leseprobe schrieb am 16.11.2015 um 13:07 Uhr:
EK-Rendite: Gewinn vor oder nach Steuern?
Im Musterbrief von test.de heisst es:
"Maßgeblich ist, wie viel Eigenkapitalrendite _vor_ Steuern Sie in der Zeit ab Beginn der Zahlung meiner Raten an Sie erwirtschaftet haben."
Dem gegenüber beschreibt diese* Quelle, dass der Gewinn _nach_ Steuern maßgeblich sei:
"Der Gewinn (Zähler der Formel) entspricht dabei in der Regel dem in der Gewinn- und Verlustrechnung des Unternehmens ausgewiesenen Jahresüberschuss _nach_ Steuern."
*
https://www.welt-der-bwl.de/Eigenkapi...tabilit%C3%A4t
1. Was ist denn nun richtig? EK-Rendite (Return On Equity, RoE) vor oder nach Steuern?
2. Gibt es überhaupt Verfahren, wo ein Kläger die EK-Rendite der Bank als Grundlage für seine Forderungen gegen die Bank auf Zahlung der von ihr gezogenen Nutzungen verwendet hat?
3. Gibt es schon gerichtliche Entscheidungen bzgl. der EK-Rendite?
4. Würde es helfen, die EK-Rendite als Argument ins Feld zu führen in Fällen, wo ein Gericht dazu tendiert, nur 2,5% (statt 5%) über Basiszins anzuwenden?
test.de-Redakteur_Herrmann schrieb am 16.11.2015 um 14:44 Uhr:
Re: EK-Rendite: Gewinn vor oder nach Steuern?
Die Eigenkapitalrendite vor Steuern ist das Maximum & gehört deshalb in den Musterbrief fürs Forderungsschreiben. Der Vorschlag stammt von Rechtsanwalt Achim Tiffe. Nach der Logik des Zivilprozess ist es Sache der beklagten Bank oder Sparkasse, etwaige Steuerpflichten anspruchsmindernd geltend zu machen.
Ducnici schrieb am 16.11.2015 um 19:28 Uhr:
EK-Rendite für gezogene Nutzungen...
Die Jahresabschlüsse der Banken sind i.d.R. unter
www.bundesanzeiger.de veröffentlicht. Die dortigen Zahlen sollten eigentlich nicht mehr bewiesen werden müssen, da sie ja von einem Steuerberater/Wirtschaftsprüfer festgestellt worden sind.
Dass man hier den Jahresüberschuss bzw. Gewinn vor Steuern als Grundlage heranzieht, dürfte klar sein: nimmt man für die EK-Rendite den JÜ/Gewinn nach Steuern, bedeutet das, dass dieser ja vom Unternehmen versteuert wurde.
Der Darlehensnehmer darf dann u.U. die erstatteten Nutzungen abermals über die KapEst versteuern, manche Banken gehen dazu über, dies in der Klageerwiderung zu fordern.
Ergebnis wäre eine Doppelbesteuerung.
Daher ist der Gewinn/JÜ vor Steuern heranzuziehen.
Die 5% über Basiszins werden mittlerweile von manchen OLG´s (Stuttgart, Nürnberg) bei nicht weiterem Vortrag der Kläger nicht ohne weiteres zugestanden, hier wurden die 2,5% über Basiszins angesetzt. Begründung § 503 BGB... siehe Urteil OLG Nürnberg
Highway69 schrieb am 16.11.2015 um 22:03 Uhr:
Nutzungen
Dass es bei den Nutzungen auf den Wiederanlagezins ankommt (und nicht auf die Eigenkapitalrendite - s. dazu die Bundesbank-Statistik unter goo.gl/vIKQm3), ist vom BGH bereits geklärt:
Was bei der Berechnung des Verzugsschadens zugunsten von Banken gilt, muss bei der Schätzung von Nutzungszinsen auch zu ihren Lasten gelten; in beiden Fällen geht es um die Höhe der Wiederanlagezinsen. Dass der Zinsertrag der Bank durch Aufwendungen und Zinsausfälle gemindert wird, ist ohne substantiiertes Vorbringen im Rahmen der Schätzung nach § 287 I ZPO nicht zu berücksichtigen (BGH NJW 1998, 2529). Wenn es sich um einen Realkredit handelt, kann nicht ohne Weiteres von einem Zinssatz von 5 %punkten über dem Basiszinssatz ausgegangen werden (vgl. BGH NJW 2007, 364). Noch nicht höchstrichterlich geklärt ist lediglich, ob demnach ohne Weiteres nur Nutzungen in Höhe von 2,5 %punkten über dem Basiszinssatz zuerkannt werden können oder generell alternativ auch der Vertragszinssatz (vgl. BGH NJW 2000, 2816)
leseprobe schrieb am 16.11.2015 um 13:11 Uhr:
Beweis-/Nachweispflicht bzgl. der Nutzungen?
Weshalb muss überhaupt der Kläger den Nachweis führen, ob die Bank i.H.v. z.B. 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz Nutzungen aus den Raten-Zahlungen des Kunden gezogen hat, oder ggf. in Höhe ihrer EK-Rendite?
Es heisst doch allgemein, dass die 5% über dem Basiszinssatz (widerleglich) vermutet werden. Bedeutet das nicht, dass die beklagte Bank das widerlegen muss und nicht umgekehrt der Kunde etwas dazu vortragen muss? Wer ist hier in der Beweis-/Nachweispflicht? Kunde oder Bank?
Hat ein klagender Kunde Anspruch auf ein gerichtlich bestelltes Gutachten, was die Nutzungen anbelangt? Gibt es bekannte Entscheidungen, wo auf ein solches Gutachten zurückgegriffen wurde?
test.de-Redakteur_Herrmann schrieb am 16.11.2015 um 14:57 Uhr:
Re: Beweis-/Nachweispflicht bzgl. der Nutzungen?
Grundsätzlich gilt: Wer etwas fordert, muss die seinen Anspruch begründenden Tatsachen darlegen und im Zweifel beweisen. So gilt es auch für die Nutzungen und müssten tatsächlich Kläger womöglich unter Bezug auf die Bilanzen vortragen: Die Bank oder Sparkasse erwirtschaftet aufs Eigenkapital eine Rendite von x Prozent. Die Bank hat dann die Möglichkeit, das zu bestreiten. Der Kläger muss seine Behauptung dann beweisen, zum Beispiel durch Vernehmung geeigneter Bank- oder Sparkassenmitarbeiter. Der Haken an der Sache: Er muss dann die Kosten der Beweiserhebung vorschießen. Deshalb greifen Kläger so gern auf die vom BGH aufgestellte Vermutung zurück: Banken und Sparkassen erwirtschaften fünf Punkte über dem Basiszinssatz. Die muss nämlich nicht mehr bewiesen werden. Die Bank kann geltend machen, dass sie tatsächlich nur geringere Nutzungen gezogen hat. Das muss sie dann allerdings darlegen und im Zweifel beweisen. Sonst bleibt's bei den vom BGH vermuteten Nutzungen.