ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.
Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.
... Im Ergebnis zu Recht ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, die Widerrufsinformation sei inhaltlich klar und verständlich gewesen. Die Wendung, die Widerrufsfrist beginne "nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB erhalten hat", informierte für sich klar und verständlich über den Beginn der Widerrufsfrist. Die von der Beklagten zur Erläuterung des Verweises auf § 492 Abs. 2 BGB in einem Klammerzusatz angefügten Beispiele entsprachen zwar nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie mit den Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags und der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde "Pflichtangaben" benannten, die für den Immobiliardarlehensvertrag der Kläger nicht einschlägig waren. In der Angabe dieser beiden zusätzlichen Pflichtangaben lag indessen das von den Klägern angenommene vertragliche Angebot der Beklagten, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der zusätzlichen Erteilung dieser beiden Angaben im Immobiliardarlehensvertrag abhängig zu machen.
Das Berufungsurteil hatte gleichwohl keinen Bestand, weil die Beklagte im Immobiliardarlehensvertrag keine Angaben zu der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde gemacht und damit nicht sämtliche Bedingungen erfüllt hat, von denen sie selbst das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig gemacht hat.
Der Hammer. Damit dürfte sich das Thema "nur beispielhafte Pflichtangaben" erledigt haben, oder? Ebenso dürfte "Aufsichtsbehörde" wohl kein Problem darstellen, sofern diese irgendwo benannt wurde.
Zitat von fighting lawyer
Es gibt in der Tat eine Entscheidung des OLG München zu 19 U 1610/15 vom 09.11.2015 (abgedruckt in der WM). Es handelte sich um einen Beschluss, mit dem die Berufung der Kläger (also der DN) zurückgewiesen wurde. Die Leitsätze lauten:
1. Das einem Darlehensnehmer zustehende Widerrufsrecht erlischt gem. Art. 229 § 5 Satz 2, Art. 229 § 9 EGBGB auch nach vollständiger Erbringung der beiderseitigen Leistungen nicht mehr, wenn die vollständige Ablösung des Darlehens nach dem 1.1.2003 erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24.11.2009 = WM 2010, 34 zu § 2 HWiG a.F.).
2. Ein Hinweis auf die 30-Tage-Frist des §§ 357 Abs. 1 Satz 2, 286 Abs. 3 BGB 2004 war in der Widerrufsbelehrung nach § 355 Abs. 2 BGB 2004 nicht erforderlich (Anschluss an OLG Hamm, Urteil vom 16.3.2015 - 31 U 118/14, Rdn. 20).
3. Die Erteilung mehrerer Widerrufsbelehrungen (hier: „Widerrufsbelehrung zum Verbraucherdarlehensvertrag“ und „Widerrufsbelehrung für Fernabsatzgeschäfte“) war im Juni 2008 nicht per se unzulässig und führt daher nicht zwangsläufig zu deren Unwirksamkeit.
Zu 3.: Was kann man daraus schlussfolgern - war das nur im Juni 2008 nicht unzulässig, generell nicht unzulässig oder je nach Rechtsstand, z.B. erst ab Juni 2010 unzulässig??
Krasse BGH-Entscheidung. In den zusätzlichen Pflichtinformationen sei ein Angebot der Bank zu sehen, dass diese die WRF auch von der Vorlage der zusätzlichen Informationen abhängig machen will. Sowas von heftig irgendetwas in den Sachverhalt reininterpretiert, das geht ja gar nicht. Wer glaubt den ernsthaft, dass die Bank genau das machen wollte.
Auf den Rechtsmissbrauch explizit zu verweisen ist auch ein starkes Stück.
Der BGH wandelt sich mal wieder zum Verbraucherschreck.
Immerhin ist deutlich geworden, dass die neuren WRB zumindest dann nicht reichen, wenn die Aufsichtsbehörde nicht genannt wird. Aber ob das wirklich überzeugt, irgendwo steht die meist dann doch und wenns nur auf der Homepage der Bank ist. Da sehe ich wieder kurioses zurechtbiegen der unteren Instanzen im kommen.
Auch im Europäischen Standardisierten Merkblatt ist die Aufsichtsbehörde so gut wie immer zu finden. Das Gesetz besagt eindeutig, dass die Aufsichtsbehörde bei Immobiliendarlehen eben gerade keine Pflichtangabe ist. In der falschen Widerrufsinformation wird sie jedoch ebenso wie die anderen als (vermeintliche) Pflichtangabe bezeichnet. Wie kann das zusammenpassen und weiterhin "klar und verständlich sein"?
Zu 3.: Was kann man daraus schlussfolgern - war das nur im Juni 2008 nicht unzulässig, generell nicht unzulässig oder je nach Rechtsstand, z.B. erst ab Juni 2010 unzulässig??
Keine Ahnung, wer diesen Leitsatz so verfasst hat. Der Darlehensvertrag war wohl aus Juni 2008. Und zu der Frage "mehrere Belehrungen" heißt es in dem Beschluss (nur):
"(2) Dass die Erteilung mehrerer Widerrufsbelehrungen per se unzulässig wäre, wie die Kläger wohl meinen, trifft nicht zu. Es gab zumindest früher sogar Fallgestaltungen, in denen das geboten gewesen wäre (vgl. z.B. die Haustürfälle, in denen vom EuGH neben der Belehrung gem. VerbrKrG gerade das Fehlen einer zweiten Belehrung nach dem HWiG beanstandet worden war, vgl. BGH vom 9.4.2002 = WM 2002, 1181 vom 13.1.2009, XI ZR 509/07 und vom 11.3.2008 = WM 2008, 828). Es mag auch sein, dass die Widerrufsbelehrung und die Information gem. § 312d Abs. 2 BGB a.F. in einem Text zusammengefasst werden können (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl. 2013, § 312d Rdn. 5); das bedeutet aber nicht, dass sie das auch zwingend müssten, wie die Kläger meinen.
Die
Frage, welche der den Klägern erteilten zwei Widerrufsbelehrungen gelten sollte, lässt sich im Zweifel weiterhin dahin beantworten, dass dann beide Belehrungen gelten. Inwieweit dadurch der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufsrechts zu Gunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck vereitelt wird (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2002 = WM 2002, 1989), ist weiterhin nicht ersichtlich, zumal die beiden Belehrungen im Kern übereinstimmen. Soweit die Kläger in dieser Hinsicht nunmehr neue Angriffsmittel vorbringen, sind diese im Berufungsverfahren auch nicht mehr zuzulassen, s.o. "
Aber zumindest mir keine Infos angezeigt werden, was er da zu welchen Themen doziert. Bevor jetzt irgendwer auf schräge Ideen kommt, es ist durchaus nix unbegwöhnliches, dass ein Richter am BGH Prof ist oder wird. Ich bin nur neugierig.
Weiß irgendwer was der neu Proessor und Vorsitzende Prof. Dr. Ellenberg an der Uni Mainz macht und wer den Lehrstuhl finanziert?
Bingo! Genau den richtigen Riecher gehabt.
Dr. Ellenberger ist jetzt Dozent am "Institut für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz."
"Das Institut für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens wurde am 1. Januar 1970 gegründet. Es ist eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Es ist organisatorisch weithin in die Universität integriert. Das Institut trägt zur Erweiterung des Lehrangebots des Fachbereichs Rechts- und Wirtschaftswissenschaften zum Geld-, Kredit-, Bank- und Kapitalmarktrecht bei. Außerdem betreibt es die wissenschaftliche Forschung auf diesen Gebieten. Geführt wird das Institut von drei Direktoren, die von dem Kuratorium der Sparkassen-Wissenschaftsförderung e.V. im Einvernehmen mit dem Fachbereich Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bestellt werden."
Träger des Instituts ist die LBBW und die "Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V."
Vielleicht noch zur Ergänzung: Prof. Mülbert, der zusammen mit Prof. Ellenberger Seminare an der Uni Mainz zum Bankrecht führt und überdies Direktor des Instituts ist, war einer der Sachverständigen bei der Umsetzung der Wohnimmobilienkrediterichtlinie - und hat dort für die Beendigung des "ewigen Widerrufsrechts" bei Altverträgen plädiert. Vorbild war hier die zwei Jahre zuvor eingeführte Regelung des Art. 229 § 32 EGBGB.
Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat.
Sind das jetzt Hypothesen der Pressestelle oder klare Vorgaben des BGH an das OLG?
Klare Vorgaben an das OLG. Hinsichtlich des Rechtsmissbrauchs, dass das OLG es prüfen soll und hinsichtlich des Widerrufs, dass dieser wirksam ist, wenn das OLG keine anderen Gründe aus dem Hut zieht. Genaues lässt sich aber natürlich erst mit den vollständigen Gründen sagen. An der wirksamkeit des Widerrufs wird sicherlich nicht vom OLG gedeutelt werden. Was der BGH mit dem Rechtsmissbrauch meint, ist ohne Gründe und Sachverhalt völlig unklar. Denke da wird jemand hier was zu sagen können, wenn die Vorinstanzen ausgegraben wurden ggf. gibts da irgendwelche Besonderheiten im Sachverhalt.
Das sind wohl klare Vorgaben des XI. Senats - die bereiten auch ihre eigenen Pressemitteilungen vor. Da denken sich die in der Pressstelle nichts aus. Außerdem werden die Mitteilungen zu den eigenen Fällen vom jeweiligen Senat abgesegnet....
Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts rechtmissbräuchlich verhalten haben und welche Rechtsfolgen der Widerruf der Kläger – seine Wirksamkeit unterstellt – hat.
Sind das jetzt Hypothesen der Pressestelle oder klare Vorgaben des BGH an das OLG?
Nur um nochmal klarzustellen: Es geht um möglichen Rechtsmissbrauch, nicht um Verwirkung. Aber da da sowohl das LG als auch das OLG die Widerrufsbelehrung (irrtümlich) für korrekt hielten, wurde ja gar nicht geprüft, ob Rechtsmissbrauch vorliegt. Deswegen kann der BGH auch nichts dazu sagen. In dem BGH-Urteil zur Fondsbeteiligung (XI ZR 501/15) hat der BGH folgendes festgestellt:
"Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur mit Hilfe einer umfassenden Bewertung der gesamten Fallumstände entschieden werden, wobei die Interessen aller an einem bestimmten Rechtsverhältnis Beteiligten zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. Mai 1997 - IV ZR 179/96, BGHZ 135, 333, 337; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 242 Rn. 7). Diese Bewertung vorzunehmen ist Sache des Tatrichters und demgemäß in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht."
Ist ja dann klar, dass diese Prüfung nachgeholt werden muss.
Aber da da sowohl das LG als auch das OLG die Widerrufsbelehrung (irrtümlich) für korrekt hielten, wurde ja gar nicht geprüft, ob Rechtsmissbrauch vorliegt. Deswegen kann der BGH auch nichts dazu sagen. In dem BGH-Urteil zur Fondsbeteiligung (XI ZR 501/15) hat der BGH folgendes festgestellt:
Das ist nicht ganz korrekt. Richtiger ist es folgendermaßen:
Das LG und auch das OLG hielten die Widerrufsbelehrung zutreffend für korrekt, gingen aber irrtümlicherweise davon aus, dass die Widerrufsfrist schon abgelaufen ist und prüften deswegen gar nicht ob Rechtsmissbrauch vorliegt.
Die Widerrufsfrist habe aber gar nicht angefangen zu laufen, weil die Beklagte den Beginn der Widerrufsfrist von Voraussetzungen abhändig gemacht hat, welche sie zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht erfüllt hat.
Sachverhalt der Entscheidung LG Heidelberg -soweit veröffentlicht-: Verbraucher nehmen Darlehen über 273000 Euro auf mit 10 Jahren Zinsbindung. Mitarbeiter der Bank bespricht u.a. das Widerrufsrecht. Merkblatt wird ausgehändigt. November 2010 Beginn der Ratenzahlungen, 3 Jahre später Widerruf.
Ich sehe hier keine Anhaltspunkte für Rechtsmissbrauch, es sei denn, es ergeben sich Anhaltspunkte aus der Besprechung zwischen klagenden Verbrauchern und Mitarbeiter der Bank.
Das ist nicht ganz korrekt. Richtiger ist es folgendermaßen:
Das LG und auch das OLG hielten die Widerrufsbelehrung zutreffend für korrekt, gingen aber irrtümlicherweise davon aus, dass die Widerrufsfrist schon abgelaufen ist und prüften deswegen gar nicht ob Rechtsmissbrauch vorliegt.
Die Widerrufsfrist habe aber gar nicht angefangen zu laufen, weil die Beklagte den Beginn der Widerrufsfrist von Voraussetzungen abhändig gemacht hat, welche sie zum Zeitpunkt des Widerrufs nicht erfüllt hat.