Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
Hallo Zusammen,
in einen Darlehnvertrag vom 20.10.2011 habe ich folgende abweichung vom Muster der Widerrufsbelehrung gefunden:
..."nachdem der Darlehensnehmer alle pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB(2. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat."
Im Muster steht folgendes:
..."nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach §492 Absatz 2 BGB(z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat."
Ist das eine Abweichung vom Muster, wo ein Widerruf möglioch wäre?
Hallo zusammen,
das mit den neuen Widerrufsbelehrungen ist ein heißes Thema mit extrem viel Auslegungsspielraum. Im §492 BGB ist eindeutig geregelt welche Informationen dem Darlehensnehmer mitgeteilt werden müssen damit die Widerrufsfrist in Gang gesetzt wird. Die allermeisten Darlehensverträge erfüllen diese Informationspflicht nicht. Im Artikel 247 EGBGB sind sämtliche Pflichtangaben aufgelistet. Kaum ein Darlehensvertrag erfüllt diese Voraussetzungen zu 100%.
Dies bedeutet, dass die Klageflut der vergangenen Jahre auf absehbare Zeit nicht abreißen wird.
Leider machen es sich die Gerichte manchmal sehr einfach. Selbst bei teilweise eklatanten Vertragsfehlern werden Klagen der Bankkunden abgewiesen.
Da muss man sich doch fragen warum? Wenn der Gesetzgeber klare Regeln aufstellt sollten sich doch alle daran halten. Insbesondere die Gerichte.
Mal wieder eine interessanter Artikel von Roland Klaus von der IG-Widerruf, gefunden auf Wallstreet-online.
Wenn es wirklich so einfach und eindeutig ist wie es hier beschrieben wird, dann sollten alle Verträge, bei denen in der WRB die zuständige Aufsichtsbehörde als Pflichtangabe aufgezählt wird, widerrufbar sein.
Es heißt in dem Artikel unter anderem: "Zahlreiche Gerichte haben schon entsprechend geurteilt."
Leider habe ich bisher aber noch kein rechtskräftiges Urteil gefunden, welches klar und zweifelsfrei belegt, das rein die falsche Pflichtangabe der zuständigen Aufsichtsbehörde dazu führt dass die Frist nicht zu laufen beginnt.
Außerdem warte ich weiterhin sehnsüchtig darauf, dass endlich mal ein BGH-Urteil zu dieser Thematik auftaucht.
erneut geräubert aus dem Erfahrungs-Thread, pass hier aber definitiv hin.
Damit schwindet meine Hoffnung erfolgreich widerrufen zu können erheblich und ich denke, dass das auch den Artikel von Roland Koch ziemlich entkräftigt, welchen ich im Beitrag 42 verlinkt habe.
Immerhin geht der BGH davon aus dass die WRB trotz der Nennung von falschen Pflichtangaben klar und verständlich ist und somit auch klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist informiert. Die Falschaufzählung von Pflichtangaben sieht der BGH nicht als bedenklich, sofern der DN diese erhalten hat. So interpretiere ich das Urteil jedenfalls.
Bundesgerichtshof entscheidet über die Wirksamkeit einer Widerrufsinformation bei einem Immobiliardarlehensvertrag
Urteil vom 22. November 2016 – XI ZR 434/15
Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute im schriftlichen Verfahren darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen der Darlehensgeber einen Verbraucher als Darlehensnehmer klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist informiert.
Sachverhalt:
Die Kläger schlossen als Verbraucher im August 2010 mit der beklagten Sparkasse einen Immobiliardarlehensvertrag über endfällig 273.000 € mit einer Laufzeit bis zum 30. November 2026. Sie schrieben für zehn Jahre eine Verzinsung in Höhe von 3,95% p.a. fest. Den effektiven Jahreszins gab die Beklagte mit 3,78% p.a. an. Sie erteilte unter Nr. 14 des Darlehensvertrags eine Widerrufsinformation, die unter anderem folgenden Satz (ohne Fußnote) enthielt:
"Die Frist [gemeint: die Widerrufsfrist] beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB* (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten hat".
Als Sicherheit bestellten die Kläger eine Grundschuld. Die Beklagte stellte den Klägern die Darlehensvaluta zur Verfügung. Mit Schreiben vom 29. August 2013 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
Prozessverlauf:
Ihre Klage auf Feststellung, dass sie der Beklagten "aus dem widerrufenen Darlehensvertrag" lediglich 265.737,99 € abzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 32.778,30 € seit dem 30. September 2013 schulden, und auf Leistung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend:
In Übereinstimmung mit dem Senatsurteil vom 23. Februar 2016 (XI ZR 101/15, WM 2016, 706 Rn. 24 ff., zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ, vgl. Pressemitteilung Nr. 48/2016), das dasselbe Formular des Deutschen Sparkassenverlags betraf, hat das Berufungsgericht geurteilt, die äußere Gestaltung der Widerrufsinformation habe den gesetzlichen Anforderungen genügt.
Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, die Widerrufsinformation sei inhaltlich klar und verständlich gewesen. Die Wendung, die Widerrufsfrist beginne "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat", informierte für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Die von der Beklagten zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz angefügten Beispiele entsprachen zwar nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie mit den Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde "Pflichtangaben" benannten, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger nicht einschlägig waren. In der Angabe dieser beiden zusätzlichen Pflichtangaben lag indessen das von den Klägern angenommene vertragliche Angebot der Beklagten, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen.
Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die Beklagte im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat.
Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat.
* § 492 BGB Schriftform, Vertragsinhalt
…
(2) Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten.
…
Vorinstanzen:
LG Heidelberg – Urteil vom 14. Oktober 2014 – 2 O 168/14
OLG Karlsruhe – Urteil vom 25. August 2015 – 17 U 179/14
Karlsruhe, den 22. November 2016
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-5013 Telefax (0721) 159-5501
"Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die Beklagte im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat." Ist das jetzt gut oder schlecht?
"Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat". Wird der Kläger wegen der Fehlerhaften WRB jetz an den Pranger gestellt?
In diesem Sparkassenvertrag wurden die Angaben in Klammern von der Sparkasse abgeändert. Pech für diese Sparkasse. Leider ist im Muster an dieser Stelle keine Rede von einer Aufsichtsbehörde
Jetzt habe ich verstanden, dass es total egal ist was die Bank als Plichtangaben in den DV hineinschreibt allerdings, muss die Bank dann auch liefern.
Bank XY listet bei den Pflichangaben Harry Potter Band 1-7 auf, vergisst aber den 7 Band, Ergo ist die WRB unwirksam weil Band 7 fehlt, Richtig? ;-)
Was der DG bei den Plichtangaben auflistet muss der DG auch liefern, wa ist egal!?!
Zu der Bedeutung habe ich aber noch keine Idee: "Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat". Wird der Kläger wegen der Fehlerhaften WRB jetz an den Pranger gestellt?
AW: Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
um das Thema hier nicht ganz verwaisen zu lassen:
An Alle die interessiert an zusätzlichen Informationen zum aktuellen Geschehen rund um das brisante BGH-Urteil vom 22.11.2016 bzgl. der falschen Pflichtangaben sind, hier der Hinweis dass dieses Thema parallel im Thread "Erfahrungen" deutlich intensiver diskutiert wird/wurde.
Da es dort später in der Masse der Beiträge aber schwer sein wird die entsprechenden Beiträge wiederzufinden, will ich hier den Tipp geben sich einfach am Datum (ab 22.11.) zu orientieren.
Vielleicht kommt hier im passenden Thread künftig ja auch noch etwas dazu...
AW: Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
Da wir nun Alle vom BGH erschrocken vernehmen mussten, dass dieser es nicht so genau nimmt, was in einen Vertrag als gesetzlich gefordert betitelt wird, und gesetzlich nicht geforderte Angaben in einer Widerrufsinformation als unbedenklich ansieht, wenn diese fälschlicher Weise als gesetzlich erforderlich benannt werden, wird es für Alle etwas schwieriger werden einen Widerruf erfolgreich durchsetzen zu können.
Für meinen Fall bedeutet das vermutlich das Aus, ich muss nun aber nochmal ganz genau in Erfahrung bringen wie meine Chancen noch stehen.
1. falsche Pflichtangabe "zuständige Aufsichtsbehörde"
In meiner WRI wird diese "Pflichtangabe" gefordert. Genannt wird sie direkt im Vertragstext nicht, aber sie steht im Europäischen Standardisierten Merkblatt. Dieses wiederrum wird im Vertrag unter
Punkt 28 Als Anlage zum Vertrag genannt und ist hinten mit angetackert, was so aussieht:
Gibt es hier noch Jemanden, der den Eindruck hat, dass die Bank damit vor Gericht ein Problem hat? Ich persönlich (Laienmeinung) gehe davon aus, dass das wasserdicht ist.
2. falsche Pflichtangabe "Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags"
mir ist bis heute nicht gelungen in Erfahrung zu bringen was damit genau gemeint ist, ob es um eine Kündigung seitens DN oder DG gehen muss, und wo, bzw. wie es im Vertrag stehen muss.
In Vertrag finde ich:
Punkt 4: Rücktrittsrecht des DG vor Auszahlung
Punkt 5: Außerordentliches Kündigungsrecht des DG
Punkt 6: Kündigung bei Zahlungsverzug
Punkt7: Ordentliches Kündigungsrecht des DN
Punkt8: Außerordentliches Kündigungsrecht des DN
im ESM finde ich:
Punkt 12: Vorzeitige Rückzahlung, Kündigungsmöglichkeit
Kann mir hier Jemand sagen ob es sich bei einem der Punkte 4-8 im Vertrag oder dem Punkt 12 im ESM um die geforderte falsche Pflichtangabe "Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags" handelt und ob der Inhalt evtl. auch noch von Bedeutung ist?
Wäre super, wenn hier mal Jemand das Licht anmachen könnte ;-)
AW: Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
Hallo,
leider nein.
Aber demnächst müssen wie noch die ESM auf Ihre richtigkeit überprüfen. ;-)
Aber Spaß bei Seite das "Standadiesierte Merklblatt", die Betonung leigt auf "Standadisiert" und darf vom "Muster" nicht abweichen?
VG
wobei Ich den Punkt 4 “Pflichtangabe zu den Kündigungsmöglichkeiten fehlt“ nicht wirklich verstehe bzw. vermute, dass hier ein nicht zum Thema passendes Beispiel angeführt wird.
Punkt 5 - Fehlende Pflichtangaben im „musterlosen“ Zeitraum - finde ich interessant und habe davon bisher noch nicht gehört.
Es gab angeblich einen kurzen Zeitraum in dem es kein gültiges Muster für die WRI gab. Das lässt die Interpretation zu, dass es in der Zeit somit auch keinen Musterschutz gibt?!
Ist aber für mich leider nicht anwendbar, da mein Vertrag nicht in die Zeit fällt.
Punkt 6 -Fehlerhafte Widerrufsbelehrung: „Aufwendungen gegenüber öffentlichen Stellen“ - finde ich jedoch wieder sehr spannend.
Diese Klausel findet sich auch in meiner WRI. Hier würde mich interessieren, in welchem Falle das zur Ungültigkeit der WRI führt und ob es dazu auch schon passenden Urteile gibt? Weiß das hier Jemand?
In meinem Fall hatte Der Darlehensgeber Aufwendungen in Form einer Notarrechnung für Grundbuchänderung. Diese wurde mir dann im Nachgang (deutlich nach der angegebenen Widerrufsfrist im Vertrag) von DG in Rechnung gestellt. Diese habe ich jedoch nie bezahlt und habe auch nie mehr eine weitere Zahlungsaufforderung bzw. Mahnung erhalten.
AW: Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
13.02.2017 | Recht
Vertragsfehler schaffen neuen Widerrufsjoker bei Immobilienkrediten
Sie lernen es offenbar nicht: Selbst in jüngere Wohnimmobilienkreditverträge diverser Banken und Bausparkassen haben sich formale Fehler eingeschlichen. Damit haben Besitzer von Verträgen aus den Jahren 2010 bis 2016 einen neuen Widerrufsjoker in der Hand.
Der Widerrufsjoker für Immobilienkredite ist tot – es lebe der Widerrufsjoker. Wieder hat eine Reihe an Baukreditkunden die Chance, aufgrund von fehlerhaften Widerrufsbelehrungen in Darlehensverträgen vorzeitig aus diesen auszusteigen und einen Kredit zu besseren Konditionen neu abzuschließen. Darüber berichtet die Zeitung "Die Welt".
Den "alten" Widerrufsjoker für Wohnkredite hatte die Bundesregierung bekanntlich im März 2016 abgeschafft. Bis dahin konnten Verbraucher, die Altverträge aus der Zeit zwischen 2002 und Juni 2010 besaßen, diese mit Verweis auf fehlerhafte Widerrufsbelehrungen praktisch unbegrenzt kündigen.
Der neue Joker bezieht sich auf dagegen auf Darlehensverträge, die ab dem 11. Juni 2010 geschlossen wurden. Dem Bericht zufolge hakt es diesmal nicht allein bei den Widerrufsinformationen, die häufig nicht den Mustervorlagen des Gesetzgebers entsprechen. Auch bei den sogenannten Pflichtangaben für Verbraucher gibt es viele Lücken, wie Juristen der Zeitung gegenüber erklärten. Typische Fehler
Analog zu den Altverträgen führen diese Fehler dazu, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann. Kunden können damit das Darlehen praktisch jederzeit kündigen, auch Jahre nach der Unterschrift unter den Vertrag. Dieser neue Joker ist zudem laut der Zeitung nicht von dem Gesetz der Regierung betroffen und damit unbefristet. Selbst fehlerhafte Immobiliendarlehen, die ab dem 21. März 2016 abgeschlossen wurden, lassen sich widerrufen – wenngleich nicht ewig: Für diese Verträge erlischt das Widerrufsrecht nach einem Jahr und 14 Tagen ab Vertragsschluss.
Die Zeitung listet auch die typischen Fehler der Kreditinstitute auf: Die Chance für Kunden stünden beispielsweise gut, wenn in den Widerrufsinformationen die Rede von einer "zuständigen Aufsichtsbehörde" ist, die aber gar nicht konkret benannt wird. Oder wenn der Mustertext auch nur um ein einziges Wörtchen wie "dann" verändert wurde und die Bankjuristen eigene Formulierungen wählten. Zu den weiteren häufigsten Mängeln zähle, dass Banken bei den Pflichtangaben vergessen haben, Formalien wie die Höhe des Effektivzinses, die Feuerversicherung und andere Kosten aufzuführen, die insgesamt auf den Kunden zukommen. (jb)
AW: Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
Hallo,
ich habe gestern meine DV Unterlagen an RE Gansel zur Prüfung versendet. Neben der Prüfung der WB habe ich nich auf weitre Umstände im DV hingewiesen.
"In der Unterlagen finden sich weitere, merkwürdige Sachverhalte wie fehlender Zins u. Tilgungsplan oder auch ein fehlendes EMS. Die fehlenden Unterlagen befinden sich vermutlich in der DV Ausfertigung für den Kunden, hiervon habe ich aber nur eine Kopie der 1. Seite erhalten. In der Änderungsvereinbarung vom 02.04.2012 wird sich auf den am 02.04.2012 geschlossenen Darlehnsvertrag bezogen. Bei Unterschrift der Änderungsvereinbarung am 02.04.2012 habe ich aber keine Widerrufsbelehrung erhalten weder für den am 16.03.2012 geschlossen DV erhalten noch eine Widerrufsbelehrung für den angeblich am 02.04.2016 geschlossenen Darlehnsvertrag."
Bin gespannt auf die Einschätzung vom Fachmann ;-)
Auf der Homepage von Gansel Rechtsanwälte findet sich der Punkt "Bauspardarlehen mit dem Passus "Zins/Konditionen fest bis Zuteilung". Dort heisst es, die Angabe "fest bis Zuteilung" wäre kein konkreter Zinsbindungszeitraum. Dies hätte zur Folge, dass nach gesetzlicher Regelung eine ordentliche Kündigungsfrist von drei Monaten gelte, und es dann widerrufbar wäre.
Ich habe ein Vorausdarlehen (Zinszahlungsdarlehen) am 8.6.2010 abgeschlossen, dass voraussichtlich 2023 durch einen Bausparvertrag abgelöst werden soll. Im Vertrag steht im Abschnitt KONDITIONEN "Der Sollzinssatz ist gebunden bis zur Zuteilung." Im Abschnitt KÜNDIGUNG steht "Der Darlehensnehmer kann das Vorausdarlehen nur nach den Bedingungen der §§ 489, 490 Abs. 2 BGB kündigen."
Widerrufen kann ich das Vorausdarlehen wohl nicht mehr, da vor dem 10.6.2010 abgeschlossen. Knapp daneben ist auch vorbei
Kann ich mein Darlehen evtl. mit einer Frist von drei Monaten kündigen? Den BGB 489 habe ich so verstanden, dass ein Darlehen mit Zinsbindung frühesten nach zehn Jahren mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden kann.
AW: Falsche Pflichtangaben in Verträgen nach dem 10.06.2010
Bahnbrechendes Urteil des Landgerichts Aurich im Kreditwiderruf für Darlehensverträge ab Juni 2010
11.05.2017 Noch ein Fehler in zahlreichen ab Sommer 2011 geschlossenen Sparkassen-, Volks*bank-, PSD- und SKG-Kredit*verträgen: „Der Darlehens*nehmer hat dem Darlehens*geber auch die Aufwendungen zu ersetzen, die der Darlehens*geber gegen*über öffent*lichen Stellen erbracht hat und nicht zurück*verlangen kann“, heißt es dort. Solche Aufwendungen gab‘s jedoch in der Regel nicht. Der Hinweis suggeriere dann*fälsch*lich mit dem Widerruf verbundene Zahlungs*pflichten und sei geeignet, Kreditnehmer davon abzu*halten, von ihrem Widerrufs*recht Gebrauch zu machen, urteilte das Land*gericht Aurich. Das ging es um einen Vertrag der Volks*bank Kehdingen eG.
Stichwort: Nachholung der vermeintlichen Pflichtangabe der zuständigen Aufsichtsbehörde (per Kontoauszug)
Bekanntlich unternehmen einzelne Sparkassen den Versuch, „klammheimlich“ die unterlassene Angabe der Aufsichtsbehörde nachzuholen, indem sie diese Angabe kommentarlos auf Kontoauszügen der Darlehensnehmer platzieren.
Darüber hatte bereits die Stiftung Warentest (Chronik der Ereignisse vom 10.01.2017) berichterstattet. Dieser Versuch, eine rechtswirksame Nachholung zu fingieren, ist nach Auffassung der Verbraucheranwälte zum Scheitern verurteilt. Denn die Widerrufsfrist wird gem. § 492 Abs. 6, S. 4 BGB nur unter der Voraussetzung in Gang gesetzt, dass gleichzeitig über die in diesen Fällen maßgebliche neue Widerrufsfrist von einem Monat nach Erhalt der nachgeholten Angaben aufgeklärt wird. Dies gilt nach meiner Auffassung auch für vermeintliche Pflichtangaben wie die der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Die Hamburger Sparkasse jedenfalls verneint flächendeckend in derartigen Fällen die Widerrufbarkeit, weil sie mit der „Nachbelehrung“ ihren Informationspflichten Genüge getan habe
Frage: Ist jemand eine bereits ergangene einschlägige Gerichtsentscheidung oder zumindest ein anhängiges Verfahren zu dieser Streifrage bekannt?
Ich habe in 3 Fällen nichtrechtsschutzversicherter Mandanten die Schlichtungsstelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband angerufen und werde zu gegebener Zeit über den Ausgang des Verfahrens berichten.
Fehlende Pflichtangaben innerhalb des Darlehensvertrags
Kopiert aus dem Erfahrungsthreat:
Zitat von RA-Kaiser
Leider fehlt mir die Zeit um mich hier intensiv an den Diskussionen zu beteiligen. Einen Beitrag unserer Kanzlei zu einem von uns erstrittenen Urteil des OLG Frankfurt wollte ich allerdings mit Euch teilen, weil es für "neue Darlehensverträge" ab dem 11.06.2010 richtungsweisend ist:
Unter ausführlicher Begründung der Rechtslage wies sodann das OLG Frankfurt am Main die beklagte Bank mit Beschluss vom 09.01.2017 darauf hin, dass es beabsichtige, die Berufung der Beklagten durch Beschluss zurückzuweisen.
Hierauf nahm die beklagte Bank ihre Berufung bezüglich der Darlehensverträge aus Januar 2008 zurück, hielt die Berufung bezüglich des Darlehensvertrages aus Oktober 2010 jedoch weiterhin aufrecht. Zur Begründung verwies die beklagte Bank auf das Urteil des BGH vom 22.11.2016 zum Az. XI ZR 434/15, wonach auch die beispielhafte Nennung von „falschen Pflichtangaben“ innerhalb einer Widerrufsinformation in Ordnung sei, wenn diese Angaben dem Verbraucher in den Vertragsunterlagen tatsächlich mitgeteilt werden. Dies sei in diesem Fall auch innerhalb der in den Vertrag ausdrücklich einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen geschehen. Diese Begründung überzeugte das OLG Frankfurt am Main jedoch nicht. Nach dem Urteil des EuGH vom 09.11.2016 zum Az. C-42/15 sei zwar die Mitteilung innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers und nicht innerhalb des vom Verbraucher unterzeichneten Darlehensvertrages grundsätzlich möglich. Zur Wahrung des Verständlichkeitsgebots muss der Kreditvertrag dann jedoch einen klaren und prägnanten Verweis auf die einschlägigen spezifischen Abschnitte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kreditgebers enthalten und damit dem Verbraucher ermöglichen, genau zu erkennen, an welcher Stelle die einzelnen Elemente der zwingenden Angaben zu finden sind, die nicht in dem vom Verbraucher unterzeichneten Kreditvertrag aufgeführt sind. Einen solchen konkreten Hinweis auf die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Bank enthaltenen Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und auf die Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde enthält der vom Verbraucher unterzeichnete Verbraucherdarlehensvertrag jedoch nicht, entschied das OLG Frankfurt am Main und wies damit auch die noch aufrecht erhaltene Berufung der beklagten Bank zurück.
Dieses inzwischen rechtskräftige Urteil sowie und insbesondere das Urteil des Europäischen Gerichtshofs eröffnen Verbrauchern ganz neue Möglichkeiten ihre Darlehensverträge aus dem Zeitraum 2010 bis 2016 zu widerrufen. Denn unsere Prüfung von Darlehensverträgen zahlreicher Banken aus diesem Zeitraum hat ergeben, dass eine Vielzahl an Banken die gesetzlich vorgeschriebenen bzw. vertraglich zugesicherten Pflichtangaben dem Verbraucher tatsächlich teilweise innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder innerhalb des Europäischen Standardisierten Merkblattes mitteilen, ohne auf diese Angaben innerhalb des unterzeichneten Verbraucherdarlehensvertrages konkret zu verweisen, obwohl dies – wie aufgezeigt – nach jüngster Rechtsprechung des EuGH zur Wahrung des Verständlichkeitsgebots zwingend notwendig ist.
Zitat von sebkoch
könnten Sie da bitte ein Aktenzeichen mitteilen, da der 23. Senat am OLG Frankfurt das mit Urteil vom 27.02.2017 exakt gegenteilig entschieden hat (NZB bei BGH ist anhängig).
Zitat von RA-Kaiser
Das Aktenzeichen ist 25 U 110/16. Die Entscheidung ist vom 25. Zivilsenat in Kassel. Könnten Sie mir bitte das Aktenzeichen der von Ihnen erwähnten Entscheidung nennen?!
Zitat von sebkoch
23 u 12/16
Zitat von RA-Kaiser
Vielen Dank. Ich kann Ihnen das Urteil gern auch zur Verfügung stellen, da es in Ihrem Fall offenbar sehr relevant sein kann.
AW: Fehlende Pflichtangaben innerhalb des Darlehensvertrags
Viele neuere Darlehensverträge trotz wirksamer Widerrufsinformation widerruflich
Auch zahlreiche nach dem 10.06.2010 abgeschlossene Immobiliardarlehensverträge, bei denen das zutreffende amtliche Muster der Widerrufsinformation verwendet wurde, sind weiter widerruflich, da die Pflichtangaben, von deren Nennung im Vertrag der Lauf der Widerrufsfrist abhängt, nicht oder fehlerhaft genannt werden.
In vielen untersuchten Verträgen ist aber zudem der Effektivzinssatz fehlerhaft angegeben, der ebenfalls eine Pflichtangabe darstellt. Fehlerhafte Pflichtangaben sind aber nach wohl überwiegender Auffassung wie fehlende Pflichtangaben zu behandeln, dazu MüKoBGB/Schürnbrand, 6. Aufl. 2012, BGB § 495 Rn. 10, sodass dann die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann.
Viele Banken haben entgegen den Vorgaben von § 6 Abs. 4 und 5 PAngV, der Art 19 der Verbraucherkreditrichtlinie umsetzte, bei der Berechnung des Effektivzinssatzes den vertraglichen Sollzinssatz auf die gesamte Vertragslaufzeit berechnet, was jedenfalls in der Fassung des § 6 der PAngV bis 31.12.2012 mit der zugehörigen Anlage falsch sein dürfte. Nach der Anlage zur PAngV in der maßgeblichen Fassung war vielmehr bei Verbraucherdarlehen mit anfänglicher Festzinsvereinbarung, die nach Auslaufen der Festzinsvereinbarung (wie meistens) variabel weiterzuverzinsen sind, nach Ablauf der Festzinszeit der Zinssatz für variabel verzinste Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zugrunde zu legen, der regelmäßig niedriger war. Häufig führt dies zu dem seltsam anmutenden Ergebnis, dass der Effektivzinssatz sogar unter dem Nominalzinssatz der Festzinsvereinbarung liegt. Dennoch ist diese gesetzliche Regelung eindeutig (dies bestätigend Wimmer BKR 2011, 6, 9).
Ist dies nicht getan worden, so eröffnet sich ein weiterer Punkt, um die Darlehensverträge wegen fehlerhafter Pflichtangaben zu widerrufen.
AW: Fehlende Pflichtangaben innerhalb des Darlehensvertrags
Ist hier Jemandem das Urteil 6 O 82/16 vom LG Offenburg bekannt, bzw. kann Jemand einen Link oder das Dokument bereitstellen?
Angeblich hat das LG geurteilt, dass die Angabe von Pflichtangaben in einem Merkblatt (ESM) nicht zulässig sind. Mich würde die genaue Argumentaton des LGs interessieren.
Nachtrag:
Außerdem würde mich in selber Weise das Urteil 14 O 121/17 interessieren. Angeblich war auch hier die Aufsichtsbehörde das entscheidende Thema, jedoch ist der Vertrag vom 10.06.2016 also genau der Stichtag nachdem die ältern Verträge nicht mehr angreifbar sind.