ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.
Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.
@IG Widerruf: Interessanter Ansatz.
Ich habe einen Vertrag, in dem steht nur "Ansprüche aus dem Darlehensvertrag können ohne unsere schriftliche Zustimmung weder abgetreten noch verpfändet werden." Besonders hervorgehen ist das auch nicht. Wenn ich das richtig interpretiere, dann bedeutet dieser Satz sowieso nur, dass ich nichts abtreten darf, aber ob die Bank ohne Zustimmung etwas abtreten darf, geht daraus überhaupt nicht hervor, d.h. diese Pflichtangabe fehlt offenbar?
Spannend dürfte in der Tat die Auslegung des "deutlich gestaltet" sein. Nachdem der BGH in seinen Entscheidungen zum neueren Widerrufsrecht von einem "normalen Darlehensnehmer" ausgeht.
"Ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher konnte die für seinen Vertrag maßgeblichen Pflichtangaben ermitteln."
Der dazu noch aufmerksam den Darlehensvertrag komplett durchliest, scheint der BGH keine hohen Anforderungen an die deutliche Gestaltung der Informationen zu setzen. Bisher hat es in den wenigen Entscheidungen des BGHs zu den Pflichtinfos irgendwie immer gereicht, wenns irgendwo irgenwie im Vertrag drinsteht. Nur wenns gar nicht drin steht, dann scheints ein böser Fehler zu sein.
Der Knackpunkt ist, dass hier nicht gefordert wird, dass es wie das alte Widerrufsrecht in deutlich hervorgehober Art gestaltete sein muss. Nur deutlich gestaltet kann halt alles sein und obläst es erstmal dem Gusto des Richters.
Der Art 247 § 9 EGBGB a.F. lässt etwas unklar, ob es überhaupt im Vertrag stehen muss oder in den vorvertraglichen Informationen und ob es damit wirklich eine Pflichtinformation ist. Denke aber schon, dass man es dazu zählen kann, weil § 492 Abs. 2 BGB a.F. auf die Informationen nach Art 247 §§ 6 - 13 EGBGB a.F. Bezug nimmt.
Der Verweis auf § 1 vom Art 247 EGBGB erfolgte wohl nur, wie er auch schreibt, weil das nach neuerem Recht dort inhaltlich drin steht, nachdem es den Art 247 § 9 EGBGB nicht mehr gibt.
In Artikel 247 in der vor dem 13.06.2014 geltenden Fassung steht auch nur etwas zur "vorvertraglichen Information":
§ 9 Abweichende Mitteilungspflichten bei Immobiliardarlehensverträgen gemäß § 503 des Bürgerlichen Gesetzbuchs
(1) Bei Verträgen gemäß § 503 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind in der vorvertraglichen Information und im Verbraucherdarlehensvertrag abweichend von den §§ 3 bis 8, 12 und 13 die Angaben nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 7, 10 und 13 sowie nach § 3 Abs. 4 und nach § 8 zwingend. Die vorvertragliche Information muss auch einen deutlich gestalteten Hinweis darauf enthalten, dass der Darlehensgeber Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers abtreten und das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf, soweit nicht die Abtretung im Vertrag ausgeschlossen wird oder der Darlehensnehmer der Übertragung zustimmen muss. Der Vertrag muss ferner die Angaben zum Widerrufsrecht nach § 6 Abs. 2 enthalten.
@Texis: Ich finde das auch etwa widersprüchlich bzw. woher soll man wissen, welcher Paragraph nun den anderen "sticht"?? Denn in § 492 Abs. 2 BGB heisst es "Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten."
Ich habe jetzt die vom BGH hier bestätigte Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig hier liegen. Die entscheidende Passage:
Dazu sagt der BGH:
Mit anderen Worten: Wenn denn das zuständige Gericht so will, tritt Verwirkung eben doch auch einfach durch vorbehaltlose Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung und Ablauf einer noch unbestimmten Zeitspanne ab. Sehr unerfreulich...
Ist die entscheidende Passage zur Auseinandersetzung des BGH mit dem Urteil des OLG Schleswig-Holstein nicht diese aus der Urteilsbegründung des OLG:
"Die Beklagte durfte darauf vertrauen, dass die Klägerin den Darlehensvertrag nicht widerrufen und die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht zurückverlangen werde. Das ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben des Notars vom 17. September 2010, das die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12. November 2015 zitiert. Der Notar kündigte an, dass die Klägerin die Berechtigung der Vorfälligkeitsentschädigung gerichtlich klären lassen wolle. Gleichwohl hat die Klägerin fast vier Jahre lang nichts unternommen."
Ich könnte mir zumindest vorstellen, dass nicht allein die Ablösung die Begründung für die Verwirkung ist. Sonst hätte diese Passage nicht aufgeführt werden müssen.
Hm vielleicht kann da wer aus der Praxis uns erleuchten. Ich Vermute aber mal, dass gerade bei Immobiliendarlehen keine vorvertraglichen Informationen übergeben wurden, wo etwas derartiges drinsteht, sondern der Darlehensvertrag = vorvertragliche Informationen ist. Alles andere würde doch dazu führen, dass der Hinweis völlig irrelevant wäre, weil keine Rechtsfolge an fehlende vorvertragliche Informationen geknüpft ist, egal ob solche übergeben wurden oder nicht. Letztlich gilt aber auch hier wieder m.E. nach § 492 Abs. 2 BGB a.F. dass über alle Informationen nach Art 247 §§ 6- 13 EGBGB a.F. irgendwie aufzuklären war (Immo Darlehen halt nur § 9), sonst fehlt eine Pflichtinfo & wenns keine vorvertraglichen Informationen gab, muss es spätestens im Vertrag stehen.
das ist eine vorvertragliche Informationspflicht, aber doch keine Pflichtangabe mach § 492 Abs. 2 iVm Art 247 EGBGB. Dieses ergeben sich aus Art 247 § 6 EGBGB mit den ganzen Verweisungen. DA komme ich doch nicht zu § 1 Abs. 3, oder sehe ich da was nicht.
Da der Passus im alten EGBGB in Art. 247 §9 stand und die Pflichtangaben in §6-13 stehen, gehört es für mein Verständnis zu den Pflichtangaben. Der Hinweis auf BGH-Urteil ist interessant, danke. Das werden wir uns nochmal anschauen.
Allerdings gibt es etliche Banken, die hier deutlich schlechter informiert haben als die Genossenschaftsbanken. Z.B. die Deutsche Bank, die den Abtretungshinweis klein versteckt in den AGBs hat (nicht "deutlich gestaltet"). Und auch die Diba hat das Ganze unseres Erachtens sehr schlecht gelöst.
Wie passt das denn? Aus anwalt.de
Der von der Kanzlei Dr. Eckardt und Klinger erzielte Prozesskostenhilfebeschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 08.02.2017, Az.: 12 W 47/16, bestätigt, dass auch, wenn bereits eine Aufhebungsvereinbarung geschlossen und das Darlehen bereits nebst Vorfälligkeitsentschädigung zurückgezahlt worden ist, ein Widerruf des Darlehensvertrages noch möglich ist.
Unsere Mandanten hatten im Jahr 2005 bei der DSL Bank ein Wohnungsbaudarlehen aufgenommen. Im Oktober 2013 schlossen die Parteien eine Vereinbarung zur vorzeitigen Ablösung des Darlehens und zahlten das Darlehen zuzüglich Vorfälligkeitsentschädigung an die DSL Bank zurück. Im Februar 2014 wurde der Widerruf des Darlehensvertrages erklärt.
Das Landgericht Bonn hatte das Prozesskostenhilfebegehren unserer Mandanten mangels Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage zurückgewiesen. Dagegen haben wir Prozesskostenhilfebeschwerde eingelegt. Mit Erfolg:
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln steht die Ablösung des Darlehens vor Erklärung des Widerrufs dem wirksamen Widerruf nicht entgegen. Zwar sehe der für Fernabsatzverträge seinerzeit geltende § 312d Abs. 3 Nr. 1 BGB in der Fassung vom 02.12.2004 vor, dass das Widerrufsrecht einer im Fernabsatz geschlossenen Finanzdienstleistung bei von beiden Seiten auf ausdrücklichem Wunsch vollständig erfüllten Vertrag erlöscht, allerdings gelte dieser Erlöschenstatbestand beim Zusammentreffen einer Finanzdienstleistung im Fernabsatzrecht mit einem Verbraucherdarlehensvertrag nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht (§ 312d Abs. 5 Satz 1BGB a.F.).
Anders als das Landgericht Bonn sieht das Oberlandesgericht auch keine Anhaltspunkte für eine Verwirkung des Widerrufsrechts. Allein in dem Abschluss und Erfüllung der Aufhebungsvereinbarung sieht das OLG Köln keinen Verwirkungsgrund. Der Zeitrahmen von knapp vier Monaten zwischen Abschluss der Aufhebungsvereinbarung und des Widerrufs begründe auch kein berechtigtes Vertrauen der DSL Bank, die Darlehensnehmer würden ihr Widerrufsrecht nicht mehr ausüben.
Kaum zu glauben??? Vielleicht lag es daran, dass sich das OLG Köln in meinem Beschluss an dem Zeitablauf von 2 Jahren und 2 Monaten zwischen Abschluss Aufhebungsvereinbarung und Widerruf gestört hat. Ich habe bereits Anhörungsrüge eingelegt.
@IG Widerruf: Interessanter Ansatz.
Ich habe einen Vertrag, in dem steht nur "Ansprüche aus dem Darlehensvertrag können ohne unsere schriftliche Zustimmung weder abgetreten noch verpfändet werden." Besonders hervorgehen ist das auch nicht. Wenn ich das richtig interpretiere, dann bedeutet dieser Satz sowieso nur, dass ich nichts abtreten darf, aber ob die Bank ohne Zustimmung etwas abtreten darf, geht daraus überhaupt nicht hervor, d.h. diese Pflichtangabe fehlt offenbar?
Klingt für mich auch so. Allerdings solltest Du den Kreditvertrag noch einmal anwaltlich überprüfen lassen.
So richtig einleuchtend finde ich die Ausführungen des BGHs hier auch nicht (BGH 17.01.2017 Az. XI ZR 170/16). Wenn der DN die Rückzahlung verweigert weil er sie nur Zug um Zug gegen Freigabe der Grundschulden leistet, macht es doch keinen Unterschied, ob die Grundschuld auch das Rückabwicklungsverhältnis absichert, weil die verlangte Zahlung der Bank doch eben auch aus dem Rückabwicklungsverhältnis entspringt. Einen Antrag zu stellen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebotes auf Rückübertragung der Grundschuld gegen den Betrag X hört sich für mich auch nicht nach einer gesicherten Rechtsposition für den DN an. Wie lässt sich sowas vollstrecken, die Eintragung der Grundschuld dürfte sich damit jedenfalls nicht direkt löschen lassen.
Sorry für die dumme Frage, aber warum kann der DN der Bank, wenn die Bank die Zahlung fordert die Zug um Zug Einrede vorhalten, darf aber selber nicht darauf klagen nur Zug um Zug gegen Rückübertragun leisten zu müssen, sondern nur Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebotes zur Rückübertragung. Gezahlt hat er doch in beiden (noch) Fällen nicht.
Ich verstehe es auch nicht, aber vielleicht ist das hier die Lösung:
Für die Begründung eines Zurückbehaltungsrechts reichte es aus, wenn die aufschiebende Bedingung mit der Zahlung des Beklagten einträte; denn es genügt, dass der Gegenanspruch mit der Erbringung der geschuldeten Leistung fällig wird (Senat, Urteil vom 6. Dezember 1991 - V ZR 229/80, BGHZ 116, 244, 247 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 273 Rn. 7 mwN).
Für mich hört es sich so an als würde es für das Zurückbehaltungsrecht ausreichen, dass durch die Verurteilung die Zahlung Fällig wird, und durch die Zahlung die aufschiebende Bedingung eintreten würde und danach der Gegenanspruch sofort fällig wird. Allerdings kann ich keinen Unterschied zwischen einer Klage auf Herausgabe der Grundschuld Zug um Zug und Zurückbehaltungsrecht erkennen, weil ja beide zu dem gleichen Urteil führen. Der DN wird doch in beiden Fällen zur Zahlung verurteilt. Auf seinem Antrag oder auf Antrag der Bank. Wo soll da der Unterschied sein?
Da der Passus im alten EGBGB in Art. 247 §9 stand und die Pflichtangaben in §6-13 stehen, gehört es für mein Verständnis zu den Pflichtangaben. Der Hinweis auf BGH-Urteil ist interessant, danke. Das werden wir uns nochmal anschauen.
Allerdings gibt es etliche Banken, die hier deutlich schlechter informiert haben als die Genossenschaftsbanken. Z.B. die Deutsche Bank, die den Abtretungshinweis klein versteckt in den AGBs hat (nicht "deutlich gestaltet"). Und auch die Diba hat das Ganze unseres Erachtens sehr schlecht gelöst.
Also Art. 247 EGBGB unterscheidet und unterschied deutlich zwischen dem notwendigen Inhalt der vorvertraglichen Informationen und dem notwendigen Vertragsinhalt. Ein Teil der Pflichtangaben muss(te) sowohl in den vorvertraglichen Informationen als auch im Vertrag selbst enthalten sein.
In Art. 247 § 9 Abs. 1 Satz 2 EGBGB aF hieß es aber eindeutig nur: "Die vorvertragliche Information muss auch einen deutlich gestalteten Hinweis darauf enthalten, dass der Darlehensgeber Forderungen aus dem Darlehensvertrag ohne Zustimmung des Darlehensnehmers abtreten und das Vertragsverhältnis auf einen Dritten übertragen darf, soweit nicht die Abtretung im Vertrag ausgeschlossen wird oder der Darlehensnehmer der Übertragung zustimmen muss."
§ 492 Abs. 2 BGB sagt(e) hingegen: "Der Vertrag muss die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche enthalten." (Hervorh. jeweils d. mich)
Die vorvertraglichen Informationspflichten beim Verbraucherdarlehensvertrag sind/waren in § 491a Abs. 1 BGB geregelt. Von deren Erteilung ist der Lauf der Widerrufsfrist aber nicht abhängig (vgl. § 495 BGB aF bzw. § 356b BGB).
Die unterschiedlichen Rechtsfolgen der Verletzung von Informationspflichten sind im Übrigen im Palandt in der Einf v Art. 238 EGBGB gut dargestellt. Viele Pflichtverstöße begründen nur einen Schadensersatzanspruch (wenn denn ein kausaler Schaden nachweisbar ist).
Ist die entscheidende Passage zur Auseinandersetzung des BGH mit dem Urteil des OLG Schleswig-Holstein nicht diese aus der Urteilsbegründung des OLG:
"Die Beklagte durfte darauf vertrauen, dass die Klägerin den Darlehensvertrag nicht widerrufen und die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht zurückverlangen werde. Das ergibt sich insbesondere aus dem Schreiben des Notars vom 17. September 2010, das die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12. November 2015 zitiert. Der Notar kündigte an, dass die Klägerin die Berechtigung der Vorfälligkeitsentschädigung gerichtlich klären lassen wolle. Gleichwohl hat die Klägerin fast vier Jahre lang nichts unternommen."
Dass da weiter hinten doch noch was kommt, habe ich glatt übersehen; so sieht es ja tatsächlich schon wieder etwas freundlicher & nach Einzelfall aus.
da ist es, Rz 30 und 31. Das ist eine mE nicht nachvollziehbare Behauptung, dass das eine vertragliche Erweiterung sein soll. Das entspricht doch niemals dem Willen der Parteien ... lachhaft
Zur Frage, wo die Aufsichtsbehörde und andere Pflichtangaben sein müssen, allerdings nur Schweigen im Walde.
Zudem hat der BGH hier nun mit einem Feststellungsantrag nun offenbar gar keine Schmerzen. Was dann die diesbezüglich irritierenden Ausführungen in XI ZR 66/16 sollten, ich weiß es langsam nicht mehr.
da ist es, Rz 30 und 31. Das ist eine mE nicht nachvollziehbare Behauptung, dass das eine vertragliche Erweiterung sein soll. Das entspricht doch niemals dem Willen der Parteien ... lachhaft
Zur Frage, wo die Aufsichtsbehörde und andere Pflichtangaben sein müssen, allerdings nur Schweigen im Walde.
Zudem hat der BGH hier nun mit einem Feststellungsantrag nun offenbar gar keine Schmerzen. Was dann die diesbezüglich irritierenden Ausführungen in XI ZR 66/16 sollten, ich weiß es langsam nicht mehr.
Bundesgerichtshof entscheidet über die Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung bei einem Präsenzgeschäft
Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 381/16
Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute darüber entschieden, welche Bedeutung den besonderen Umständen der konkreten Vertragssituation bei der Bewertung von Widerrufsbelehrungen zukommt.
Sachverhalt:
Die Kläger verlangen nach Widerruf ihrer auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung die Erstattung der von ihnen gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung. Sie schlossen mit der Beklagten am 15. Februar 2006 zur Finanzierung einer Immobilie einen Verbraucherdarlehensvertrag über nominal 106.000 € mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Der Vertragsabschluss gestaltete sich so, dass ein Mitarbeiter der Beklagten und die Kläger – alle drei zeitgleich an einem Ort anwesend – die den Klägern erstmals vorgelegten schriftlichen Vertragsunterlagen unterzeichneten. Dem Darlehensvertrag war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, die unter anderem folgenden Passus enthielt:
"Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen
- eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags
zur Verfügung gestellt wurden".
Im Herbst 2014 wollten die Kläger die finanzierte Immobilie verkaufen. Deshalb traten sie an die Beklagte heran, um das Darlehen vorzeitig abzulösen. Die Beklagte machte den Abschluss einer "Aufhebungsvereinbarung" von der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 4.569,82 € abhängig. Die Kläger gaben eine darauf gerichtete Willenserklärung am 21. Oktober 2014 "unter dem Vorbehalt einer Überprüfung des geschlossenen Darlehensvertrages einschließlich der Widerrufsbelehrung" ab. Sie entrichteten die von der Beklagten beanspruchte Vorfälligkeitsentschädigung. Unter dem 21. November 2014 widerriefen sie ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung.
Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung und vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend:
Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung ist als vorformulierte Erklärung gemäß den im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen objektiv auszulegen. Nach dieser Maßgabe ist sie unzureichend deutlich formuliert, weil sie entgegen der für die Vertragsbeziehungen der Parteien maßgebenden Rechtslage so verstanden werden kann, die Widerrufsfrist laufe unabhängig von der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers an.
Ob die Kläger die anlässlich eines Präsenzgeschäfts erteilte Belehrung in Übereinstimmung mit der Beklagten stillschweigend richtig dahin verstanden haben, das Anlaufen der Frist setze die Abgabe ihrer Vertragserklärung voraus, ist unerheblich. Denn der Verbraucher war hier zu seinen Gunsten zwingend in Textform zu belehren, so dass die Widerrufsbelehrung nicht anhand eines konkludenten gemeinsamen Verständnisses der Vertragsparteien korrigiert werden kann. Auf die Kausalität des Belehrungsfehlers kommt es nicht an.
Der Bundesgerichtshof hat außerdem seine Rechtsauffassung bestätigt, dass eine Aufhebungsvereinbarung einen anschließenden Widerruf nicht hindert.
Das Landgericht wird nach Zurückverweisung der Sache nunmehr anhand der vom Bundesgerichtshof in seinen Entscheidungen vom 12. Juli 2016 (vgl. Pressemitteilung Nr. 118/2016 und Nr. 119/2016) niedergelegten und vom Landgericht, das vorher entschieden hat, noch nicht berücksichtigten Grundsätze der Frage nachzugehen haben, ob die Kläger mit der Ausübung des Widerrufsrechts gegen Treu und Glauben verstoßen haben.
Vorinstanzen:
AG Krefeld – Urteil vom 24. September 2015 – 12a C 120/14
LG Krefeld – Urteil vom 1. Juli 2016 – 1 S 89/15
Karlsruhe, den 21. Februar 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-5013 Telefax (0721) 159-5501"
Bundesgerichtshof entscheidet über die Zulässigkeit von Feststellungsklagen in Widerrufsfällen
Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15
Der u.a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute darüber entschieden, ob eine Klage zulässig ist, mit der die Feststellung begehrt wird, dass ein Verbraucherdarlehensvertrag aufgrund des Widerrufs der auf seinen Abschluss gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers rückabzuwickeln ist.
Sachverhalt:
Die Parteien schlossen im Juni und November 2007 im Wege des Fernabsatzes zwei - überwiegend noch valutierende - Verbraucherdarlehensverträge über 70.000 € und 10.000 €. Die Beklagte belehrte die Klägerin über ihr Widerrufsrecht jeweils unter anderem wie folgt:
"Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. per Brief, Telefax oder E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen
-ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,
-eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrages, jeweils einschließlich der Allgemeinen Darlehensbedingungen,
- die Informationen, zu denen die […] [Beklagte] nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 BGB InfoV) verpflichtet ist,
zur Verfügung gestellt wurden, nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages.
Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs".
Mit Schreiben vom 8. Juli 2014 widerrief die Klägerin ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
Prozessverlauf:
Ihre Klage auf Feststellung, sie habe die Darlehensverträge "wirksam widerrufen" und es bestünden "keine Zahlungsverpflichtungen aus diesen Darlehensverträgen", auf Erteilung einer "löschungsfähige[n] Quittung" für eine der Beklagten gestellte Grundschuld und auf Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie zuletzt nur noch ihre Feststellungs- und Zahlungsklage weiterverfolgt hat, hat das Oberlandesgericht, das die Klägerin zu einer entsprechenden Änderung ihres Feststellungsbegehrens veranlasst hat, dahin erkannt, es werde festgestellt, dass aufgrund des Widerrufs die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse "umgewandelt" worden seien. Weiter hat es die Beklagte zur Zahlung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten verurteilt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Auf die von ihm zugelassene Revision der Beklagten hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Versäumnisurteil vom heutigen Tag das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben.
Soweit die Revision das Zahlungsbegehren zum Gegenstand hatte, hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der Sache selbst erkannt und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Leistungsanspruch zusteht.
Im Übrigen hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Dabei waren im Wesentlichen folgende Überlegungen leitend:
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert am Vorrang der Leistungsklage. Das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, deckt sich in Fällen wie dem vorliegenden, dem kein verbundener Vertrag zugrunde liegt, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die die Klägerin beziffern kann. Ihr ist deshalb eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar. Eine Leistungsklage erschöpft das Rechtsschutzziel. Da die Parteien auch über die Höhe der Ansprüche streiten, war die Feststellungsklage nicht deshalb ausnahmsweise zulässig, weil die Beklagte als Bank die Erwartung rechtfertigte, sie werde auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, ohne dass es eines weiteren, auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedürfe.
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs konnte auf die Revision der Beklagten die Feststellungsklage allerdings nicht ohne weiteres als unzulässig abweisen, weil der Klägerin Gelegenheit gegeben werden muss, von der Feststellungs- zur Leistungsklage überzugehen. Das Begehren der Klägerin könnte, was von den weiteren Feststellungen des Oberlandesgerichts abhängt, auch noch in der Sache Erfolg haben.
Zwar hat die Beklagte die Klägerin richtig über ihr Widerrufsrecht belehrt. Der Verweis auf die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften umschrieb hinreichend deutlich die Voraussetzungen, von denen das Anlaufen der Widerrufsfrist abhängig war. Eine Verweisung auf eine konkret bezeichnete gesetzliche Vorschrift stellt, wenn der Gesetzestext - wie hier das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung - für jedermann ohne weiteres zugänglich ist, keinen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot dar, sondern dient im Gegenteil der Verständlichkeit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der Belehrung. Der Zusatz, die Frist beginne nicht "vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages", war auch im Verein mit der Einleitung "Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem …" nicht irreführend. Er orientierte sich vielmehr am Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und war damit hinreichend bestimmt. Auch im Übrigen hielt die Widerrufsbelehrung einer Überprüfung durch den XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs stand.
Mangels tragfähiger Feststellungen des Oberlandesgerichts dazu, die Beklagte habe die nach dem Gesetz erforderlichen Informationen tatsächlich erteilt, steht indessen noch nicht fest, dass die Widerrufsfrist an- und abgelaufen und damit der im Juli 2014 erklärte Widerruf der Klägerin ins Leere gegangen ist, so dass Ansprüche der Klägerin aus einem Rückgewährschuldverhältnis nicht bestehen. Das Oberlandesgericht wird nach Zurückverweisung der Sache diese Feststellungen nachzuholen haben.
Vorinstanzen:
LG München I – Urteil vom 13. Mai 2015 – 22 O 21729/14
OLG München – Urteil vom 22. September 2015 – 17 U 2271/15
Karlsruhe, den 21. Februar 2017
Pressestelle des Bundesgerichtshofs 76125 Karlsruhe Telefon (0721) 159-5013 Telefax (0721) 159-5501
Erste Einschätzung eines unserer Anwälte: Dadurch, dass der BGH darauf hinweist, dass die Aufsichtsbehörde "im Darlehensvertrag" genannt werden muss, sind die Sparkassen-Kredite aus dem Zeitraum ab Juni 2010 fehlerhaft und müssen rückabgewickelt werden. Dort wurde die Aufsichtsbehörde entweder gar nicht oder nur im ESM genannt. Das ESM ist nach unserem Verständnis als vorvertragliche Information nicht Teil des Darlehensvertrags. Sparkassen-Kunden haben damit sehr gute Chancen auf eine Rückabwicklung.
Je nach Sparkasse wurde das fehlerhafte Muster ab Juni 2010 bis mindestens November 2010 verwendet. Viele Sparkassen haben die falsche Widerrufsbelehrung auch noch in 2011 verwendet, einzelne sogar noch in 2012.
Anders sieht es bei anderen Banken aus. Die Volksbanken haben die Aufsichtsbehörde in der Regel in den AGBs genannt. Da kann man nun streiten, ob diese Teil des Darlehensvertrags sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gericht die AGBs als Teil des Vertrags sieht, ist jedoch gegeben.
Bei anderen Verträgen, bei denen die Aufsichtsbehörde in der Widerrufsbelehrung als Pflichtangabe genannt wird, muss genau geprüft werden, ob und wo die Aufsichtsbehörde genannt wird.
ist das nun wieder schwammig interpretierbar oder gibt es da klare Regeln?
Was ist "im Darlehensvertrag"?
Mein Vertrag bei der R+V enthält den Punkt 28: Anlage "Europäisches Standardisierte Merkblatt" und "Tilgungsplan"
Dem Darlehensvertrag sind als Anlage das "Europäisches Standardisierte Merkblatt" sowie ein "Tilgungsplan" beigeheftet.
Ist die Aufsichtsbehörede damit im Vertrag?
Mein lainhaftes Rechtsverständnis wäre nein, die Aufsichtsbehörde wird nicht im Vertrag genannt sondern im ESM. Somit wäre nach meiner Auffasung aber auch die Nenenung der Aufsichtsbehörde in den AGB nicht ausreichend, da ebenfalls nicht im Vertrag.
Frage an die Fachleute hier:
Lässt sich der Sacheverhalt evtl. durch diesen Passus noch etwas konkretisieren?
Rdnr.30
Zugleich trug die Beklagte ihren Vertragspartnern an, das Anlaufen der Widerrufsfrist von der Erteilung dieser Angaben in der für gesetzliche Pflichtangaben vorgeschriebenen Form bei Vertragsschluss (vgl. Münch-KommBGB/Schürnbrand, 7. Aufl., § 492 Rn. 24; PWW/Nobbe, BGB, 11. Aufl., § 492 Rn. 9) und nicht lediglich im Zuge der Erfüllung vorvertraglicher Informationspflichten nach § 491a BGB hier: in der vom 10. Juni 2010 bis zum 20. März 2016 geltenden Fassung abhängig zu machen.
Nach den neuen Urteilen ist der Einwand des Präsenzgeschäfts bei den Genossenschaftsbanken nun wohl endgültig erledigt, allerdings hat der BGH wohl nun auch die Feststellungsanträge für unzulässig gehalten, oder wie sehr ihr das?? Das wird ja nun ein Riesenspaß.