ich habe im Jahr 2009 ein Baudarlehen mit zinsfestschreibung für zehn jahre abgeschlossen.
aufgrund der aktuellen diskussion hinsichtlich unwirksamkeit der widerrufsbelehrung habe ich den vertrag von einem juristen prüfen lassen. ergebnis ist, daß die belehrung "mangelhaft" ist und ich deswegen auch heute noch widerrufen kann.
wie sieht das abwicklungsprozedere aus, wenn der widerruf von der bank akzeptiert wird ?
ich denke, daß die aktuelle restschuld von mir sofort zurückzuzahlen ist. wie sieht das mit den bezahlten zinsen aus ? erhalte ich die zurück und zahle der bank dann für die zeit einen fiktiven zinssatz ?
der darlehenszinssatz beträgt 4,49 %. der marktzins ist von 2009 bis heute deutlich gesunken. bedeutet das für den erfolgreichen widerruf, daß ich hier eine gutschrift der differenz erhalte oder welchen zinssatz bekommt die bank für die zeit von darlehensabschluss bis datum der rückabwicklung ?
Hallo
Es sind zwei verschiedene Dinge die Sie hier ansprechen:
1.Den Widerruf des Darlehens an sich
2.Die Zinsentwicklung
Wenn ein Anwalt Ihnen gute Chancen auf einen Widerruf gibt, und Sie der Meinung sind dass Sie das Darlehen widerrufen können, dann ist es Ihre Entscheidung es zu tun oder nicht.
Angenommen Sie widerrufen das Darlehen. Dann würde die finanzierende Bank Sie vermutlich vorzeitig aus dem Darlehen entlassen. Vermutlich dann ohne Vorfälligkeitentschädigung.
Das macht dann Sinn wenn es so läuft und Sie eine neue Bank haben die Sie umschuldet.
Der andere Punkt der Zinsen: Hier glaube ich überhaupt nicht, dass die beteiligte Bank Ihnen irgendwelche Bauzinsen zurückzahlt.Warum auch, die Zinsen waren ja Bestandteil des Darlehensvertrages den Sie akzeptiert und unterschrieben haben.
Wir sprechen aber von Baufinanzierungsdarlehen und kein Ratenkredit, ja?
Der Jurist drückt sich bzgl. der Zinsthematik wie folgt aus: "Für die bisherige Zeit kann die Bank die üblichen Zinsen verlangen, muss aber deren Nutzungen erstatten. Es erfolgt eine Gegenrechnung. Banküblicher Zinssatz von 2009 bis heute gegenüber Nutzungsersatz ( wird mit 5 % angenommen )".
Was heißt das nun für mich konkret ( übliche Zinsen vs. Nutzungen ) ?
Versteh ich das richtig? Der Jurist sagt dass die Bank Ihnen Zinsen erstatten muss bei einem Baudarlehen? Und der Grund ist die fehlerhafte Widerruferklärung? Habe ich das so richtig verstanden?
Gibt es hierzu schon Urteile oder Fälle wie dann die Bank reagiert hat?
Dass Widerruferklärungen falsch sein können ist klar und da kann man dagegen was tun.
Jedoch deswegen einen Zins erstattet zu bekommen von der Bank ist mir bis jetzt völlig neu.
Da ich ein praktisch veranlagter Mensch bin würde ich gerne Praxisfälle nachvollziehen können wenn es denn bereits welche geben sollte?
Nein - keine Erstattung per se sondern eine Gegenrechnung. Es erfolgt offensichtlich eine Gegenüberstellung der Zinsen, welche die Bank üblicherweise verlangen kann, mit dem sog. Nutzungsersatz.
Bei einem Widerruf geht es nicht ausschließlich um das Thema des Wegfalls der Vorfällgikeitsentschädigung - das Darlehen wird de facto rückabgewickelt. Dies bedeutet, daß auch die Zinsseite tangiert wird.
Demzufolge wird der festgschriebene Darlehenszins zurückgewährt und stattdessen ein banküblicher Zins ( Durchschnittszins für Hypothekarkredite ) ab Darlehensauszahlung berechne,t welchem ein Nutzungsersatz zu Gunsten des Darlehensnehmers gegenübergestellt wird.
Da die Zinsentwicklung seit Auszahlung im Jahr 2009 rückläufig war - mein Darlehenszins aber ein Festsatz ist - wäre es nur schlüssig, daß eine Forderung gegenüber der Bank entsteht.
Also, aufgrund der mangelnden Widerruferklärung stellt Ihnen der Jurist in Aussicht, dass Sie von der Bank Geld wieder erhalten mittels Zinsnachlass. So richtig?
Weiteres kann und wird dann sowieso nur die Bank mit Ihnen und dem Anwalt klären.
Meine persönliche Frage ist, haben Sie seit der Darlehensauszahlung von sich aus auch das Darlehen bei Ihrer Hausbank widerrufen oder haben einfach das Darlehen für Ihre Zwecke genommen?
Das Darlehen wird quasi auf "Reset" gestellt. Sämtliche Leistungen sind zurückzugewähren.
Das bedeutet, daß - da der Darlehenszins bei Auszahlung deutlich höher war als in den Folgejahren - eine Zinsdifferenz zu Gunsten des Darlehennehmers entsteht.
Könnten Sie Ihre "persönliche Frage" präzisieren - verstehe ich ehrlich gesagt
nicht .....
Ich werde jetzt erst einmal den Widderuf samt Stellungnahme der von mir beauftragten Kanzlei an die Bank weiterleiten. Dann wird man sehen, wie die Reaktion ausfällt.
Warum den Namen des Anwalts nicht für alle hier benennen? Stellt für mich keine Werbung das, viel mehr der Hinweis auf eine weitere Anlaufstelle, wo Verbrauchern geholfen werden könnte, sollte daraus tatsächlich ein Vorteil erwachsen, zumal damit auch die Aussage als Solches des Posters an Wert gewinnt.
Stelle diese auch absolut nicht in Frage, aber ich würde schon gerne sehen, dass mit solch einer Aussage - beziehungsweise diese als Grundlage - die Verbraucher keine weiteren Fehler machen, sollte es einer gewesen sein, einen Vertrag unterzeichnet zu haben, den man dann hinterher aufgrund der Zinsentwicklung nicht mehr wünscht. Niemand hat was zu verschenken, der Verbraucher nicht und die Bank auch nicht, aber an solch eine Sache sollte man sowohl ethisch und moralisch, wie auch faktisch nicht blauäugig rangehen, denn ich möchte uns Verbraucher mal sehen, wie wir geguckt hätten, wenn die Zinsen gestiegen wären und die Banken (teilweise damit ja indirekt auch der Staat) sich mal darüber Gedanken gemacht hätten, wie der Vertrag hätte unwirksam sein können, bzw. auf welcher Grundlage der Vertrag gekündigt werden könnte.
Nur mal ein Gedankenansatz dazu, es gibt viele Darlehensnehmer, die trotz Arbeitslosgkeit, Krankheit oder Lebensveränderungen veränderte oder unzureichende Einkommenssituationen vorliegen haben oder bonitätsmäßig nicht mehr kreditwürdig sind und das Darlehen trotzdem seine Wirksamkeit behält, meinen sie alle diese Verbraucher haben diese veränderten Situationen mitgeteilt, was deren Pflicht laut Darlehensvertrag ist und eine Kündigung nach sich ziehen könnte? Machen das die Banken? Wollen die das? Jeder, sowohl die Banken als auch die Verbraucher schneiden sich den Ast ab auf dem sie sitzen, der Verbraucher zwar indirekt, wenn die Banken großen Schaden erleiden würden, aber dass das möglich ist, haben wir ja nun alle bestens erleben dürfen in den vergangenen Jahren. Auch wenn sicherlich die Gründe da etwas anders geartet sind, tatsächlich aber erleiden auch wir Schaden, wenn die Banken Schaden - wenn ach selnst verursacht - nehmen. Auch gerät eine Bank nicht unbedingt oder zwangsläufig in Schieflage, sollten einige Verträge unwirksam sein, Fakt ist aber das gute und sichere Geld liegt bei der Bank im Passivgeschäft und das sind nunmal u.a. die Hypothekenkredite aufgrund der dahinter stehenden Sicherheit der Immobilie.
Will hier kein Bankenlobbyist sein, auf gar keinen Fall, es aber wenigstens mal zu bedenken geben.
Viel wichtiger aber ist mir, an solch eine Angelegenheit nicht unaufgeklärt ran zu gehen, der Anwalt klärt die rechtliche Grundlage, ok, diese mag auch fundiert sein, deshalb aber kann der Verbraucher noch lange nicht sofort sein Darlehen ablösen und das kann fatale Gründe als auch Folgen haben. Was passiert wenn sich die Bank auf einen Prozeß einlässt, nicht abgelöst werden kann, aber das neue Darlehen sich schon ausserhalb der Widerrufsfrist befindet? Was ist wenn gekündigt wird, aber das neue Darlehen - aus welchen Gründen auch immer und da kann es genügend geben - nicht bereit gestellt wird?
Ein Anwalt, ein Urteil und eine geklärte rechtliche Grundlage muss noch lange nicht dazu führen, tatsächlich einen Nutzen bzw. Vorteil - ganz gleich aus welchen Gründen auch immer - aus dieser Grundlage zu haben !!!! Da gehört wirklich ein bisschen mehr dazu!!!!
Zur Ergänzung: Ich habe in der vergangenen Woche auch von meinem zweiten Darlehensgeber endlich das Ergebnis seiner Prüfung bekommen. Auch aus diesem Darlehen kann ich mittels der fehlerhaften Widerrufsbelehrung des Darlehensvertrages (sog. "Widerrufsjoker") aussteigen und zu aktuellen Konditionen neu finanzieren (allerdings bei einem anderen Darlehensgeber).
Auch in diesem Fall ging es leider nicht ohne Anwalt. Ich musste zwar auch jetzt nicht klagen; aber scheinbar ist man auf Seiten der Darlehensgeber nur dann von der Ernsthaftigkeit überzeugt, wenn ein Anwalt im Spiel ist.
Ich wünsche allen, die diesen Weg gehen, viel Erfolg und die nötige Ausdauer!
Wer initial einen Wiederrufs des Kreditvertrages wegen "Fehlerhaften Wiederruf" belegt, der sollte erst mal selbst die wichtigsten Punkte prüfen.
Liegt die Widerrufsbelehrung in Textform vor?
Sind Ihre Rechte & Pflichten verständlich und deutlich dargestellt?
Hebt die Widerrufsbelehrung sich vom übrigen Vertragstext ab?
Ist eine gültige Widerrufsfrist (i.d.R. zwei Wochen) sowie deren Beginn genannt?
Klärt Sie die Belehrung auf, in welchem Rahmen sich der Widerruf bewegt? (Widerruf in Textform, keine Angabe von Gründen nötig, keine zusätzlichen Voraussetzungen)
Wird deutlich, dass bereits die rechtzeitige Absendung Ihrer Widerrufserklärung die Frist wahrt?
Verzichtet die Belehrung auf verwirrende, ablenkende oder missverständliche Passagen?