Zitat von
OLG Saarbrücken
„ccc) Diese inhaltliche Überprüfung führt hier indessen zu dem Ergebnis, dass jedenfalls bei der vorliegend zu beurteilenden Finanzdienstleistung eine Aufnahme des Gestaltungshinweises Nr. 6 zur sachgerechten Information des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht nicht erforderlich war:
aaaa) Die inhaltlichen Anforderungen an eine Belehrung über das Widerrufsrecht wurden zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in § 1 Abs. 1 BGB-InfoV aF normiert. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV muss der Unternehmer über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufs- oder Rückgaberechts sowie die Bedingungen, Einzelheiten der Ausübung, insbesondere Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist, und die Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe informieren, einschließlich der Informationen über den Betrag, den der Verbraucher im Fall des Widerrufs oder der Rückgabe gemäß § 357 Abs. 1 BGB für die erbrachte Dienstleistung zu zahlen hat. Diesen Anforderungen wird die konkrete Gestaltung gerecht. Eine gesonderte Information darüber, dass der Widerruf dazu führen könne, dass der Verbraucher die vertraglichen Zahlungspflichten für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen müsse, war im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt schon deshalb nicht geboten, weil eine solche Information eher zur Verwirrung des Verbrauchers beigetragen hätte. Denn beim Ratenkreditvertrag kommt eine derartige Zahlungspflicht nicht in Betracht:
bbbb) Die vertragliche Zahlungspflicht des Darlehensnehmers besteht bei Verträgen der vorliegenden Art allein darin, das empfangene Darlehen nebst Zinsen in der vertraglich vereinbarten Weise zurückzuzahlen. Mit Ausübung des wirksamen Widerrufs ist diese vertragliche Pflicht erloschen: Der Darlehensgeber ist nunmehr nach den Vorschriften des Rücktritts zur Rückzahlung der erhaltenen Raten, der Darlehensnehmer zur Rückzahlung der empfangenen Valuta verpflichtet. Bei dieser Sach- und Rechtslage fließen auch alle vor Ausübung des Widerrufs geleisteten Darlehensraten in die Rückabwicklung ein. Diese Rechtsfolge würde durch den Gestaltungshinweis Nr. 6 verschleiert, der den juristisch nicht geschulten Verbraucher zu der unzutreffenden Ansicht verleiten könnten, dass die bis zur Erklärung des Widerrufs geleisteten Darlehensraten einer Rückabwicklung entzogen seien.
cccc) Vielmehr hat der Gestaltungshinweis Nr. 6 offensichtlich in Anlehnung an Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und Rates über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen Aufnahme in den Mustertext gefunden: Nach dieser Bestimmung, die mit dem Titel „Zahlung für eine vor Widerruf des Vertrages erbrachte Dienstleistung“ überschrieben ist, darf von einem Verbraucher, der sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, lediglich die Zahlung für die vom Anbieter gemäß dem Fernabsatzvertrag tatsächlich erbrachte Dienstleistung verlangt werden. Bereits in ihrer Begrifflichkeit zielt diese Bestimmung auf solche „echte“ Dienstleistungen ab, die der Dienstverpflichtete über den vertraglichen Zeitraum wiederkehrend erbringt, wovon der Berechtigte zeitanteilig profitiert. Eine solche zeitanteilige Betrachtung ist im Fall des Ratenkredits nicht sachgerecht: Die Leistungspflicht des Kreditgebers aktualisiert sich nicht zeitanteilig während der Laufzeit des Kredits. Vielmehr erbringt der Kreditgeber seine vertragliche Hauptleistung mit der Auszahlung des Darlehens regelmäßig - so auch im vorliegenden Fall - in einer einzigen Leistungshandlung zu Beginn des Vertragsverhältnisses. In einer solchen Situation bleibt für eine zeitlich differenzierte Betrachtung der Widerrufsfolgen kein Raum.
Daher zielt die Richtlinie 2002/65/EG in Art. 7 auf zeitanteilig wiederkehrend zu erbringende Dienstleistungen ab und bezweckt die Harmonisierung solcher Rechtssysteme, die den vertraglichen Erfüllungsanspruch für die vor der Zeit des Widerrufs tatsächlich erbrachten Finanzdienstleistungen dauerhaft bestehen lassen. Im Fall des Verbraucherdarlehens besteht dieser Harmonisierungsbedarf indessen nicht, da die Widerrufsfolgen bereits nach nationalem Recht den gesamten Leistungsaustausch erfassen. Dies berücksichtigend wurde die Beklagte auch ohne Aufnahme des Gestaltungshinweises Nr. 6 über die Rechtsfolgen des Widerrufs sachgerecht informiert.“
(OLG Saarbrücken, Urteil vom 14.08.2014, Az.: 4 U 120/13)