Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 25.470 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 23.180 seit dem 20. Dezember 2014 und im Übrigen seit dem 28. Mai 2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
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Tatbestand
Die Beklagte ist Anbieter erstrangiger Hypothekendarlehen für den Kauf bestehender Objekte, Umschuldungen und Neubauvorhaben, wenn die zu finanzierenden Objekte überwiegend zu wohnwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden. Am 13. März 2006 schlossen die Parteien zur Finanzierung einer in Düsseldorf gelegenen Immobilie einen Darlehensvertrag über einen Betrag in Höhe von € 310.000 mit einer Zinsfestschreibung bis zum 31. März 2018 sowie einen weiteren Darlehensvertrag über einen Betrag in Höhe von € 70.000 mit gleicher Zinsfestschreibung. Am 3. Dezember 2007 schlossen sie einen weiteren Darlehensvertrag über einen Betrag in Höhe von € 60.000 mit einer Zinsfestschreibung bis zum 31. Dezember 2017.
Den Darlehensverträgen waren jeweils Widerrufsbelehrungen beigefügt. Dort heißt es jeweils zum Fristbeginn:
„Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“
Weiter heißt es zu den Widerrufsfolgen:
„Sofern ein etwaiger Widerruf erst nach Auszahlung des Darlehens wirksam wird, ist die Darlehensvaluta nebst Zinsen an den Darlehensgeber zurückzuzahlen.“
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 verwiesen.
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1.
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a) Für die Frage, ob ein Fernabsatzgeschäft vorliegt, ist nicht allein der Abschluss maßgeblich, sondern – was die Formulierung in § 312b Abs. 2 BGB a.F. nahelegt – auch die Anbahnung des Vertrages (vgl. MünchKommBGB/Wendehorst, 5. Auflage 2007, § 312b BGB Rn. 53 m.w.N.; s.a. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – III ZR 380/03 [unter II 3 b bb], wo die gesamte Phase von Vertragsanbahnung und –abschluss gleichrangig betrachtet wird).
Tritt bei Anbahnung oder Abschluss des Vertrages eine natürliche Person mit dem Verbraucher in Kontakt, steht dies der Annahme eines Fernabsatzgeschäfts nicht notwendig entgegen. Nach dem Schutzweck der §§ 312b bis 312d BGB a.F. liegt auch dann ein ausschließlicher Einsatz von Fernkommunikationsmitteln vor, wenn bei Vertragsschluss oder -anbahnung ein Bote beauftragt wird, der zwar dem Verbraucher in unmittelbarem persönlichen Kontakt gegenüber tritt, jedoch über den Vertragsinhalt und insbesondere über die Beschaffenheit der Vertragsleistung des Unternehmers keine näheren Auskünfte geben kann und soll, da eine Person, deren Rolle sich auf eine bloße Botenfunktion beschränkt, trotz ihrer körperlichen Anwesenheit das für Distanzgeschäfte typische Defizite nicht zu beheben vermag und der Verbraucher ebenso schutzwürdig ist wie bei einem Vertragsschluss ohne persönlichen Kontakt zu dem Boten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – III ZR 380/03 [unter II 3 b bb (1) (a)]). Anders kann es jedoch liegen, wenn die eingeschaltete Person nicht darauf beschränkt ist, Willenserklärungen und Waren zu überbringen und entgegenzunehmen, sondern in der Lage und damit beauftragt ist, dem Verbraucher in einem persönlichen Gespräch nähere Auskünfte über die angebotene Ware oder Dienstleistung zu geben (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 – III ZR 380/03 [unter II 3 b bb (1) (b)]).
b) Für Anbahnung und Abschluss der in Rede stehenden drei Verträge haben nicht ausschließlich Fernkommunikationsmittel Verwendung gefunden.
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2.
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a) Die von der Beklagten erteilte Belehrung genügt nicht den gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. an sie zu stellenden Anforderungen.
aa) Nach den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F. ist dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitzuteilen.
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bb) Diesen Vorgaben genügt die von der Beklagten erteilte Belehrung nicht. Die von ihr verwandte Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, da sie nicht umfassend ist.
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b) Die Beklagte kann sich nicht gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV auf die Gesetzlichkeitsfiktion der Musterbelehrung nach dem Muster der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV a.F. in der zwischen dem 8. Dezember 2004 und dem 31. März 2008 geltenden Fassung berufen.
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3. Die Widerrufsrechte der Klägerin sind nicht erloschen.
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4. Der Ausübung der Widerrufsrechte steht § 242 BGB nicht entgegen.
a)
Die Widerrufsrechte sind nicht verwirkt.
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b)
Die Klägerin hat die Widerrufsrechte nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise widersprüchlich ausgeübt.
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c)
Schließlich kann die Beklagte der Ausübung der Widerrufsrechte nicht den allgemeinen Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten.
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d) Die Kammer verkennt nicht, dass die derzeit zu beobachtende – teils intensiv beworbene und oftmals wie auch hier anwaltlich begleitete – „Ausspielung des Widerrufsjokers“ lange Jahre nach Abschluss und Durchführung oder auch zwischenzeitlicher Ablösung eines Darlehensvertrages mit den von den Vorschriften über Verbraucherwiderrufsrechte verfolgten Grundgedanken nur schwer in Einklang zu bringen scheint. Bei dieser Betrachtung darf jedoch nicht aus dem Blick geraten, dass es in der Tradition des Widerrufsrechtes liegt,
seine Ausübung vom freien Willen des Berechtigten abhängig sein zu lassen, es auf seine Motive für die Ausübung des Widerrufsrechtes nicht ankommt und der Grund des Widerrufs nicht vom Schutzzweck des das Widerrufsrecht vorsehenden Gesetzes gedeckt sein muss (vgl. BGH, Urteil vom 19. Februar 1986 – VIII ZR 113/85, BGHZ 97,127 = NJW 1986, 1679 [unter III 4]; Urteil vom 12. Juni 1991 – VIII ZR 256/90, NJW 1991, 2901 [unter II 2] jeweils zu § 1b AbzG)
. Ferner ist zu beachten, dass die Regelungen über die Informations- und Belehrungspflichten des Unternehmers und die bei deren Verletzung eintretenden Folgen auch der Generalprävention dienen und die Regelungen über den Aufschub des Fristbeginns darauf abzielen, den Unternehmer zu einer ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers über dessen Widerrufsrecht zu zwingen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1983 – III ZR 30/82, bei juris [unter 1] zu § 1b AbzG)
. Vor allem aber hat die Kammer anzuerkennen, dass das „ewige Widerrufsrecht“ die Konsequenz der von dem Gesetzgeber bewusst getroffenen Entscheidung ist, auf eine Befristung des einem Darlehensnehmer zustehenden Widerrufsrechts für den Fall nicht ordnungsgemäßer Belehrung zu verzichten, und es nicht in der Kompetenz der Gerichte liegt, diese gesetzgeberische Wertung durch eine über die zu § 242 BGB entwickelten und ansonsten anerkannten Grundsätze hinausgehende Handhabung dieser Vorschrift gleichsam zu korrigieren.
5. Infolge der danach wirksam von der Klägerin erklärten Widerrufe sind die Darlehensverträge gemäß §§ 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB a.F. in Rückgewährschuldverhältnisse umgewandelt worden. In der Rechtsfolge sind danach die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Zu diesen Leistungen zählen auch die von der Klägerin gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen, die sie zur Abgeltung der nach den Verträgen der Beklagten zustehenden Zinsen gezahlt hat. Sähe man dies anders (so wohl OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. Mai 2015 – 17 U 59/14 WM 2015, 1712 [unter II 1 a]), ergäbe sich die Klageforderung aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.