Widerrufsjoker - Erfahrungen

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  1. Avatar von enduristi
    enduristi ist offline
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    Standard Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.

    Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.

    Grüsse

    Endu

  2. Avatar von milkrun
    milkrun ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Recht_so
    Vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 27.09.2016 - 6 U 46/16. Die Revision wurde zugelassen.
    Wie bekommt man raus, ob Revision auch eingelegt wurde?

  3. Avatar von Turbocharlotte
    Turbocharlotte ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Hallo,

    ich moechte hiermit den Beschluss des BGH - XI ZR 309/15 - unter zwei Gesichtspunkten thematisieren:

    Der BGH nimmt eine inhaltliche "Pruefung" des Sachverhalts vor. M.E. ist diese jedoch dem (eigentlichen) Revisionsverfahren vorbehalten und gem. § 544 ZPO nicht Gegenstand der Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde.

    In seiner Entscheidung vom 12.07.2016 - XI ZR 564/15 - begruendet der BGH zur Fussnote "Bitte Frist im Einzelfall prüfen" eingehend und nachvollziehbar seine Rechtsauffassung. Die tragenden Gruende fuer die Fehlerhaftigkeit der WBL war, dass die WBL den Eindruck vermittelte, es sei Aufgabe des Verbrauchers, die in seinem Fall geltende Widerrufsfrist selbst festzustellen. M.E. besteht insoweit kein Unterschied zur Fussnote "Nicht für Fernabsatzgeschäfte", weil auch insoweit der Verbraucher selbst festzustellen hat, ob ein solches vorliegt (ohne dessen tatbestandlichen Voraussetzungen zu kennen).

    Teilt ihr diese Rechtsauffassungen?

    VG

  4. Avatar von milkrun
    milkrun ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Recht_so
    Vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 27.09.2016 - 6 U 46/16. Die Revision wurde zugelassen.
    Revision beim BGH könnte durchaus interessant sein, zumindest wenn das stimmen sollte:

    Siehe: https://juris.bundesgerichtshof.de/cg...91&Blank=1.pdf

    Und Infos dazu unter:
    https://www.test.de/Immobilienkredit...18800-4926283/
    Eintrag unter Datum 30.09.2016

    Interessant auf test.de:

    ================= schnipp ======================

    "Die obersten deutschen Zivilrichter bekräftigen: Der Text der seinerzeit gültigen gesetzlichen Musterbelehrung ist fehlerhaft. Die Formulierung, dass die Frist frühestens beginne, lasse offen, wann genau sie dann tatsächlich beginnt.

    Dennoch gilt die Widerrufsbelehrung als richtig, soweit Banken und Sparkassen das gesetzliche Muster verwendet haben. Ergänzungen und Zusätze, die wie die Fußnote der Sparkassen geeignet sind Verbraucher zu verwirren, stellen eine inhaltliche Bearbeitung dar und führen dazu, dass die Belehrung nicht als richtig gilt. Für zulässige Änderungen hält Bundesgerichtshof allerdings:

    das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften
    der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung
    die Zuordnung der Belehrung zu einem konkreten Verbrauchervertrag
    der Austausch von Begriffen aus dem Muster durch Synonyme (soweit darunter die Verständlichkeit nicht leidet) und
    die Bezeichnung des Unternehmers in der Belehrung durch „wir“ statt „er“.
    Ob das abschließend ist, bleibt unklar; test.de vermutet: andere als die genannten Abweichungen vom Mustertext werden regelmäßig dazu führen, dass die Belehrung nicht als richtig gilt.

    Zusätzliche Ansage des Bundesgerichtshofs: Der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Kreditgebers bedarf es nicht, eine Postfachadresse reicht aus. test.de überrascht das: In § 14 Abs. 4 BGB-InfoV war die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift ausdrücklich vorgeschrieben. Immerhin: Da die Gestaltungshinweise zum gesetzlichen Mustertext ausdrücklich die Angabe der richtigen Adresse vorsahen, können Banken und Sparkassen sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, wenn sie nur eine Postfachadresse angegeben haben."

    ================= schnipp ======================

    Wenn man das so liest und das stimmen sollte, dann könnte eine Ergänzung ja durchaus verwirrend sein und somit "Mehrere Darlehensnehmer" auch kritisch sein.
    Wobei die Argumentation vom OLG Stgt natürlich auch nicht schlecht ist.

    Was mir aber nicht gefällt, ist die Aussage zur ladungsfähigen Adresse.

    Bei der BW-Bank könnte man da doch auch durchaus drüber streiten.

    Gruß,
    milkrun

  5. Avatar von fighting lawyer
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Vielleicht kann man auch mit der Gesetzesbegründung (BTDrs. 17/1394 S. 22) zu den WR-Informationen ab 2010 argumentieren. Zur Gesetzlichkeitsfiktion heißt es dort nämlich:

    "Die Gesetzlichkeitsfiktion tritt nur ein, wenn der Darlehens-geber das Muster richtig ausfüllt und wie für den betreffen-den Vertrag vorgegeben verwendet. Durch die Gestaltungs-hinweise nicht geforderte Weglassungen oder Ergänzungenführen zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion. Will der Dar-lehensgeber für den Fall der Ausübung des Widerrufsrechtsüber die bloße Information hinausgehende Rechtsfolgenvereinbaren, so ist dies – soweit rechtlich zulässig – nur ananderer Stelle möglich. Will der Darlehensgeber etwa beiVerträgen mit mehreren Darlehensnehmern gesonderte Ver-einbarungen treffen, kann dies nur an anderer Stelle erfol-gen. Gleiches gilt für sonstige Informationen, welche imMuster nicht ermöglicht werden. Die Fiktion tritt ferner nurein bei einer Verwendung des Musters im Rahmen der Ver-tragsurkunde oder einer sonstigen Unterlage im Sinne des§ 355 Absatz 3 Satz 2 BGB – neu –, nicht hingegen beieiner Nachholung der Widerrufsinformation. "

    Merz in Kümpel/Wittig (Bank- und Kapitalmarktrecht) - immerhin Bankenvertreter - hat daraus geschlussfolgert:

    "
    Setzt der Darlehensgeber die Musterwiderrufsinformation ein, tritt die Gesetzlichkeitsfiktion allerdings nur ein, wenn der Darlehensgeber das Muster richtig ausfüllt. Durch die Gestaltungshinweise nicht geforderte Weglassungen oder Ergänzungen führen zum Verlust der Gesetzlichkeitsfiktion. Zusätzliche Vereinbarungen oder Informationen, etwa die Regelung des Widerrufsrechts bei mehreren Darlehensnehmern, können nur außerhalb der gesetzlichen Widerrufsinformation getroffen werden. Die bisherige Rechtsprechung des BGH zu Zusätzen in einer Widerrufsbelehrung dürfte daher auf Grund des entgegenstehenden Willens des Gesetzgebers auf die Musterwiderrufsinformation nicht übertragbar sein."

    Die Argumentation sollte doch auch auf WRB bis 2010 anwendbar sein, erst recht im Zusammenhang mit "frühestens".


  6. Avatar von eugh
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Dazu schrieb ich in meinem Beitrag #17243.

  7. Avatar von sebkoch
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    kurzes Update vom OLG FFM (23. Senat). Der Senat sieht die Belehrung mit der Aufsichtsbehörde bei Immobiliendarlehen als fehlerhaft an. Urteil kommt (vorbehaltlich eines Vergleichs) am 05.12.2016.

    Der Senat war überrascht, dass das viele Fälle betrifft und will daher nun ggfs doch die Revision zulassen (was egal ist, da es sowieso über € 20.000 liegt).

  8. Avatar von reCthAbEr
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von sebkoch
    Der Senat (...) will (...) die Revision zulassen (was egal ist, da es sowieso über € 20.000 liegt).
    Mich würde das sehr beruhigen, wenn die Revision zugelassen ist & es in Karlsruhe nicht mehr darauf ankommt, ob die Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder die grundsätzliche Bedeutung der Sache die Revision erfordert. Die letzten Beschlüsse des XI. Senats zu Nichtzulassungsbeschwerden waren von, nun ja:, zweifelhafter Qualität. Ich verstehe unter anderem auch nicht, wieso I ZR 55/00 eine "andere Fallgestaltung" betrifft; ich halte XI ZR 309/15 für eine Abweichung, so dass da wohl nach § 132 Abs. 3 und ggf. 2 GVG zu verfahren gewesen wäre...

  9. Avatar von reCthAbEr
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von fighting lawyer
    Vielleicht kann man auch mit der Gesetzesbegründung (BTDrs. 17/1394 S. 22) zu den WR-Informationen ab 2010 argumentieren.
    Ich fürchte: Das wird nicht überzeugen. Das war in der BGB-InfoV neu. Früher hatte es in den Hinweisen zum Muster Anlage 2 BGB-InfoV 2002 bis [edit]2009[/edit, fehlte noch] beispielsweise geheißen: Die nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte können entfallen, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt.

    Erst ab 2008 wurden die Gestaltungshinweise zumindest teilweise verbindlich. Selbst da waren das Entfallen der Hinweise zum verbundenen Geschäft noch optional.


  10. Avatar von okerke
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von reCthAbEr
    Ich fürchte: Das wird nicht überzeugen. Das war in der BGB-InfoV neu. Früher hatte es in den Hinweisen zum Muster Anlage 2 BGB-InfoV 2002 bis beispielsweise geheißen: Die nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte können entfallen, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt.

    Erst ab 2008 wurden die Gestaltungshinweise zumindest teilweise verbindlich. Selbst da waren das Entfallen der Hinweise zum verbundenen Geschäft noch optional.

    dh die WRB ist wirksam wenn über finanzierte Geschäfte belehrt wurde obwohl kein verbundenes Geschäft vorlag da optional.

  11. Avatar von reCthAbEr
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von okerke
    dh die WRB ist wirksam wenn über finanzierte Geschäfte belehrt wurde obwohl kein verbundenes Geschäft vorlag da optional.
    Ja, die WRB gilt unter BGB-InfoV vor 2010 auch dann als richtig, wenn gar kein verbundenes Geschäft vorliegt.

  12. Avatar von Marc33
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von ducnici
    Verwirkung kann sein, muss nicht. Man wird sehen, wie sich das entwickelt. Am OLG N bezieht man mittlerweile den § 257 HGB mit ein. 6 Jahre Aufbewahrungsfrist für Handelsbriefe.
    Ich komme auf diesen (möglicherweise aus dem Zusammenhang gerissenen) Hinweis des OLG N zurück:

    Das mit den 6 Jahren Frist nach HGB kann ich so nicht stehen lassen, da es meiner Ansicht nach irreführend sein kann. Es gibt eine Vielzahl von Vorschriften, nach denen die Unterlagen aufbewahrt werden müssen und die dazu führen, dass nach 6 Jahren noch längst nicht Schluss ist. So gibt es im Steuerrecht eine eigenständige Aufbewahrungsfrist in § 147 AO, die bspw. nicht abläuft, solange die Festsetzungsfrist für Steuern noch läuft. Das können weit längere Zeiträume sein (und sind es meist bei Unternehmen solcher Größenordnung). Dazu sind die Banken nach § 18 KWG verpflichtet, sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer größerer Kredite offen legen zu lassen. Dies gilt in der Regel (Ausnahmen siehe § 18 KWG) solange das Darlehensverhältnis besteht. Der letzte Vorgang in Zusammenhang mit einem Kreditverhältnis ist idR die Tilgung des Darlehens, solange hat die Bank die Unterlagen über den Kredit zwingend parat. Allenfalls kann es dann auf das Ende des Jahres der Tilgung plus 6 Jahre ankommen.

    Wenn sich eine Bank also auf eine Verwirkung berufen will, weil sie im Blick auf die Fristen des HGB keine Belege mehr aufbewahren brauchte, ist das meiner Ansicht nach grober Unfug. So eine Begründung sollte man den gegnerischen Anwälten um die Ohren hauen.

  13. Avatar von lelo44
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von sebkoch
    kurzes Update vom OLG FFM (23. Senat). Der Senat sieht die Belehrung mit der Aufsichtsbehörde bei Immobiliendarlehen als fehlerhaft an. Urteil kommt (vorbehaltlich eines Vergleichs) am 05.12.2016.

    Der Senat war überrascht, dass das viele Fälle betrifft und will daher nun ggfs doch die Revision zulassen (was egal ist, da es sowieso über € 20.000 liegt).
    War die Aufsichtsbehörde irgendwo im Vertrag oder Merkblatt genannt? Einige Gerichte halten die überflüssige Pflichtangabe ja erst dann für falsch wenn die Aufsichtsbehörde tatsächlich fehlt.

  14. Avatar von sebkoch
    sebkoch ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Aufsichtsbehörde war in den AGB, das ändert aber nichts daran, dass hinsichtlich des Fristbeginns falsch belehrt wird.

  15. Avatar von reCthAbEr
    reCthAbEr ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Marc33
    Das mit den 6 Jahren Frist nach HGB kann ich so nicht stehen lassen.
    Das finde ich auch nicht richtig. Die Aufbewahrungsfrist für Kreditunterlagen beträgt nach § 257 IV i. V. m. I Nr. 4 HGB zehn Jahre. Ansonsten finde ich die Idee überzeugend: Wenn die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist der Unterlagen abgelaufen ist, dann darf sich das Unternehmen auch ohne sonstige Umstände darauf verlassen, dass das Geschäft endgültig abgewickelt ist. Sie stammt, soweit ich weiß, ursprünglich vom Landgericht Stuttgart, Urteil vom 09.04.2015, Aktenzeichen: 12 O 293/14 in der test.de-Liste zu Sparda Bank Baden-Württem­berg eG, Kredit­vertrag vom 26.02./01.03.2003 zu finden. Die steuerrechtlichen Aufbewahrungspflichten halte ich für irrelevant. Es geht ja nicht drum, dass die Bank oder Sparkasse die Pflichten gegenüber dem Finanzamt nicht korrekt erfüllt hat.

  16. Avatar von Marc33
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    @reCthAbEr: das kann man anders sehen: Handelsbriefe brauchen nach HGB nur 6 Jahre aufbewahrt werden; 10 Jahre sind die Bilanzen und die Buchungsbelege. Der Vertrag mit den Willenserklärungen des DN ist sicherlich kein Buchungsbeleg.
    Wenn es auf das Finanzamt nicht ankommt, kommt es auch nicht auf die Empfänger der handelsrechtlichen Abschlüsse an, d.h. es geht nicht um den Adressaten der Unterlagen sondern darum, dass man aus der Aufbewahrungsfrist für ein Rechtsgebiet überhaupt keinen Vertrauensschutz der Bank ableiten kann, wenn für andere Rechtsgebiete die Aufbewahrungsfrist eh länger ist. Oder anders formuliert: solange es eine Stelle gibt, gegenüber der eine Bank die Unterlagen bereit halten muss, kann sie nicht vertreten, es könne ihr aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr zugemutet werden, diese Unterlagen vorzulegen und sie zur Grundlage einer rechtlichen Auseinandersetzung zu machen.

  17. Avatar von fighting lawyer
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von Marc33
    @reCthAbEr: das kann man anders sehen: Handelsbriefe brauchen nach HGB nur 6 Jahre aufbewahrt werden; 10 Jahre sind die Bilanzen und die Buchungsbelege. Der Vertrag mit den Willenserklärungen des DN ist sicherlich kein Buchungsbeleg.
    Richtig, die Gerichte gehen von den 6 Jahren Aufbewahrungsfrist für die Kundenkorrespondenz aus. Das OLG München - auf das sich auch das LG Stuttgart berief - führte hierzu aus:

    "Bei Ansprüchen aus einer Bankverbindung sind bei der Frage der Verwirkung insbesondere die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen des § 257 HGB zu berücksichtigen, deren Ablauf eine erhebliche Schutzbedürftigkeit der Bank begründet. Für die Korrespondenz mit Kunden ist die 6-jährige Aufbewahrungsfrist des § 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 4, 5 HGB einschlägig, da es sich hierbei um Handelsbriefe handelt. Aus Gründen der Rechtssicherheit hält der Senat dafür, diese Frist generell als Richtschnur für die Frage der Verwirkung von Ansprüchen aus Bankgeschäften heranzuziehen. Denn wenn die Bank schon die Kundenkorrespondenz vernichten darf, dann kann sie ab diesem Zeitpunkt erst Recht auf eine sonstige Dokumentation der Geschäftsverbindung zu Beweiszwecken verzichten. Dann darf die Bank aber auch nicht mehr mit konkreten Vorwürfen ihrer Kunden konfrontiert werden, zu denen die damaligen Mitarbeiter der Bank nach dieser langen Zeit naturgemäß bestenfalls noch bruchstückhafte Erinnerungen haben. Daraus ergibt sich somit eine Schutzbedürftigkeit der Banken, nicht mehr mit Ansprüchen aus Zeiten jenseits der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfrist behelligt zu werden. Der Ablauf der 6-jährigen Aufbewahrungsfrist erfüllt daher nach Auffassung des Senats i.d.R. nicht nur das Zeitmoment, sondern auch das Umstandsmoment der Verwirkung. Auch in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen eine Verwirkung in Betracht kommen kann (BGH NJW 1980, 880; a. A. ohne Auseinandersetzung mit der Auffassung des BGH OLG Frankfurt ZIP 2000, 615)."


  18. Avatar von milkrun
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von reCthAbEr
    Ja, die WRB gilt unter BGB-InfoV vor 2010 auch dann als richtig, wenn gar kein verbundenes Geschäft vorliegt.
    Habe da mal weiter gegoogelt:


    Also laut OLG München, Urteil v. 09.11.2015 – 19 U 4833/14 (Quelle: https://www.gesetze-bayern.de/Content...ookieSupport=1) scheint das tatsächlich so gesehen zu werden.


    Wenn ich mir dann in meinem Fall die Anlage 2 zur BGB-InfoV anschaue in meinem Geltungszeitraum von 2006 (also gilt: 08.12.2004 - 31.03.2008),
    dann lese ich auch folgendes (Quelle: https://beck-online.beck.de/Dokument...ame-ANL2-FN1):


    ---------------- schnipp ------------------


    [9] Die nachfolgenden Hinweise für finanzierte Geschäfte können entfallen, wenn ein verbundenes Geschäft nicht vorliegt.


    ---------------- schnipp ------------------


    Fazit 1:
    Ich komme auch zum Schluss, dass der Absatz "Finanzierte Geschäfte" angedruckt werden darf, auch wenn keines vorliegt.
    Da kommt man evtl. nicht raus.




    Was ich jedoch nicht gefunden habe, ist sowas ähnliches für den Fall "Mehrere Darlehensnehmer" als Ergänzung.


    Hier sehe ich nach wie vor Chancen.


    In der BGB-InfoV steht nichts dazu und damit könnte die BT-Drucksache durchaus helfen.
    Insgesamt gibt es ja auch derzeit unterschiedliche Rechtsansichten je nach Gerichtsort diesbezüglich.


    Fazit 2:
    Bzgl. Ergänzung "Mehrere Darlehensnehmer" bestehen durchaus evtl. noch Chancen


    Was meint ihr?


    Gruß,
    milkrun

  19. Avatar von claus47
    claus47 ist offline

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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von ducnici
    Verwirkung kann sein, muss nicht. Man wird sehen, wie sich das entwickelt. Am OLG N bezieht man mittlerweile den § 257 HGB mit ein. 6 Jahre Aufbewahrungsfrist für Handelsbriefe.

    Der Ablauf der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen schafft nach einem schon in 2002 verkündeten Urteil des BGH (Urteil vom 04.06.2002 - XI ZR 361/01) keinen Vertrauenstatbestand für die Bank, dass der Kunde sie nicht mehr in Anspruch nehmen werde:

    "3. Zu Recht hat das Berufungsgericht den geltend gemachten Anspruch auch nicht als verwirkt angesehen. Ein Recht ist verwirkt, wenn es illoyal verspätet geltend gemacht wird. Dieser Tatbestand des Verstoßes gegen Treu und Glauben liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn zu dem Zeitablauf besondere auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die bei objektiver Betrachtungsweise das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (BGHZ 105, 290, 298, m.w.Nachw.). Die bloße - auch langwährende - Untätigkeit des Berechtigten als solche schafft noch keinen Vertrauenstatbestand für die Bank, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (OLG Schleswig WM 1998, 1578, 1580). Der Umstand, daß die handelsrechtliche Aufbewahrungsfrist längst abgelaufen und die Beklagte nicht mehr im Besitz von Kontounterlagen für das hier in Rede stehende Sparkonto ist, ändert daran nichts(vgl. Arendts/Teuber MDR 2001, 546, 550)."


    Dieses Urteil betrifft zwar Ansprüche aus einem Sparbuch [das 38 (!) Jahre nach der letzten Eintragung erstmals wieder (vom Erben) vorgelegt worden ist], muss aber m.E. ebenso für die Frage gelten, ob die Bank nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen noch mit einem Widerruf rechnen muss.

    Der Gedanke an die Aufbewahrungsfristen ist m.E. auch unsinnig:

    Diese Fristen richten sich ausschließlich an die Bank als Kaufmann, nicht jedoch auch an den Verbraucher als DN. Ihm sind diese Fristen völlig gleichgültig. Vermutlich wissen die allermeisten DN auch gar nichts von der Existenz solcher Fristen. Dann aber kann niemand – auch nicht der DG – glauben, dass DN nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist, womöglich wegen ihres Ablaufes oder sonst im Hinblick auf den Fristablauf, nicht mehr widerrufen werden.

  20. Avatar von okerke
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Zitat Zitat von reCthAbEr
    Ja, die WRB gilt unter BGB-InfoV vor 2010 auch dann als richtig, wenn gar kein verbundenes Geschäft vorliegt.
    wie sieht es aus wenn die WRB hier nicht der Musterbelehrung entspricht?

  21. Avatar von fighting lawyer
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    Standard AW: Widerrufsjoker - Erfahrungen

    Tja, dass es nicht allein auf die handelsrechtlichen Aufbewahrungsvorschriften ankommen darf, müsste sich eigentlich auch einer Entscheidung des BGH vom 25.11.2008 - XI ZR 426/07 - entnehmen lassen.

    Dort war der Rückforderungsanspruch aus einem unter Verstoß gegen § 134 BGB iVm § 1 RBerG abgeschlossenen und mit­hin unwirksamen Darlehensvertrag nicht verwirkt, auch wenn zwischen der vollständigen Darlehensrückführung (1996) und der Geltendma­chung des Rückzahlungsanspruchs (2005) ca. 9 Jahre lagen. Wörtlich heißt es dort unter anderem:

    „Die Rückzahlung der Darlehensvaluta, mag sie auch längere Zeit zurückliegen und die Bereicherungsgläubigerin wirt­schaftlich nicht mehr belasten, reicht bei Abwägung aller Um­stände des Einzelfalles für sich genommen nicht aus, einen
    Bereicherungsanspruch der durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Klägerin mit Hilfe des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben auszuschließen.
    Wollte man dies an­ders sehen, würde ein Anleger gerade dann schlechter ge­stellt, wenn er sich in Unkenntnis der Nichtigkeit des Darle­hensvertrages vertragstreu verhält. Dies wäre mit dem Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes, der nicht mit Ab­wicklung des von der unzulässigen Rechtsbesorgung betroffe­nen Geschäfts endet, nicht zu vereinbaren...“

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