Kann mir jemand erklären, in welchen Fällen einer Selbstständigkeit eine Berufsunfähigkeitsversicherung sinnvoll ist?
Ein Musiker wird sich ja wohl kaum seine Ohren und ein Maler seine Hände versichern lassen können, oder? Darüberhinaus habe ich gehört, dass jedweder Anspruch sowieso verfällt, wenn einem im Laufe des Lebens mal Depressionen diagnostiziert wurden. Also wer weiß mehr darüber?
leider ist zu diesem Thema viel Unsinn im Netz zu lesen. Ich kläre das aber gerne auf:
IN §2 jeder guten Berufsunfähigkeitsversicherung steht, dass sie zahlt, wenn man wegen Krankheit, Unfall oder mehr als dem Alter entsprechendem Kräfteverfall seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er in gesunden Tagen ausgestaltet war, zu mindestens 50 % nicht mehr ausüben kann.
Wenn eine Versicherung einen selbständigen Maler oder Musiker versichert, muss sie auch zahlen wenn §2 eintritt. Sollte er dann z.B. wegen Gicht an den Händen nicht mehr Malen können oder wegen einer psychischen Krankheit kreativ blockiert sein, bekommt er die vereinbarte Rente wenn das zu über 50 % BU führt.
Eben deshalb wird jede Versicherung solche Berufe schon im Antragsprozess herausfiltern. Eine Modedesignerin die ich beraten habe hat z.B. nur eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer Ausschlussklausel angeboten bekommen in der stand, dass ein Wegfall der Kreativität nicht als Grund für BU akzeptiert wird. Mehrere andere Versicherer lehnten diesen Beruf direkt ab.
Der Versicherer hat nur im Antragsprozess die Möglichkeit auf solche speziellen Berufe einzugehen. Wenn jemand seinen Beruf wechselt während er versichert ist, bleibt er für den zuletzt ausgeübten Beruf versichert, auch wenn das dann ein Beruf ist den der Versicherer eigentlich abgelehnt hätte. Ein Berufswechsel während der Versicherungsdauer muss übrigens nicht der Versicherung gemeldet werden.
Ähnlich ist es mit den psychischen Krankheiten. Man muss im Antrag alle Fragen korrekt beantworten. Und wenn dort nach psychischen Krankheiten gefragt wird und man Ja ankreuzen muss, wird das mindestens zu Rückfragen, manchmal auch gleich zur Ablehnung des Antrages führen.
Gute Anbieter differenzieren hier aber stark. So wird jemand der monatelang in einer psychiatrischen Klinik behandelt wurde mit Sicherheit immer abgelehnt werden. Ich hatte aber auch schon Kunden die wegen einer Scheidung oder dem Tod der Mutter ein paar Sitzungen bei einem Psychologen hatten und die problemlos versichert wurden.
Ob jemand seinen Beruf als Selbständiger oder als Angestellter ausübt spielt bei §2 keine Rolle. Es gibt aber einen anderen Paragraphen auf den die Selbständigen achten müssen. Dort steht nämlich, in wie weit die Versicherung die Zahlung davon abhängig machen kann, ob dem Selbständigen eine Umorganisation seines Betriebes zuzumuten ist.
Einem Unternehmer mit 500 Mitarbeitern z.B. kann man sicher zumuten für einen Teil seiner Aufgaben jemand anderen einzusetzen um weiter arbeiten zu können während ein allein arbeitender IT Berater das natürlich nicht kann.
Für Angestellte gilt dieser Paragraph natürlich nicht weil sie in aller Regel zu wenig Einfluss auf den Betrieb haben um eine Umorganisation zu erzwingen.
Mancher Versicherer spricht aber im Schadenfall auch mit dem Arbeitgeber wenn der Versicherte das wünscht. Der Versicherer hat ja ein großes Interesse daran, dass der Erkrankte schnell wieder in seinen alten Job zurück kann. Wenn das durch eine Umorganisation möglich ist, warum nicht.
Zur Eingangsfrage wann eine BU Versicherung sinnvoll ist:
Immer dann, wenn man vom Arbeitseinkommen wichtige Kosten bestreiten muss, ist die Absicherung dieses Einkommens sinnvoll.
Das hängt meiner Meinung nach nicht vom Beruf ab. Wer als Ingenieur zu 100 % im Büro arbeitet kann auch Berufsunfähig werden. Dazu muss man nicht Dachdecker sein.
Die meisten Berufsunfähigkeitsfälle treten ja nicht auf weil jemand vom Dach gefallen ist, sondern weil eine psychische oder körperliche Krankheit die Fortführung des Jobs verhindert.
Natürlich ist das Risiko für den Dachdecker, Maurer, Fernfahrer usw. höher als für den Ingenieur am Computer. Deshalb gibt es unterschiedliche Berufsgruppen mit unterschiedlichen Beiträgen für die gleiche Versicherung. Wer ein geringes Risiko hat zahlt viel weniger für den gleichen Schutz als der mit hohem Risiko.
MfG
Alexander Reibold
Freie Finanzberatung
Neuburg an der Donau
Ähnlich ist es mit den psychischen Krankheiten. Man muss im Antrag alle Fragen korrekt beantworten. Und wenn dort nach psychischen Krankheiten gefragt wird und man Ja ankreuzen muss, wird das mindestens zu Rückfragen, manchmal auch gleich zur Ablehnung des Antrages führen.
Gute Anbieter differenzieren hier aber stark. So wird jemand der monatelang in einer psychiatrischen Klinik behandelt wurde mit Sicherheit immer abgelehnt werden. Ich hatte aber auch schon Kunden die wegen einer Scheidung oder dem Tod der Mutter ein paar Sitzungen bei einem Psychologen hatten und die problemlos versichert wurden.
Niemals einfach nur "psychische Krankheiten in den letzten X Jahren" mit "ja" ankreuzen. Da landet man schnell in einer Hochrisiko-Liste und bekommt keinen Versicherungsschutz mehr.
Immer eine anonyme Risikovoranfrage duchführen lassen. Macht auch Check24 wenn man will.
Wie @Malapascua bereits sagte hilft es immer vorab eine anonyme Voranfrage zu stellen, sowas machen Makler für einen.
Großer Vorteil dabei ist dass du aufgrund der Anonymität nicht automatisch auf der Blacklist eines Versicherungsunternehmens landest.
Was mir in Alexanders sehr ausführlicher Antwort (danke dafür, sowas braucht das Forum!) noch gefehlt hat ist die Alternative der Erwerbsunfähigkeitsversicherung.
Die schützt ebenfalls falls man nicht mehr arbeiten kann, oft sogar zu günstigeren Konditionen als bei einer BU-Versicherung, außerdem sind Versicherungen zum Schutz bei Erwerbsunfähigkeit bei risikobehafteten Berufen leichter zu bekommen.
Der Unterschied: Eine EUV zahlt nur dann wenn du durch Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverlust nicht mehr in der Lage bist deiner Arbeit nachzugehen, unabhängig vom Beruf.
Hänge dir dazu mal noch einen Link an, dort steht auch mehr zu Kosten und Leistungen: https://www.wefox.de/berufsunfaehigkeitsversicherung/
Grundsätzlich gilt bei einer BU-Versicherung: IMMER die Wahrheit sagen, Versicherungen sind dazu berechtigt ärztliche Berichte anzufordern.