... Abgestellt wird in der Praxis auf den marktüblichen Zins bei Vertragsabschluss, der für die Dauer bis zum Widerruf für die konkrete Berechnung in der Praxis pauschal ohne weitere Differenzierung bis zum erfolgten Widerruf fortgeschrieben wird. Diese Behandlung ist zwar praktikabel, erscheint aber kritikfähig. In der heutigen Niedrigzinsphase führt eine solche Betrachtung dazu, dass gerade bei älteren Immobiliendarlehen durchschnittlich ein deutlich zu hoher Zinssatz in Ansatz gebracht würde. ...
... verdeutlicht die Notwendigkeit, den objektiven Gebrauchswert während der Dauer des widerrufenen Vertrags anhand der EWU-Zinsstatistik zeitabschnittsweise, das heißt monatlich, neu festzulegen. Dies führt einerseits zu objektiveren, weil ausschließlich am Markt orientierten Ergebnissen. ...
... Soweit der BGH eine tatsächliche Vermutung dahingehend aufstellt, dass eine Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, berücksichtigt er ebenfalls im Hinblick auf den dynamischen Basiszinssatz Wertveränderungen, die sich auf Grund des zeitlichen Vollzugs bzw. des Dauerschuldcharakters ergeben. ...
... Wird allein ein fixer (marktüblicher) Zinssatz zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses berücksichtigt, würde der Verbraucher trotz desWiderrufs an einem unter Umständen langjährigen Darlehensvertrag wirtschaftlich festgehalten, was sich mit dem Sinn und Zweck der Widerrufsvorschriften nicht vereinbaren lässt. ...
... Schließlich spricht auch die Gesetzesbegründung des § 346 II Hs. 2 BGB für die hier vertretene Sichtweise. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte der Verbraucher nicht den Vertragszins zahlen müssen, wenn er nur einen niedrigeren oder gar keinen Gebrauchsvorteil hatte. Er hat aber bei einem Dauerschuldverhältnis dann einen niedrigeren Gebrauchsvorteil, wenn für einen bestimmten Zeitpunkt innerhalb der Rückabwicklung der Marktzins sich zu Gunsten des Verbrauchers von dem Marktzins bei Vertragsabschluss unterscheidet.
Der zeitabschnittsweisen Festlegung steht auch nicht entgegen, dass der ursprüngliche Darlehensvertrag regelmäßig für eine bestimmte Zeit geschlossen wurde. Durch die Umwandlung in ein Rückgewährschuldverhältnis haben sich die Vertragsparteien gerade von dem ursprünglichen Vertrag gelöst. Herzustellen ist allein der Zustand vor dem Leistungsaustausch, der gerade keine zeitliche Komponente vorsah. Ein möglicher Verweis auf die Festlegung des Berechnungszeitpunkts bei einem Rücktritt vom Vertrag, nämlich der Wert im Zeitpunkt der Leistung, wäre ebenfalls nicht zielführend. Eine solche Sichtweise lässt einerseits in seiner pauschalen Form nicht nur die Besonderheiten des Dauerschuldverhältnisses unberücksichtigt, sondern auch jene des Widerrufsrechts in Form der Tangierung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers.
Schließlich führt auch der Umstand, dass durch die hier vorgeschlagene Art der Berechnung die Umsetzung in der Praxis komplizierter wird, gegebenenfalls mit der Folge, dass ein Sachverständiger einzuschalten ist, irrelevant. Es obliegt allein dem Gesetzgeber, wie er es zuletzt mit § 357 a BGB getan hat, Regelungen zu treffen. Den Gerichten steht es nicht zu, aus pragmatischen Gründen eine einfachere Art der Rückabwicklung zu wählen. ...
III. Fazit
Der Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags führt zur wechselseitigen Rückabwicklung der erhaltenen Leistungen. Der Darlehensnehmer kann hinsichtlich der von ihm wertersatzmäßig auszukehrenden Gebrauchsvorteile den Nachweis, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war als die vertraglich vereinbarte Gegenleistung, durch Verweis auf die EWU-Zinsstatistik in einem gerichtlichen Verfahren vergleichsweise einfach führen. Der so ermittelte marktübliche Zinssatz ist darüber hinaus zeitabschnittsweise, das heißt monatlich, neu zu berechnen. Verfehlt ist es, ausschließlich auf den marktüblichen Zinssatz bei Vertragsschluss abzustellen und diesen für den kompletten Zeitraum der Rückabwicklung fortzuschreiben.
Bezüglich der von dem Bankinstitut gezogenen Nutzungen besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie Nutzungen im Wert des gesetzlichen Verzugszinssatzes gezogen hätte. Diese Vermutung, die sich auch auf Bausparkassen erstreckt, kann durch konkreten Sachvortrag widerlegt werden. Gelingt es dem Darlehensgeber, die Vermutung zu widerlegen, so ist der ermittelte Zinssatz aus Symmetriegründen auch dem Verbraucher bei der Bemessung der von ihm auszukehrenden Gebrauchsvorteile zuzubilligen.