die Gefahr des auseinanderbrechens des Euroraums existiert. Demzufolge muß die Schweiz zwangsweise den Euroraum unterbieten, um wenigstens im Zins schlechter dazustehen. Dazu kommt halt, dass die Schweiz seit jeher mit ihrem Bankensystem das Geld von Wohlhabenden angezogen haben. Also insgesamt auch etwas selbstverschuldet.
Man muß sich halt als Sparer umstellen und kann nicht mehr nur auf Konto und Tagesgeld setzen. Das trifft Euch in der Schweiz genauso wie uns sicherheitsverliebte Deutsche.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Louis.
das meinte ich mit Kapitalflucht. Investoren haben 2 fundamentale Kriterien bei Geldanlagen Sicherheit vs. Rendite. Angenommen ihr in der Schweiz hättet positive Zinsen, was würde dann passieren? Der Franken ist tendenziell sicherer als der Euro und würde mehr Rendite (Zins) bringen. Also würde massiv Kapital vom Euroraum in die Schweiz und den Franken fließen, was den Franken extrem aufwerten würde (im vergleich zum Euro). Das will aber die Schweiz nicht, weil ihr auch viel Export habt, der dadurch eben sehr viel teurer würde. Die schweizer Firma muss Angestellte in (aufgewerteten) CHF bezahlen, aber bekommt abgewertete Euros als Bezahlung. Das will die schweizer Notenbank bzw. die schweizer Wirtschaft nicht.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Warum werden die Sparer bzw. die Besitzer von CHF-Bankeinlagen mit dem Negativzins bestraft? Oder ist das ein Kollateralschaden? Wäre es nicht fairer, bei Devisenkäufen von Schweizer Franken höhere Gebühren zu verlangen? Das würde es ja dann wohl auch unattraktiver machen, in CHF zu investieren.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Während die teilweisen Negativzinsen für Sparer im Eurorum m.E. tatsächlich eine Art Kollateralschaden sind, scheint das in der Schweiz sehr viel kalkulierter zu sein, wieStGe1971 schon beschrieben hat. Je unattraktiver die Konditionen für Schweizer Bankguthaben sind, desto weniger Kapital fließt von außen auf Schweizer Konten, desto geringer ist also die Nachfrage nach Schweizer Franken und desto schwächer ist die Währung. Unfair ist es den Schweizer Inländern gegenüber, da die für das Problem nichts können. Theoretisch sollte es genügen, nur Guthaben von Ausländern in der Schweiz negativ zu verzinsen. Ich kann nur vermuten, dass praktische oder rechtliche Hürden dem im Wege stehen. Vielleicht ließe sich diese Regelung zu leicht umgehen.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Ich wäre noch, wenn jemand etwas zur Idee sagen würde, die Abwertung des Schweizer Frankens über höhere Gebühren bei dessen Kauf auf den Devisenmärkten zu erreichen. Das Ziel wäre so auch erreichbar, richtig? Aber wahrscheinlich ist die Umsetzung schwieriger.
AW: Negativzinsen: Devisenkauf-Gebühren nicht zielführender und verursachergerchter?
Louis,
die Idee ist nicht schlecht nur leider nicht möglich. Es kauft ja niemand auf den Devisenmärkten CHF, wenn er mit der Schweiz handelt. Ein Unternehmen in der EU überweist einen Eurobetrag und die schweizer Bank schreibt CHF auf dem schweizer Konto zum tagesaktuellen Kurs gut. Die Pauschle (Kosten) für Fremdwährungseingänge legt aber jede Bank selbst fest und ist nicht unter Kontrolle der Notenbank.
Auch wen njemand nur mit Währungen handelt, kauft oder verkauft er immer zum aktuellen Kurs. Die Gebühren legt die jeweilige Handelsplattform fest, nicht eine Notenbank.
Deine Idee würd enur funktionieren, wenn das komplette Bankensystem in der Schweiz staatlich wäre und der Staat (in diesem Fall die Notenbank) die Gebühren für Fremdwährungseingänge oder Fremdwährungskäufe "zentral" festlegen könnte. Das ist aber in einer Marktwirtschaft nicht möglich bzw. die Banken sind untereinander im Wettbewerb bzgl. Zinsen, Gebühren usw.
Selbst wenn das möglich wäre, würdet ihr in der Schweiz das doppelt bezahlen. Solche staatliche Monopolstrukturen haben die Eigenschaft extrem unwirtschaftlich zu sein und viel zu hohe Kosten zu produzieren. Für die Unternehmen kein Problem, da sie wegen der Monopoalstellung ihre Preise beliebig erhöhen können. Sprich in so einem Fall hättet ihr vielleicht keine Negativzinsen, aber doppelt so hohe Kontoführungsgebühren, würdet jede Überweisung oder Abhebung extra bezahlen usw. Für den Endkunden ist es schlicht egal, ob er Negativzinsen oder extrem hohe Bankgebühren bezahlt. Für die Wirtschaft allgemeins sind wettbewerbsfähige Banken jedoch viel sinnvoller...