b)
Der Beklagten kommt auch nicht die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für die Widerrufsbelehrung gemäß Anlage 2 zu §
14 BGB-InfoV a. F. zugute. Die Beklagte hat das Muster für die Widerrufsbelehrung einer inhaltlichen Bearbeitung unterzogen, die über das nach §
14 Abs. 3 BGB-InfoV a. F. für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht. Sie hat u. a. zwei Fußnoten eingefügt, die das Muster für die Widerrufsbelehrung nicht vorsah.
Auf Grund der damit festzustellenden nicht ordnungsgemäßen Belehrung ist daher gemäß §
355 Abs. 3 BGB a. F. das Recht des Klägers, seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen, nicht erloschen.
Das Widerrufsrecht ist überdies auch nicht bereits mit der einvernehmlichen Auflösung des Darlehensvertrages mit Vereinbarung vom 5.6.2013 erloschen. Dies folgt aus dem Zweck des Widerrufsrechts, dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich von dem geschlossenen Vertrag auf einfache Weise durch Widerruf zu lösen, ohne die mit sonstigen Nichtigkeits- und Beendigungsgründen verbundenen Rechtswirkungen in Kauf nehmen zu müssen.
Daher kann der Verbraucher seine auf Abschluss eines Verbrauchervertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen, auch wenn die Parteien den Vertrag vor Ausübung des Widerrufsrechts bereits einvernehmlich beendet haben, ohne sich zugleich über das Widerrufsrecht zu vergleichen (BGH Urt. v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15 -, Rn. 28, juris).
2.
Das Widerrufsrecht des Klägers ist jedoch verwirkt (§
242 BGB), nachdem das Darlehensvertragsverhältnis auf Grund der Vereinbarung vom 5.6.2013 zum 30.6.2013 gegen Zahlung der von der Beklagten errechneten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 19.736,53 € aufgelöst wurde.Das Widerrufsrecht nach §
495 BGB a. F. kann verwirkt werden (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2016 –
XI ZR 564/15 -, Rn. 34 ff., juris;
Urt. v. 11.10.2016 – XI ZR 482/15 -, Rn. 30, juris). Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung (§
242 BGB) setzt neben einem
Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Verbrauchervertrages zu laufen beginnt, ein
Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist danach verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit des Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen daher besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH in st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 12.7.2016 –
XI ZR 564/15 -, Rn. 37, juris).
Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen einer Verwirkung vorliegend vor. Das Vorliegen des erforderlichen Zeitmoments ergibt sich bereits daraus, dass der Widerruf durch den Kläger erst mehr als 9 Jahre nach Abschluss des Darlehensvertrages erfolgte. Diese Zeitspanne reicht für die Annahme des erforderlichen Zeitmoments aus.
Auch das Umstandsmoment liegt vor. Dieses folgt daraus, dass der Darlehensvertrag bereits am 5.6.2013
auf Wunsch des Klägers einvernehmlich vor Ablauf der Zinsfestschreibung gegen Vereinbarung eines Vorfälligkeitsentgelts zum 30.6.2013 fällig gestellt und das Vertragsverhältnis beendet wurde, bevor der Kläger fast 2 Jahre später seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen hat. Gerade bei auf Wunsch des Verbrauchers beendeten Verbraucherdarlehensverträgen – wie hier – kann das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs nach den vorgenannten Maßstäben schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher gemäß §
355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der hier maßgeblichen Fassung nachzubelehren (vgl. BGH, Urt. v. 12.7.2016 –
XI ZR 501/15 -, Rn. 41). Löst der Verbraucher ein Verbraucherdarlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ab, ist das Umstandsmoment regelmäßig zu bejahen, weil sich die darlehensgebende Bank oder Sparkasse – im Sinne einer tatsächlichen Vermutung – darauf einrichten darf und wird, dass der Vorgang auf Grund der willentlichen Beendigung des Darlehensverhältnisses durch den Darlehensnehmer abgeschlossen ist (vgl. auch OLG Schleswig, Urt. v. 6.10.2016 –
5 U 72/16 -, Rn. 41). Für die Annahme einer solchen tatsächlichen Vermutung spricht vorliegend auch der weitere Umstand, dass der Kläger nach erfolgter Ablösung des Darlehens und Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung mehr als 19 Monate hat verstreichen lassen, bevor er den Widerruf erklärte. In diesem Falle ist das Vertrauen der Beklagten gerechtfertigt, der Kläger werde sein Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen.