Dass momentan weitere Verfahren bereits an OLGs anhängig sind, sieht man ebenfalls an der Liste von test.de. Inwieweit diese Informationen auch noch zum Stand meines Beitrags hier anhängig sind, ist mir nicht bekannt.
Landgericht Braunschweig, Urteil vom 29.12.2016
Aktenzeichen: 6 O 58/16 166 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwalt Dr. Frank König, Leverkusen
Besonderheit: Soweit test.de bekannt hat erstmals überhaupt hat ein deutsches Gericht VW direkt wegen der Lieferung eines Skandal-Autos verurteilt – nicht als Hersteller allerdings, sondern als Verkäufer. Der Käufer, der seinen Wagen direkt von VW gekauft hatte, war nach Ansicht des Landgerichts Braunschweig berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten. VW muss ihm jetzt den Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung erstatten. Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Einige weitere Details zum Urteil auf der Homepage des Klägeranwalts. VW hat inzwischen Berufung eingelegt. Das Verfahren ist beim Oberlandesgericht Braunschweig unter dem Aktenzeichen: 7 U 17/17 anhängig.
[neu 06.03.2017 Berufung eingelegt]
Landgericht Braunschweig, Urteil vom 12.10.2016
Aktenzeichen: 4 O 202/16 (nicht rechtskräftig)
Klägervertreter: Rechtsanwälte Teigelack Fromlowitz Vollenberg, Essen
Besonderheit: Jetzt hat auch das Landgericht Braunschweig in einem VW-Skandal-Fall verbraucherfreundlich geurteilt. Es verurteilte einen auf EU-Neuwagen spezialisierten Autohändler aus dem Raum Wolfsburg dazu, einen Skoda Fabia 1.6 TDI Klima zurückzunehmen. Er muss den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer . Der Käufer des Wagens hatte dem Händler im Oktober 2015 kurz nach Bekanntwerden des VW-Skandals aufgefordert, den Wagen nachzubessern. Er ließ ihm dafür drei Wochen Zeit. Doch weder bis dahin noch später geschah etwas. Daraufhin trat der Mann vom Vertrag zurück und erhob Klage.
Klarer Fall für das Landgericht Braunschweig: Der Wagen war wegen der Abschaltung der Abgasreinigung im Fahrbetrieb mangelhaft, auch wenn der Wagen ansonsten einwandfrei fuhr. Es handele sich auch nicht um einen bloß geringfügigen Mangel. So lange die Nacherfüllung nicht erfolge, könne sich der Händler nicht darauf berufen, dass eine solche Nacherfüllung mit geringem Kostenaufwand möglich sei. Das Urteil ist für VW von besonderer Bedeutung. Das Landgericht Braunschweig ist für alle Klagen gegen den Autohersteller mit einem Streitwert von über 5000 Euro zuständig. Das vor dem Landgericht Braunschweig unterlegene Autohaus hat inzwischen Berufung eingelegt. Sie ist beim Oberlandesgericht Braunschweig unter dem Aktenzeichen 8 U 99/16 anhängig. Weitere Einzelheiten im Bericht auf der Homepage der Rechtsanwaltskanzlei.
Landgericht München I, Urteil vom 14.04.2016
Aktenzeichen: 23 O 23033/15
Klägervertreterin: Rechtsanwältin Katharina Deckert, München
Besonderheit: Das Landgericht München I verurteilte einen Seat-Händler dazu, ein nicht genanntes Modell der spanischen Marke Seat aus dem VW-Konzern mit 1,6 Liter-TDI-Motor mit 66 Kilowatt/90 PS zurückzunehmen und den Kaufpreis zu erstatten. Die in den technischen Daten von VW angegebenen Werte für den Schadstoffausstoß führten beim Kauf des Autos durch den Kläger zu einer sogenannten „Beschaffenheitsvereinbarung“. Der gelieferte Wagen entspreche dieser Beschaffenheitsvereinbarung nicht. Mehr noch: Es liege eine arglistige Täuschung vor. Der Händler – anders als viele andere Vertragshändler selbst ein Tochterunternehmen des Volkswagen-Konzerns – müsse sich die bewusst falschen Hersteller-Informationen über den Schadstoffausstoß zurechnen lassen. Nach Ansicht des Landgerichts München I hätte der Kläger damit über die Rückgabe des Autos hinaus Anspruch auf vollen Schadenersatz. Der Händler hätte ihn so stellen müssen, als hätte er den Wagen nie gekauft.
Der Autohändler hat gegen das Urteil Berufung einlegt. Die ist beim Oberlandesgericht München unter dem Aktenzeichen 20 U 2258/16 anhängig. Inzwischen liegt die Berufungserwiderung von Rechtsanwältin Katharina Deckert vor. Einen Termin hat das Gericht noch nicht anberaumt.
Oberlandesgericht Celle, Beschluss vom 30.06.2016
Aktenzeichen: 7 W 26/16
Klägerinvertreter: Rechtsanwälte Dr. Stoll & Sauer, Lahr
Besonderheit: Laut Oberlandesgericht Celle hat die Käuferin eines vom VW-Skandal betroffenen Skoda Anspruch auf Prozesskostenhilfe, wenn sie ein entsprechend geringes Einkommen hat. Das Landgericht hatte ihren Antrag abgelehnt. Es sah keine Aussicht auf Erfolg. Anders das Oberlandesgericht: Fahrzeuge mit einer manipulierten Abgassoftware weisen einen Mangel im Sinne des Kaufrechts auf, entschieden die Richter dort.
Ob die Nacherfüllung durch Nachrüstung anderer Software unmöglich sei, könne nicht im Prozesskostenhilfeverfahren, sondern nur im Klageverfahren entschieden werden. Der VW-Skandal werfe schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rechtsprechung nicht geklärt seien und die nicht im Prozesskostenhilfeverfahren geklärt werden könnten. Diese Fragen müssten vielmehr einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zugeführt werden. Offen sei insbesondere die im vorliegenden Fall nur durch einen Sachverständigen zu überprüfende Frage, ob der Mangel an der Abgassoftware beispielsweise mittels eines Software-Updates folgenlos beseitigt werden kann oder ob eine technische und/oder merkantile Wertminderung des Fahrzeugs zurückbleibe.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 21.06.2016
Aktenzeichen: 28 W 14/16
Klägerinvertreter: Rechtsanwaltskanzlei Bernhard Pohl, Marl
Besonderheit: Laut Oberlandesgericht Hamm hat die Käuferin eines vom VW-Skandal betroffenen VW Polo Trendline 1,6 TDI Anspruch auf Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Neulieferung eines solchen Wagens mit korrekter Abgasreinigung. Das Landgericht Essen hatte ihren Antrag noch abgelehnt, weil die Neulieferung wahrscheinlich unverhältnismäßig wäre, VW dürfe zunächst versuchen, den Wagen der Klägerin nachzurüsten. Das überzeugte die Oberlandesrichter nicht. „Die Antragsgegnerin beruft sich hier weder auf die Unmöglichkeit der Nachlieferung (§ 275 Abs. 2 BGB) noch auf die Unzumutbarkeit des damit verbundenen Aufwandes (§ 275 Abs. 3 BGB), sondern auf die Unverhältnismäßigkeit der mit dieser Form der Nacherfüllung verbundenen Kosten. Über diesen Einwand, dessen Berechtigung nicht unzweifelhaft ist, ist nicht im summarischen Prozesskostenhilfeverfahren zu entscheiden, dies ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten“, heißt es in der Begründung der Entscheidung.
Oberlandesgericht Hamm, Informeller Hinweis vom 04.04.2017
Aktenzeichen: 28 U 106/16
Klägerinvertreter: WKF Winthuis § Collegen, Paderborn
Besonderheit: Gestritten wurde darum, ob ein Autohändler beim Verkauf eines Skandalautos nach Bekanntwerden des Skandals im September 2015 von sich aus drüber informieren muss, dass bei dem Wagen die Abgasreinigung nur im Prüfstand korrekt funktioniert. Das Landgericht Paderborn hatte das noch verneint. Die Richter im 28. Senat am Oberlandesgericht in Hamm ließen erkennen: Sie sind anderer Meinung. Der Händler hätte den Käufer von sich informieren müssen und hat im Zweifel zu beweisen, dass dies geschehen ist. Ein Urteil fiel noch nicht. Es wird Mitte Mai verkündet, wenn sich die Parteien nicht zwischenzeitlich noch gütlich einigen. Die wollen jetzt verhandeln Einige weitere Details in der Pressemitteilung des Gerichts und in der Ankündigung des Verhandlungstermins.
[neu 06.04.2017]
Oberlandesgericht München, Beschluss vom 23.03.2017
Aktenzeichen: 3 U 4316/16
Klägerinvertreter: Mertl Pösl Rechtsanwälte, Rosenheim
Besonderheit: Das Oberlandesgericht München macht im Beschluss über die Kosten des Verfahrens öffentlich, was der Händler und der Käufer eines gebrauchten Golf Bluemotion ausgehandelt haben: Er erhält den Kaufpreis abzüglich von 2 000 Euro Nutzungsenschädigung zurück. Das ist weniger als er überhaupt gefordert hatte. Der großzügige Vergleich sollte wohl ein verbraucherfreundliches Urteil des Oberlandesgerichts München verhindern. Das klappte ja auch. Allerdings hatte das Gericht über die Kosten des Verfahren noch zu entscheiden und nutzt die Gelegenheit, um sich ausführlich und verbraucherfreundlich zur Rechtslage zu äußern. Weitere Einzelheiten und Hintergrund in der test.de-Meldung: OLG München billigt Rücktritt.
[neu 03.04.2017]
Außerdem finden sich in der o.g. Liste weiter unten Hinweise auf oberlandesgerichtliche Entscheidungen zugunsten von Klägern gegen deren Rechtsschutzversicherer (nachdem diese sich weigerten, Klagen im VW-Abgasskandal zu decken).