...
Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag schriftlich abzuschließen ist (§ 492 BGB), davon ab, dass dem Verbraucher über die Widerrufsbelehrung hinaus (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 3 BGB). Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist. § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB trägt insofern dem mit der Belehrung verfolgten Ziel Rechnung, dem Verbraucher sein Widerrufsrecht klar und deutlich vor Augen zu führen. Nur wenn der Verbraucher eine Vertragserklärung bereits abgegeben hat, oder zumindest zeitgleich mit der Belehrung abgibt, wenn sich also die Belehrung auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992; vgl. auch zu § 7 VerbrKrG Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 18).
Die hier verwandten Widerrufsbelehrungen weichen somit objektiv von der gesetzlichen Regelung ab, denn die Beklagte hat die Kläger darüber belehrt, die Widerrufsfrist beginne nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher nicht die Vertragsurkunde übergeben worden sei. Der gesetzlich vorgesehene Hinweis darauf, dass der Lauf der Widerrufsfrist ebenfalls dann in Gang gesetzt wird, wenn dem Verbraucher sein eigener schriftlicher Antrag oder eine Abschrift hiervon zur Verfügung gestellt wird, fehlt hingegen. Dies führt allerdings keineswegs zu einer Unwirksamkeit der erteilten Belehrungen, denn zum Einen wird hierdurch die Eindeutigkeit und Verständlichkeit der Widerrufsbelehrungen nicht beeinträchtigt, zum Andern der Verbraucher aber auch nicht gegenüber der gesetzlichen Regelung benachteiligt. Nach dem Wortlaut der erteilten Belehrung ist dadurch, dass auf den Erhalt der Vertragsurkunde abgestellt wird, der Beginn der Widerrufsfrist allenfalls zeitlich nach hinten verschoben und die Frist zu Gunsten der Darlehensnehmer verlängert worden. Eine solche Verlängerung der dem Verbraucher nach dem Gesetz eingeräumten Widerrufsfrist begegnet indessen keinen Wirksamkeitsbedenken (vergleiche BGH, Urteil vom 13.01.2009, XI ZR 118/08, zitiert nach juris).
Auch der Umstand, dass in der hier verwendeten Belehrung auf den Erhalt „der Vertragsurkunde“ abgestellt wird, ist nicht geeignet, bei dem Darlehensnehmer den Eindruck zu erwecken, die Frist beginne bereits einen Tag nach Zugang des Angebotes der Darlehensgeberin, ohne dass es auf die Annahme dieses Angebots durch die Darlehensnehmer ankomme. Für diese ist vielmehr eindeutig, dass der Beginn der Widerrufsfrist den Erhalt der Belehrung und zusätzlich der Vertragsurkunde voraussetzt. Auch ein juristisch nicht vorgebildeter Darlehensnehmer wird den Begriff der „Vertragsurkunde“ nicht dahingehend falsch verstehen können, dass hiermit das noch nicht von beiden Vertragsparteien unterzeichnete Formular gemeint sein kann. Dass ein gegenseitiger Vertrag erst durch die Zustimmung beider Parteien zustande kommt, entspricht dem allgemeinen Verständnis und dem üblichen Sprachgebrauch.
Ob die von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrungen dem seinerzeit geltenden Muster der Anlage 2 zur BGB-InfoV in der bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung entsprachen, ist für die Entscheidung des Falles ohne Belang. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass alleiniger Prüfungsmaßstab die Vorschrift des § 355 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ist. Ob die Beklagte die Musterbelehrung vollständig übernommen hat, wäre allenfalls dann relevant, wenn die verwendeten Belehrungen den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprochen hätten und die Beklagte sich auf die Schutzwirkung des §§ 14 Abs. 1 BGB-Info V a.F. berufen würde.
Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen kann hier dahin gestellt bleiben, ob dem Widerruf eines bereits vollständig abgewickelten Vertragsverhältnisses Gesichtspunkte des Rechtsmissbrauchs oder der Verwirkung entgegen stehen.
...