Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
hallo zusammen,
wir haben vor einem jahr ein darlehensvertrag für den kauf unserer Wohnung abgeschlossen. da die Wohnung erst nach 2 jahren Bauzeit fertiggestellt ist, war uns wichtig, dass wir erst nach 12 Monaten bereitstellungszinsen zahlen. wir waren in der festen annahme, dass vertragszinsen auf die abgerufenen darlehensbeträge zu zahlen sind und bereitstellungszinsen auf die nicht abgerufenen darlehensbeträge. vielmehr sind wir davon ausgegangen, dass gar keine vertragszinsen auf nicht abgerufene beträge erhoben werden können, schon gar nicht, wenn gleichzeitig bereitstellungszinsen verlangt werden.
nun, ein jahr später, erhalten wir ein schreiben von der bank, dass wir doch tatsächlich ab diesem Monat die volle rate für zins und tilgung zahlen müssen, die bereitstellungszinsen auf den nicht abgerufenen teil dazu, versteht sich. ist das rechtens? leider, leider sieht es so aus, als ob unser darlehensvertrag genau das beinhaltet, aber können sie das wirklich verlangen? wer kennt sich aus und kann uns helfen? wir sind wirklich sehr beunruhigt! super wäre, wenn jemand rechtliche Grundlagen oder stichhaltige quellen in seiner Argumentation angeben kann, damit wir wissen, wie wir uns nun verhalten können. vielen dank vorab für eure hilfe!
viele grüße von franziska
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Wenn sie auf nicht abgerufenes Geld den Sollzins und nicht den Bereitstellungszins nach Ende der bereitstellungsfreien Zeit zahlen müssen/sollen, dann muss das explizit so im Vertrag stehen, bzw. dass nach Ablauf der bereitstellungsfreien Zeit der Sollzins auf die gesamte Darlehenssumme zu zahlen ist. Üblicherweise zahlt man dann 3 % Bereitstellungszins (0,25 % im Monat) auf den nicht abgerufenen und noch bei der Bank verweilenden Darlehensteil.
Wenn sie vor 1 Jahr ein Darlehen aufgenommen haben, dann müsste ja eigentlich der Bereitstellungszins geringer sein als der Sollzins und die Tilgung beginnt grundsätzlich immer erst nach Vollauszahlung.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Das Problem ist, dass die Bank sowohl Soll- als auch Bereitstellungszins haben möchte: Sollzins auf die komplette Summe (abgerufen haben wir erst einen geringen Teil) und zusätzlich Bereitstellungszinsen auf den nicht ausgezahlten Betrag. Wir zahlen also doppelt für den Darlehensbetrag, den wir noch nicht einmal erhalten haben.
Im Vertrag steht (leider): Die vereinbarte Rate für Zins und Tilgung wird nach vollständiger Auszahlung des Darlehens ... fällig. ... Für Teilauszahlungen werden die Zinsen sofort fällig, die vereinbarte Rate für Zins und Tilgung jedoch nach 12 Monaten seit dem Datum der Zusage des Darlehens.
...
Für das Darlehen werden bis zu 12 Monate ab dem Datum der Zusage des Darlehens keine Bereitstellungszinsen berechnet.
...
Der Schuldner ist verpflichtet, das Darlehen innerhalb von 12 Monaten seit dem Datum der Zusage des Darlehens vollständig abzunehmen.
Inhaltlich m. E. schon etwas unsinnig. Die Bank wusste natürlich, dass der Fertigstellungstermin unserer Immobilie erst nach 2 Jahren ist und wir nach Baufortschritt die Rechnungen erhalten.
Kann die Bank wirklich verlangen, dass wir doppelt Zinsen zahlen? Gibt es eine rechtliche Grundlage?
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Hallo
Du missverstehst etwas.
Sollzinsen werden nur berechnet auf den ausgezahlten Betrag.
Bereitstellungszinsen auf den nicht ausgezahlten Betrag.
Würde die Bank Sollzinsen auf das ganze Darlehen berechnen und somit auf Darlehensteile die noch nicht ausgezahlt sind, dann wäre das sofort ein Fall für den Anwalt.
Doch bitte zuerst die belasteten Sollzinsen auf Ihrem Kontoauszug nachrechnen und ggfalls fragen ob es ein interner Rechenfehler ist.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Hallo Vinzenz,
das zunächst Beruhigende an deiner Antwort ist, dass wir scheinbar mit unserer Meinung, sowas könne nicht sein, nicht alleine sind.
Wir haben ein Schreiben bekommen mit den Beträgen für Zins und Tilgung und Bereitstellungszinsen, die uns abgebucht werden sollen. Und ich wiederhole mich: Die Bank will die komplette Rate für Zins und Tilgung wie vertraglich vereinbart abrufen und ZUSÄTZLICH Bereitstellungszinsen für den noch nicht abgerufenen Betrag, also:
Ausgezahlter Betrag = Sollzinsen und Tilgung
Nicht ausgezahlter Betrag = Sollzinsen und Tilgung und Bereitstellungszinsen.
Wenn du sagst, das ist ein Fall für den Anwalt, wo finde ich denn ein Schriftstück, das belegt, dass das Vorgehen der Bank nicht rechtens ist? Ich möchte nämlich zunächst selbst mit der Bank in den Dialog gehen und mir Anwaltskosten sparen. Dabei macht sich das immer gut, auf geeignete Quellen zu verweisen.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Möglicherweise haben Sie hier einen Denkfehler: Die Rate beinhaltet Zins und Tilgung. Die Rate ist immer gleich hoch, nur die beiden Anteile verschieben sich. Am Anfang ist der Zinsanteil höher, aber die Tilgung geringer. Die Höhe der Rate ist aber immer fest.
Was die Bank nun von Ihnen möchte, ist diese fest vereinbarte Rate, die aufgrund des bisher nur gering in Anspruch genommenen Darlehens einen hohen Tilgungsanteil hat und die Bereitstellungszinsen für den noch nicht in Anspruch genommenen Teil des Darlehens. Das ist mMn rechtens, wenn man den Auszug aus dem Vertrag liest, den Sie hier gepostet haben.
Das Paradoxe ist für Sie ist: Sie zahlen jetzt mehr an die Bank als später, obwohl Sie das Darlehen nur zu einem geringen Teil in Anspruch genommen haben.
Wenn Sie 24 Monate bereitstellungsfreie Zeit haben wollen, dürfen Sie auch nur einen Darlehensvertrag unterschreiben, wo genau das drin steht.
Während meines Baus hatte ich ein ähnliches Aha-Erlebnis, als die Bank die komplette Rate nach der ersten Teilauszahlung haben wollte und nicht erst wie ich gedacht habe, nach der Vollauszahlung.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Das wird so nicht kommen bzw. in der Konsequenz ausgeführt, da ist einfach ein Fehler drin, zumal ihnen dann als Grundlage für die Berechnung Sollzins auf alles die noch nicht ausgezahlten Gelder erst mal ausgezahlt werden müssten und das wird bei der Bank niemand tun.
Wenn der Bank anhand der eingereichten Beleihungsunterlagen bekannt war, dass in einem Jahr aufgrund der Nichtfertigstellung nicht das gesamte Geld ausgezahlt sein kann, dann hätte der Vertrag so nicht ausgefrtigt sein dürfen, denn wie und wohin soll die Bank jetzt auszahlen?
Das die Bereitstellungszinsen berechnet werden, ist normal, das System erkennt dass da noch Geld liegt und berechnet eben diese BZ, aber gleichzeitig muss das System auch erkennen, dass noch meine Vollauszahlung vorliegt, wenn gleich das System wohl so eingestellt ist, als das alles ausgezahlt sein müsste.
Ich denke ein Anruf bei der Bank und das Problem ist behoben.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Dann müsste irgendwo aber auch stehen, dass die Tilgung nicht nach Vollauszahlung beginnt, sondern nach Ende der BZ freien Zeit und so etwas kenne ich nicht. Auch ist es für den Einzug der Raten ungewöhnlich dass das System danach schaut, wann das Darlehen abgenommen sein muss, quasi dann die volle Rate einzieht, inkl. Tilgunsgbeginn und nicht nach dem tatsächlichen Auszahlungsstand, mit Voreinstellung Ende der BZ freien Zeit.
Ich frage mich aber auch ersthaft, warum man so einen Vertrag unterzeichnet, bzw. so etwas vor dem unterzeichnen nicht liest.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Vielen Dank erstmal für Ihre Antworten.
@ Sachsenstolz: Ich habe im Internet auch schon gelesen, dass es solche Fälle gibt. Allerdings kann ich diese Konstellation in unserem Fall nicht erkennen. Im Vertrag steht ja: „…die vereinbarte Rate für Zins und Tilgung jedoch nach 12 Monaten seit dem Datum der Zusage des Darlehens“ und im Schreiben „Der Betrag (Zinsen/Tilgung) in Höhe von…“. Kein Wort davon, dass sich die Rate anders zusammensetzt als nach Vollauszahlung, also wir jetzt einen höheren Anteil an Tilgung bei der Rate haben. Übrigens waren wir mit Bereitstellungszinsen nach 12 Monaten schon einverstanden (ist ja schon vergleichsweise lange), uns ärgert eben, dass wir zusätzlich schon die volle Rate für Zins und Tilgung zahlen müssen. Aber ich würde die Bank nun noch einmal anrufen und fragen, wie sich die Rate genau zusammensetzt. Sollte dem so sein, wie Sie sagen, könnten wir das Problem ja heilen, indem wir die Tilgungsleistung stunden, oder?
@ Herrn Buhmann: Ich vermute ebenso wie Sie, dass der Vertrag inhaltlich nicht korrekt bzw. entsprechend unserer Immobilie aufgesetzt wurde. Die Bank (Debeka) hatte ja den Kaufvertragsentwurf mit Fertigstellungsdatum vorliegen. Ich bin eben von den unumstößlichen Bedingungen ausgegangen, dass: 1.) Sollzinsen nur auf ausgezahlte Beträge, 2.) BZ nur auf nicht ausgezahlte Beträge und 3.) Tilgung erst nach Vollauszahlung gezahlt werden. Inwieweit das wirklich zutreffend ist, würde ich ja gerne in einer rechtsgültigen Quelle erfahren
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Die - schnelle - Vertragsunterzeichnung hatte eine ganze Reihe von Gründen, welche für den einen sicher mehr und für den anderen weniger nachvollziehbar sind. Aber das lässt sich ja nun auch nicht mehr ändern.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Steht auf dem Schreiben, wie sich die erste Rate genau zusammensetzt, d.h. welcher Anteil Tilgung und welcher Anteil Zins ist? Oder steht nur, daß ab diesem Datum die Rate in Höhe von xxx EUR abgebucht wird? Normalerweise steht dann auf der Abbuchung der Tilgungsanteil, der Zinsanteil und die Restschuld, so zumindest bei uns. Und der Zinsanteil dürfte ja nur auf das bisher in Anspruch genommene Darlehen berechnet werden. Zusätzlich kommt bei Ihnen derzeit eben noch die Bereitstellungszinsen hinzu.
Je schneller und mehr Sie den Kredit in Anspruch nehmen, desto geringer wird Ihre monatliche Belastung.
Natürlich können Sie versuchen mit der Bank eine Lösung zu finden.
AW: Bereitstellungszinsen und gleichzeitig Vertragszinsen - rechtens?
Also ein Anruf bei der Bank hat Klarheit verschafft. Bitte nicht vorschnell über mich urteilen, denn ich habe natürlich sofort nach Erhalt des Schreibens unseren Ansprechpartner – den Finanzberater vor Ort – angerufen. Leider hat er mich in der Annahme gelassen, die Rate setzt sich wie vertraglich festgelegt zusammen, also quasi wie zum Zeitpunkt der Vollauszahlung. Mit anderen Worten, da hat er wohl selber keine Ahnung gehabt!
Nun sieht es tatsächlich so aus, dass die Rate sich so zusammensetzt, dass für den abgerufenen Betrag Zinsen berechnet werden und die Differenz die Tilgung ist. Das erleichtert mich total. Diese hohe finanzielle Belastung in der Bauzeit sollten wir verringern können, indem wir die Tilgungsleistungen stunden, denke ich.
Ich danke allen Beteiligten in diesem Chat vielmals!