nachdem ich hier schon ein Weilchen still mitlese, habe ich mich nun heute angemeldet, um eine eigene Wortmeldung abzugeben.
Habe in 2008 ein Immobiliendarlehen abgeschlossen und möchte widerrufen. Meine Bank (D**) hat in der Widerrufsbelehrung den Satz "Der Lauf der Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
Die damals ab April 2008 gültige Musterbelehrung tönte wie folgt:"Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform."
Ich habe der Bank mitgeteilt, dass sowohl ein Fachanwalt als auch die Verbraucherzentrale die Belehrung für fehlerhaft befanden, da sie nicht wortwörtlich und damit vollständig mit dem Muster übereinstimmt.
Meine oben benannte Bank ist der Rechtsauffassung, dass beide Belehrungen übereinstimmen und zitiert sogar die BGH-Entscheidung aus 2011, um sich auf die Schutzwirkung der Musterbelehrung zu berufen.
Ist sowas normal? Wenn es vor Gericht ginge, müssten die sich doch dafür verantworten, dass sie mich direkt schriftlich angelogen haben? Verstehe ich hier was falsch?
Oder pokern die und hoffen, dass es nicht vor Gericht geht? Das Schreiben enthält noch den Satz, dass sie sich quasi weitere Anfragen zu diesem Sachverhalt verbitten...
Der Anwalt kostet mich 700 Euro, da die Rechtsschutz nichts übernehmen wird, da meine damalige Umschuldung ursächlich eine Folge von Bautätigkeit ist und somit ausgeschlossenes RS-Risiko. Aber wie es scheint, führt kein Weg am Anwalt vorbei, was habt Ihr für Erfahrungen?
zum Thema "Widerrufsjoker" ist in diesem Forum schon viel geschrieben worden. Um Wiederholungen zu vermeiden, verweise ich auf die Postings, die du unter dem Stichwort "Widerrufsjoker" in der Suchfunktion auch sehr leicht finden kannst. Auch ich habe dort meine Erfahrungen umfangreich geschildert.
Mittlerweile halte ich es für das "normale" Vorgehen, dass Banken ablehnend auf den Widerrufsjoker reagieren. Sicherlich lässt sich eine große Anzahl von Darlehensnehmern dadurch abschrecken, da man der Bank glaubt, unsicher wird und / oder hohe Kosten auf sich zukommen sieht.
Wird im Rahmen eines nachfolgenden Klageverfahrens die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung festgestellt, ist die Rückabwicklung des Darlehens durchzuführen. Dass die Bank zuvor eine falsche Rechtsauffassung vertreten hat, wird ihr nicht zusätzlich angelastet werden können. Insofern ist das Verhalten deiner Bank zwar nicht fair, aber in ihrem Geschäftssinn als schlau zu beurteilen.
Auch in meinen beiden Fällen haben die Banken zunächst meine Widerrufe zurückgewiesen. Erst als ein fachkundiger Rechtsanwalt in meinem Auftrag geschrieben hat, wurde reagiert. Ich bin aus beiden Verträgen raus und habe wesentlich günstiger neu abgeschlossen.
700 Euro für ein Gutachten und ein Schreiben musst du allerdings nicht bezahlen. Es gibt einige Anwälte, die kompetent und günstiger sind.
und herzlichen Dank für deine Antwort.
Ich habe natürlich deine Beiträge und auch die anderen Schreiber zu diesem Stichwort gelesen. Gerade deshalb habe ich mich hier auch mal angemeldet, um meinen Senf dazuzugeben und meine Fragen loszuwerden.
Ich konnte es mir in der Tat nicht vorstellen, dass die Bank das von mir zitierte BGH-Urteil zu ihrem Zwecke wiederzitiert und sich gerade auf die Schutzwirkung der Musterbelehrung beruft, obwohl meine eben abweicht.
Ich bin mir so sicher, doch ob dieser Unverfrorenheit zweifle ich nun doch ein bisschen und wollte meine Erfahrungen teilen. Es beruhigt doch ein wenig, dass es dir ebenso ergangen ist, man zweifelt ja schon an der eigenen Intelligenz.
Es wäre auch zu schön, wenn das alles einfach wäre. Man spart schon unerhört Geld durch die Rückabwicklung und von der monatlichen Rate rede ich mal noch gar nicht............
ich kann deine Gefühle sehr gut nachvollziehen. Lass dich nicht verunsichern!
Wenn du Klarheit möchtest, dann beauftrage die Verbraucherzentrale für kleines Geld (80 Euro) ein Gutachten zu erstellen. Oder eben einen Anwalt - für ein Gutachten und ein Schreiben kostet das bei fachlich versierten Juristen ca. 300 Euro oder etwas mehr.
Ich habe nächste Woche einen Termin beim Anwalt und hoffe, dass die Bank sich von seinen schriftlichen Äußerungen beeindrucken lässt.
Was wäre hier denn eigentlich der Streitwert, weißt du das (oder jemand anderes, der hier mitliest)? Ist es die gesparte Vorfälligkeitsentschädigung oder auf welcher Grundlage berechnet man hier mögliche Gerichts- und Anwaltskosten?
Ich meine, ich WEISS ja, dass der eine Satz in der Belehrung definitiv vom Muster abweicht, daran ist nicht zu rütteln. Aber vor Gericht und auf hoher See.................... ich würde gern ungefähr abschätzen können, was ich investiere, wenn es zu einer Verhandlung kommen sollte.
die Bank pokert, dass Du sie mangels finanzieller Mittel nicht verklagen wirst. Ich habe selber Erfahrung in diesem Bereich gemacht und festgestellt, dass sich Banken ungern bis nie außergerichtlich vergleichen wollen. Warum? Geben Sie bei einem nach, müssen Sie bei allen nachgeben. Ich habe mal was davon gehört, das die Banken darauf setzen, dass sie in 9 von 10 Fällen nicht verklagt werden. Gute Quote!! Da würde ich auch nicht nachgeben.
Je nachdem wir hoch die Vorfälligkeitsentschädigung ist und damit der Streitwert beginnt die Klage auch gleich beim Landgericht und die zweite Instanz, und Du kannst Dir sicher sein, dass die Bank bei Verlieren der ersten Instanz in diese geht, ist das OLG. Und dann wird es auch schon teuer. und darauf setzt die Bank, dass die finanzielle Puste ausgeht. Ich habe da auch mächtig schlucken müssen.
Ein Gutachten bringt Dir meines Erachtens bei abweisender Haltung nichts außer der Verbraucherzentrale und dem von der VZ empfohlenen und Dir beauftragten Anwalt Geld. Denn trotz Gutachten wird die Bank Deinen Anspruch ablehnen.
Es bleibt Dir wohl nur zu klagen und Geld in die Hand zu nehmen.
Demnach ist die VFE der Streitwert. Diese habe ich mir von der Bank noch nicht bestätigen lassen, nach verschiedenen Hinweisen im Netz wird eine solche zwischen 16.000 und 23.000 Euro zu erwarten sein.
Wenn ich mich recht entsinne, geht das also gleich zum LG und ich benötige ohnehin einen Anwalt.
So gesehen ist die Haltung der Bank nachvollziehbar, wenn auch reichlich frech. Ich werde berichten, morgen spreche ich mit einem Anwalt. Mit dieser Bank soll es schon einige Vergleiche gegeben haben, aber wenn es nötig ist, klage ich das auch durch. Allein durch die vollständige Rückabwicklung Zug um Zug würde meine derzeit offene Restschuld um mehr als 15.000 Euro sinken und dann rechne man noch die kommende Zinsersparnis................. es lohnt ganz sicher.
Aber es ist auch bisschen gruselig, dass die Bank so pokert und man ja erstmal viel Geld einsetzen muss.
wirklich Klarheit besteht noch nicht. Er hat sich meine Unterlagen geben lassen, hat bestätigt, dass der Text abweicht und wird sich nun Urteile für eine schlüssige Argumentation raussuchen und die Bank nachdrücklich darum ersuchen, in meinem Sinne zu agieren.
Hallo,
ich denke, dass ich bei der selben Bank mit der gleichen Widerrufsbelehrung abgeschlossen habe. Glücklicherweise ist das bei meiner RSV wahrscheinlich abgesichert. Werde das nächste Woche mal prüfen lassen, habe leider aber im Moment kaum Zeit, persönlich zum Anwalt zu gehen. Ich habe erst letzte Woche über das ZDF von der Geschichte erfahren.
@Gertrud
Hat Dein Anwalt etwas über die Rückabwicklung, bzw. Aufrechnung der Zinsdifferenz in der Vergangenheit gesagt?
Hallo Gertrud,
unabhängig von den Anwaltskosten wäre es für Dich wichtig zu wissen, wie hoch Dein finanzieller Schaden ist. Die Berechnung der Rückabwicklung ist sehr komplex und stellt sich in der Regel sehr verbraucherfreundlich dar. Man bekommt oft viel mehr zurück als man glaubt. Eine schnelle Einschätzung über den entstandenen Schaden und ob die WB falsch ist bekommst Du beim Verein "Liquikon e.V.". Die Leute sind recht schnell und es kostet unter 50,- Euro. Wenn Du weißt was Du gewinnen kannst, dann kannst Du besser einschätzen ob sich die Anwaltskosten lohnen.
P.S.
Auf der Homepage findest Du übrigens auch einen Link zum Fernsehbeitrag den "Kanitverstan " angesprochen hat.
Glücklicherweise ist das bei meiner RSV wahrscheinlich abgesichert.
Es kommt sicherlich darauf an, ob du selbst gebaut oder eine bereits fertige Immobilie erworben hast. Hast du gebaut und deine RS übernimmt das, wäre ich gespannt, wie der Anwalt denen das "verkauft" hat.
Zitat von Kanitverstan
Hat Dein Anwalt etwas über die Rückabwicklung, bzw. Aufrechnung der Zinsdifferenz in der Vergangenheit gesagt?
Er hat in sein Schreiben gepinselt, dass ich meinen Widerruf wirksam ausgeübt habe und die Bank bedenken soll, dass der gezogene Nutzen herauszugeben ist usw. Es gibt Urteile zur Rückabwicklung nach Widerruf, hier zum Beispiel:
Gericht: OLG Düsseldorf 6. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 17.01.2013
Aktenzeichen: I-6 U 64/12, 6 U 64/12
... wie hoch Dein finanzieller Schaden ist. Die Berechnung der Rückabwicklung ist sehr komplex und stellt sich in der Regel sehr verbraucherfreundlich dar.
Damit habe ich mich ausführlichst auseinandergesetzt.
In der Tat ist es so, dass die Bank wohl den Betrag zurückbekommt, den sie mir überlassen hat und hinzu kommen marktübliche Zinsen.
Die Bank muss mir in Gegenzug meine Raten in voller Höhe erstatten und den Nutzen mit 5% über Basiszins verzinsen.
Somit stünde ich in Summe etliche Tausend Euro besser da, als es die derzeitigen Kontoauszüge ausweisen. Ich bin in der Tat erstaunt, wie viel Geld das ist.
Grob gesehen: ich habe Raten gezahlt mit ca 5% Zinsen und die durchschnittlichen Zinsen der vergangenen sechs Jahre liegen bei vielleicht 3,5%...... wer in Prozentrechnung aufgepasst hat und weiß, wie teuer Bauen ist, hat so einen kleinen Anhaltspunkt (die richtige Rechnerei ist natürlich etwas aufwändiger).
Die Bank antwortet seit 4 Wochen nicht auf das Anwaltsschreiben.
Warten nervt.
Wenn diese Berechnung wie bei einer Bilanz als Zweikontenmodell dargestellt wird und dabei monatlich die richtigen Zinsen berücksichtigt werden, erhält man das richtige (und auch ein sehr erstaunliches) Ergebnis. Mit einer derartigen Darstellung (wie in einem Gutachten) hat man auch in einer gerichtlichen Auseinandersetzung gute Chancen.
Wenn diese Berechnung wie bei einer Bilanz als Zweikontenmodell dargestellt wird und dabei monatlich die richtigen Zinsen berücksichtigt werden, erhält man das richtige (und auch ein sehr erstaunliches) Ergebnis. Mit einer derartigen Darstellung (wie in einem Gutachten) hat man auch in einer gerichtlichen Auseinandersetzung gute Chancen.
In solchen Gutachten werden die monatlichen Zinsen aus der Bundesbanktabelle angesetzt? Ich hatte gesehen, dass zur Vereinfachung hieraus Jahresdurchschnitte gebildet worden sind und dann jeweils der Zins für 2008, dann für 2009, für 2010 usw. aufgelistet war.
Diese Sache mit dem Zweikontenmodell ist auch in oben genanntem Urteil angesprochen. Es soll jede Seite einzeln zurückgerechnet werden.
Welcher Zins angenommen wird ist abhängig vom Gutachter. Er muss nur "marktüblich" sein. Die Gerichte haben bereits einige Urteile gesprochen und dabei unterschiedliche Maßstabe gesetzt. Ein gutes Berechnungsprogramm arbeitet mit den aktuellen Zinssätze. Das macht auch Sinn, damit die Glaubwürdigkeit nicht angezweifelt werden kann.
Widerrufsjoker und die Bank wird komisch?
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Zitat von Kanitverstan