Zitat von
claus47
(…)
Wenn es in Rz. 41 allerdings heißt dass eine Nachbelehrung nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich sei, weil die Willenserklärung des Verbrauchers, "… für den Verbraucher keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt", kann das ein Ansatz für die Banken sein.
Ich halte dieses Argument allerdings aus mindestens zwei Gründen für nicht überzeugend:
1. Der BGH selbst betont im Urteil unter Rz. 23, dass
• der „Widerruf von jedem Begründungserfordernis freizuhalten“ ist,
• „ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht daraus hergeleitet werden kann, der vom Gesetzgeber mit der Einräumung des Widerrufsrechts intendierte Schutzzweck sei für die Ausübung des Widerrufsrechts nicht leitend gewesen“,
• das Gesetz es „- wie das Fehlen einer Begründungspflicht zeigt - dem freien Willen des Verbrauchers [überlässt], ob und aus welchen Gründen er seine Vertragserklärung widerruft“,
• „aus dem Schutzzweck der das Widerrufsrecht gewährenden gesetzlichen Regelung grundsätzlich nicht auf eine Einschränkung des Widerrufsrechts nach § 242 BGB geschlossen werden“ könne,
• der Gesetzgeber sich zur Schaffung des Art. 229 § 38 Abs. 3 EGBGB gerade deshalb veranlasst gesehen hat, „weil das Ziel, "sich von langfristigen Verträgen mit aus gegenwärtiger Sicht hohen Zinsen zu lösen", der Ausübung des Widerrufsrechts für sich nicht entgegensteht“.
Wenn also der Schutzzweck des Widerrufsrechts und auch die Motive des Darlehensnehmers nach dem Willen des Gesetzgebers und nach Auffassung des BGH keine Rolle spielen und er das hervorhebt, kann man diesen – angeblichen – Schutzzweck mE nicht durch die Hintertür namens „Verwirkung“ gleichzeitig wieder hervorzaubern.
Ich halte schon diese Ausführungen des BGH für widersprüchlich.
2. Soweit der BGH darauf abstellt, dass eine Nachbelehrung nur sinnvoll sei, wenn die zu widerrufende Willenserklärung noch „in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen […] zeitigt“, halte ich das für falsch.
„Sinnvoll“ ist jede Nachbelehrung, die den Verbraucher in die Lage versetzt, über das Bestehen eines Widerrufsrechts nachzudenken und dieses ggf. auszuüben. Dabei kann es weder auf die Motive des Verbrauchers ankommen noch auf die Frage, wie viele Raten er bereits gezahlt hat und zurückverlangen kann.
Man stelle sich vor: Ein Darlehensnehmer, der 82 von 84 Raten gezahlt hat, kann noch wirksam widerrufen, weil noch 2 Raten „in Zukunft“ zu zahlen sind. und alle gezahlten Raten zurückverlangen. Ein anderer DN, der zufällig schon alle Raten gezahlt hat, soll das nicht können?
Der „Sinn“ des Widerrufsrechts besteht doch nicht allein in der möglichen Vermeidung zukünftiger Belastungen, sondern – wie auch die Entscheidungen des BGH und aller Instanzgerichte zeigen – in der Möglichkeit, sich von bereits gehabten Belastungen rückwirkend zu befreien.
Das „Zukunfts-Argument“ ist völlig fehl am Platze.
Auch wenn es in den Widerrufsfällen auch künftig unwahrscheinlich sein dürfte, dass die Banken das vom BGH geforderte Umstandsmoment ausfüllen (sie werden es versuchen), hoffe ich, dass der BGH sein „Zukunfts-Argument“ wieder fallen lässt.