Zitat von
Aikido
Ich kenne hierzu folgende Rechtsquellen:
- Aufsatz in der NJW von Servais (NJW 2014, 3748, 3749) zur variablen Berechnung
- Das Urteil vom LG Hannover, AZ: 8 O 85-13 vom 21.11.2013
- Landgericht Nürnberg vom 19.10.2015 zum AZ: 6 O 7441/14
Ergänzend:
- Aufsatz " Die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verbraucherdarlehensverträgen unter
besonderer Berücksichtigung des Wertersatzes für die Kapitalüberlassung" in der WM von Piekenbrock/Rodi, WM 2015, 1085-1093
" (2) Dynamisch-konsensbezogene Methode
Neuerdings mehren sich jedoch die Stimmen, die eine solche statische Betrachtung für nicht sachgerecht
erachten und stattdessen eine zeitabschnittsweise dynamische Ermittlung des Wertersatzes fordern.
83 Namentlich Servais hat sich dafür ausgesprochen, den objektiven Gebrauchswert anhand der
EWU-Zinsstatistik monatlich neu festzulegen.84 Er begründet dies zum einen mit der Überlegung, dass
es für den objektiv zu bestimmenden Nutzungswert der Valuta für einen bestimmten Monat keinen Unterschied
machen könne, wann das entsprechende Darlehen aufgenommen wurde bzw. wie sich zum
damaligen Zeitpunkt das Zinsniveau dargestellt hat. Andernfalls wäre der Nutzungswert für denselben
Monat bei unterschiedlichen Darlehen unterschiedlich hoch, was mit der Einstufung als objektivem Wert
nicht in Einklang zu bringen und im Übrigen auch nicht gerechtfertigt sei. Außerdem werde auch in anderen
Kontexten - etwa bei der zeitlinearen Wertminderung bei Kraftfahrzeugen - der zeitliche Vollzug
des Vertrages nicht ausgeblendet.
Ferner werde die zeitliche Komponente durch die Rechtsprechung im Widerrufsfolgenrecht auch bereits
durch die Vermutung berücksichtigt, dass Kreditinstitute aus erhaltenem Geld Nutzungen in Höhe des
Verzugszinsens (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) ziehen,85 der aufgrund der Koppelung an den dynamischen
Basiszins (§ 247 BGB) selbst variabel ist. Schließlich sei eine dynamische Betrachtung auch nach Sinn
und Zweck des Widerrufsrechts geboten. Denn dieses solle dem Verbraucher die Möglichkeit geben,
den Vertragsschluss noch einmal zu überdenken. Wenn nun aber für die Ermittlung des Wertersatzes
auf das Zinsniveau zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abgestellt wird, werde der Verbraucher trotz
des Widerrufs insoweit dennoch am Vertrag festgehalten. Auch der Gesetzeswortlaut begünstige eine
dynamische Betrachtung, da § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB 2002-I die Rücktrittsvorschriften lediglich für „entsprechend“
anwendbar erklärt habe und die vertragliche Vereinbarung nach § 346 Abs. 2 Satz. 2 BGB
lediglich „zugrunde zu legen“ sei."
" (5) Variable Verzinsung
Schließlich könnte als fünfte Möglichkeit der Aspekt der ursprünglich vereinbarten Zinsbindung auch
völlig außer Betracht gelassen werden, da der Vertrag vollständig widerrufen worden ist. Zur Ermittlung
des marktüblichen Zinssatzes wäre dann nicht auf Verträge mit Zinsbindung abzustellen, sondern auf
solche mit variabler Verzinsung (§ 489 Abs. 2 BGB), die etwa durch einen festen Zuschlag zu einem Referenzzinssatz
wie dem Euribor bestimmt wird.87 Freilich sind auch diese Darlehen nur in dem Sinne dynamisch,
dass sie in bestimmten Abständen - beispielsweise zum Monatsersten - an die aktuelle Zinsentwicklung
angepasst werden.88"
- Dr. Claire Feldhusen: Rückzahlungsverpflichtungen nach Widerruf von Immobiliardarlehensverträgen (BKR 2015, 441)
"b) Periodische Berechnung des Wertersatzes anhand des monatlichen Marktzinses
Bei der Berechnung des Gebrauchsvorteils der Kapitalnutzungsmöglichkeit ist nach den vorangegangenen
Überlegungen eine zeitabschnittsweise Berechnung vorzugswürdig . Das bedeutet, dass der jeweils marktübliche
Zinssatz für jeden Monat zu ermitteln ist, in dem die Kapitalnutzungsmöglichkeit für den Darlehensnehmer
tatsächlich bestanden hat. Damit wird der zeitliche Vollzug des Darlehens berücksichtigt. Diese Methode verhindert,
dass abhängig vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Kapitalnutzung in ein und demselben Jahr für Verbraucher
unterschiedlich teuer wird. Anders als bei einer pauschalen Anwendung des marktüblichen Zinssatzes bei
Vertragsschluss auf die gesamte Vertragslaufzeit bis zum Widerruf ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei
dieser Berechnungsmethode nicht mehr relevant . Das Widerrufsrecht dient in erster Linie dem Übereilungsschutz,
weswegen es mit Sinn und Zweck des Widerrufsrechts nicht zu vereinbaren ist, wenn an der vertraglichen Abrede
festgehalten wird. Auch der Wortlaut des Gesetzes streitet hierfür. Denn § 346 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbs. BGB ordnet
an, dass der Vertragszins lediglich „zugrunde zu legen“ ist, worauf § 346 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbs. BGB Bezug
nimmt. Bei sprachlicher Auslegung dieser Vorschrift im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen kann daher der
Vertragsabschlusszeitpunkt zur Ermittlung des tatsächlichen Gebrauchsvorteils nur gedanklich als zeitlicher
Ausgangszeitpunkt gewählt werden und nicht als Basis für seine Berechnung . Hätte der Gesetzgeber gewollt,
dass der Wert des Gebrauchsvorteils im Vertragszeitpunkt zu Grunde zu legen ist, hätte er eine entsprechende
Formulierung gewählt. Bei der Berechnung des objektiven Wertes der Kapitalnutzungsmöglichkeit müssen vielmehr
spätere Wertentwicklungen zwingend berücksichtigt werden .
Für eine dynamische Berechnungsmethode spricht zudem, dass die Höhe der Zinspflicht des Darlehensnehmers
abhängig ist vom Zeitpunkt des Widerrufs. Die Ausübung des Widerrufsrechts hängt in der Praxis oftmals davon ab,
wie wahrscheinlich eine Rückerstattung ist. Unter Umständen warten Darlehensnehmer zunächst ab, ob die
Rechtsprechung eine Formulierungen in einer insoweit mit der seinem Vertrag beigefügten wortlautidentischen
Widerrufsbelehrung für fehlerhaft hält, sodass sich der Zeitpunkt der Abgabe der Widerrufserklärung verzögert.
Dieses Risiko ist aber dem Bereich des Darlehensgebers zuzurechnen, da er die fehlerhafte Widerrufsbelehrung
formuliert hat."