Auch wenn ich nicht der Themenstarter bin …
Liebe Heidi, das Problem ist doch klar und präzise formuliert: Der Themenstarter will drei vermietete ETWs mit einem Beleihungsauslauf von ca. 40% umschulden - bekommt aber keinen Kredit (trotz Top-Schufa-Score und obwohl das Ganze im Realkreditbereich spielt), weil er Privatier ist !
Thema interessiert mich. Die Problematik hatte ich schon mehrfach in meinem Umfeld und Bekanntenkreis. Aufgrund der seit 2016 geltenden EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie kann man nämlich
sehr vermögend sein (lastenfreie Immobilie(n), hohe Kontogutgaben usw.) ist aber
i.S.d. EU-Richtlinie dennoch nicht kreditwürdig. Bizarr aber wahr. Habe ich diverse Male live erlebt.
Im Sinne der Richtlinie kommt es entscheidend auf die sog. Kapitaldienstfähigkeit an, d. h. aus laufendem Einkommen muß nach Abzug einer Haushaltspauschale (die von Bank zu Bank verschieden ist) noch genügend Einnahmen für den Kapitaldienst (Zins und Tilgung) übrig sein. Auch ein beispielsweise sieben- oder achtstelliges Vermögen auf zinslosen Tagesgeldkonten begründet daher keine Kapitaldienstfähigkeit. Ebenso eine Immobilie, die den Wert des Darlehens um ein Mehrfaches übersteigt. Entscheidend i. S. d. Kapitaldienstfähigkeit sind die Einnahmen bzw. das Einkommen.
Eine der vielen Merkwürdigkeiten in dem Kontext: Ist ein ausreichendes Gehalt vorhanden, gibt es in aller Regel keine Probleme. Aus meiner Sicht ist das aber auch nicht nachhaltig, denn damit ist keineswegs die "Kapitaldienstfähigkeit über die gesamte Darlehenslaufzeit inklusive Anschlussfinanzierung mit einem fiktiven kalkulatorischen (höheren) Zins gesichert". Geht z. B. die Firma pleite, wird der Kreditnehmer gekündigt usw. ist mit dem fehlenden Gehalt die Kapitaldienstfähigkeit sofort (bzw. nach wenigen Monaten) dahin.
Da finde ich freie Vermögenswerte deutlich "nachhaltiger".
Ohnehin seltsam: Die EU hat diverse Öffnungsklauseln in die Richtlinie eingebaut. Beispiel: Es wurde den Ländern freigestellt, die Richtlinie nur auf selbst genutztes Wohneigentum aber nicht auf vermietete Immobilien anzuwenden. Dies wollte aber wohl damals das BMJV/Heiko Maas nicht.
Für mich generell schon sehr fraglich: Fällt jemand, der mehrere Wohnungen vermietet, überhaupt unter die Richtlinie ("Verbraucherqualität"; glaube das ist in § 13 BGB geregelt). Nach ständiger Rspr. gehen viele Gerichte nämlich davon aus, daß ab einem gewissen Umfang (z. B. mehr als drei Wohnungen) so jemand als "Unternehmer" (§ 14) handelt, da er "im Wettbewerb mit anderen am Markt Wohnungen anbietet und vermietet, um Einkünfte zu erzielen".
So wie die Richtlinie von den meisten Banken derzeit ausgelegt wird, bedeutet sie jedenfalls eine Entwertung von lastenfreiem Grundbesitz und Vermögen, weil dies keine Kreditwürdigkeit mehr begründet.
Seltsame EU-Regulatorik und noch dazu verunglückte Umsetzung seitens des BMJV. Deshalb wurde schon diverse Male nachgebessert (zuletzt am 1. Mai 2018 mit der sog. Immobiliar-Kreditwürdigkeits-Leitlinien-Verordnung (ImmoKWPLV)).
Ziemlicher Murks das Ganze aus meiner Sicht.