Passus im Kaufvertrag korrekt? Immobilienkauf gewerblich und wohnwirtschaftlich
Guten Abend zusammen,
wir sind Privatpersonen (nicht Gewerbetreibende oder Unternehmer) und wollten eine Immobilie, welche größtenteils gewerblich vermietet ist (der geringere Teil ist an uns wohnwirtschaftlich vermietet) kaufen.
Der Verkäufer ist ebenfalls eine Privatperson.
Nun haben wir den Kaufvertragsentwurf vorliegen und der Verkäufer hat seinen Anwalt drüber schauen lassen, welcher einen Passus im Kaufvertrag aufnehmen lassen möchte und sagt, dass dieser sogar Pflicht wäre bzw. ohne diesen erst gar nicht verkauft werden kann:
Um den folgenden Passus handelt es sich hierbei:
Die Veräußerer vermieten wie ausgeführt das Anwesen derzeit mit ungekündigten Mietverträgen. Einerseits den gewerbliche genutzten Anteil des Anwesens an einen Dritten und den zu Wohnzwecken genutzten Anteil an die Erwerber.
Der gewerblich vermietete Anteil wird mit Umsatzsteuer vermietet. Für diesen Anteil benötigt der Veräußerer daher folgende Regelung beim Kaufpreis:
„Die Parteien gehen davon aus, dass die Grundstückslieferung eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG ist. Dem Käufer ist bekannt, dass er im Falle einer Geschäftsveräußerung den Vorsteuerberichtigungszeitraum des Verkäufers fortführt und insoweit an die Stelle des Verkäufers tritt, § 15 a Abs. 10 UStG. Die Parteien erklären gleichzeitig und unbedingt, dass der Veräußerer auf die Steuerfreiheit des § 4 Nr. 9 a UStG für Grundstückslieferungen gem. § 9 Abs. 1 UStG verzichtet. Die Steuer aus dem Verkauf schuldet der Erwerber, § 13 b Abs. 5 UStG. Zuzüglich zum Nettokaufpreis hat der Erwerber daher die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen. Der Erwerber ist nach Angabe Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und erwirbt den gewerblichen Teil des Vertragsbesitzes für sein Unternehmen. Der Erwerber garantiert, dass er das Grundstück im Umfang der gewerblichen Nutzung seinem Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinn zuordnet. Der Veräußerer verpflichtet sich, soweit erforderlich, außerhalb der Urkunde zusätzlich und unverzüglich, nicht jedoch vor Besitzübergang, dem Erwerber eine den §14 UStG entsprechende Rechnung ohne Steuerausweis für die Grundstückslieferung zu stellen.“
Wir dachten lediglich, dass für die Einnahmen aus der Vermietung eine Steuer an das Finanzamt abzuführen ist - jedoch nicht für den Kauf der Immobilie.
Der Rechtsanwalt des Verkäufers sagt jedoch, dass wir als Unternehmer handeln würden, da wir ja die Immobilie kaufen und den gewerblichen Teil auch gewerblich weiterhin vermietet lassen würden.
Ich kann es mir nicht erklären, wir haben eben Bedenken, dass zum Kaufpreis der uns genannt wurde nun noch eine Steuer an das Finanzamt bezahlt werden muss. Wer kennt sich damit aus und kann uns hier weiterhelfen?
AW: Passus im Kaufvertrag korrekt? Immobilienkauf gewerblich und wohnwirtschaftlich
Vorweg ich bin kein Steuerberater.
Ich versuche es mal auseinanderzupflücken, dies stellt aber keine Rechtsberatung dar. Ich rate dir ganz dringend einen Steuerberater oder einen Fachanwalt für Steuerrecht aufzusuchen.
1.)
Die Parteien gehen davon aus, dass die Grundstückslieferung eine Geschäftsveräußerung im Sinne des § 1 Abs. 1 a UStG ist.
Das ist eine Geschäftsveräußerung im Ganzen. Nur wenn wirklich alle relevanten Sachen eines Geschäftes an einen Käufer verkauft werden, dann ist die Veräußerung nicht umsatzsteuerbar.
Ich habe schon einige Fälle gehabt, wo der Satz ähnlich im Notarvertrag stand und sich dann bei einer Betriebsprüfung herausgestellt hat, dass es doch keine Veräußerung im Ganzen ist.
Das könnte z.B. sein, wenn der Verkäufer noch weitere Häuser hat.
2.)
Dem Käufer ist bekannt, dass er im Falle einer Geschäftsveräußerung den Vorsteuerberichtigungszeitraum des Verkäufers fortführt und insoweit an die Stelle des Verkäufers tritt, § 15 a Abs. 10 UStG.
Wenn aus dem Kauf von Gegenständen Vorsteuer gezogen wird und sich im Nachgang eine Nutzungsänderung für diesen Gegenstand einstellt, dann ist ggf. der Anteil der gezogenen Vorsteuer zu korrigieren.
Dieses Risiko geht jetzt auf dich über. Das betrifft auch Vorsteuerbeträge aus etwaigen Sanierungskosten, die der Verkäufer in der Vergangenheit geltend gemacht hat.
3.)
Die Parteien erklären gleichzeitig und unbedingt, dass der Veräußerer auf die Steuerfreiheit des § 4 Nr. 9 a UStG für Grundstückslieferungen gem. § 9 Abs. 1 UStG verzichtet.
Generell sind Vermietumsätze und Lieferungen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen von der Umsatzsteuer befreit.
Es kann aber durchaus Sinn machen, auf diese Befreiung zu verzichten.
Eigentlich widerspricht dieser Satz 1.).
Ich vermute, dass dieser Satz eingefügt wurde, für den Fall, dass sich herausstellt, dass keine Geschäftsveräußerung im Ganzen stattgefunden hat.
4.)
Die Steuer aus dem Verkauf schuldet der Erwerber, § 13 b Abs. 5 UStG. Zuzüglich zum Nettokaufpreis hat der Erwerber daher die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen.
Für den Fall, dass 1.) nicht gilt und 3.) eintritt, dann gibt es nach §13b einige Fälle, wo statt dem Verkäufer der Erwerber die Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen muß. Grundstücksgeschäfte fallen da mit darunter. Im Gegenzug kannst du meines Erachtens für den umsatzsteuerpflichtig vermieteten Teil die Vorsteuer ziehen. Ein Risiko könnte der Anteil darstellen, der nicht umsatzsteuerpflichtig vermietet wird.
5.)
Der Erwerber ist nach Angabe Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG und erwirbt den gewerblichen Teil des Vertragsbesitzes für sein Unternehmen. Der Erwerber garantiert, dass er das Grundstück im Umfang der gewerblichen Nutzung seinem Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinn zuordnet. Der Veräußerer verpflichtet sich, soweit erforderlich, außerhalb der Urkunde zusätzlich und unverzüglich, nicht jedoch vor Besitzübergang, dem Erwerber eine den §14 UStG entsprechende Rechnung ohne Steuerausweis für die Grundstückslieferung zu stellen.“
Du erklärst dich damit bereit das Grundstück für dein Unternehmen gemäß USTG zu erwerben und er stellt dir im Gegenzug eine ordnungsgemäße Rechnung aus.
Ich sehe hier an ein paar Stellen Risiken, die der Verkäufer (vermutlich zurecht) auf dich abwälzt. Das trifft insbesondere dann zu, wenn sich a) der Anteil von umsatzsteuerpflichtiger Vermietung und umsatzsteuerfreier Vermietung im Nachgang ändert oder wenn b) das Finanzamt im Nachgang feststellt, dass es keine Geschäftsveräußerung im Ganzen ist.
Kleine Ergänzung zu a)
Das muß nichtmal eine Umnutzung von gewerblicher Vermietung zum Wohnraum als Ursache haben, sondern kann auch eintreten, wenn du einen Unternehmer als Mieter hast, der keinen vollen Vorsteuerabzug auf seine Miete hätte (z.B. Arzt, Versicherungsmakler, Vereine, Kleinunternehmer usw.)
Wie eingangs schon gesagt, rate ich dir daher ganz dringend vor Unterzeichnung einen Steuerberater einen entsprechenden Fachanwalt hinzuzuziehen.
wir sind Privatpersonen (nicht Gewerbetreibende oder Unternehmer)
Einkommensteuerrechtlich mag das zutreffen. Umsatzsteuerrechtlich seid ihr Unternehmer.
AW: Passus im Kaufvertrag korrekt? Immobilienkauf gewerblich und wohnwirtschaftlich
Vielen lieben Dank tneub!
Das hat mir wirklich sehr weitergeholfen.
Habe noch eine weitere Frage hierzu. Denken Sie, dass es von Vorteil sein kann, dass wir ergänzend noch klarstellen, dass wir sonst als Privatpersonen aggieren?
Wir denken, dass sonst die finanzierende Bank abspringt, da wir ja einen Privatkredit und nicht einen Unternehmerkredit beantragt haben.
Noch zu weiteren Erklärung - Bei dem Objekt handelt es sich um ein von uns angemieteter Wohnbereich und einen mit UST vermieteten Gewerbeanteil.
So könnte doch die Ergänzung aussehen: Klarzustellen ist, dass die Erwerber (mit Ausnahme für den geschäftlich vermieteten Anteil- Unternehmer hierfür nur nach UStG) rein als Privatpersonen aggieren.
AW: Passus im Kaufvertrag korrekt? Immobilienkauf gewerblich und wohnwirtschaftlich
Ganz davon abgesehen, dass ich die Fragen auch nicht voll umfänglich beantworten kann, dürfte ich dies auch nicht, da ich weder Steuerberater, noch Rechtsanwalt bin.
Eins kann ich nur sagen:
Im Umsatzsteuerrecht gibt es 2 Prüfungsstufen
Step 1. Im Inland steuerbar oder nicht steuerbar.
§1 USTG
(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:
1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inlandgegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
§ 2 Unternehmer, Unternehmen (1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
Step 2. wenn das ganze steuerbar ist, dann wird noch geprüft, ob es steuerfrei oder steuerpflichtig ist
§ 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
...
Nr. 12.
a)dieVermietung und die Verpachtung von Grundstücken, von Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und von staatlichen Hoheitsrechten, die Nutzungen von Grund und Boden betreffen,
b)
die Überlassung von Grundstücken und Grundstücksteilen zur Nutzung auf Grund eines auf Übertragung des Eigentums gerichteten Vertrags oder Vorvertrags
c)die Bestellung, die Übertragung und die Überlassung der Ausübung von dinglichen Nutzungsrechten an Grundstücken.Nicht befreit sind die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur
kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen, die kurzfristige Vermietung auf Campingplätzen und die Vermietung und die Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind;
Demzufolge ist jeder Vermieter auch Unternehmer gemäß USTG, auch wenn er steuerfreie Umsätze (Vermietung) ausführt. Die Bank dürfte sich meiner Meinung nach nicht daran stoßen.
Umsatzsteuerrecht, Einkommensteuerrecht und Handesrecht definieren gewisse Sachsen recht unterschiedlich.
Was ich versucht hatte mit meinem Beitrag klar zu machen, dass unter Umständen hier Haftungsfallen auf sie lauern.
Ob Sie die ausschließen können und wie groß die tatsächlich sind, kann und will ich mangels Detailinformation und dem bereits erwähnten Thema Beratung nicht sagen.
Das gehört in die Hände eines Anwalts oder Steuerberaters.
Auch beim Thema Finanzierung von kombinierten eigen- und fremdgenutzten Objekten gibt es einige Dinge zu beachten. Auch das sollte unbedingt mit einem Steuerberater besprochen werden.