23.05.2016 Wieder platzt ein Bundesgerichtshof-Verfahren um einen Kreditwiderruf in letzter Minute. Für morgen, 9 Uhr, waren die Beteiligten und die Presse geladen, um zu verhandeln und entscheiden, ob der Widerruf von drei Kreditverträgen der Sparda Bank Baden-Württemberg aus den Jahren 2008 und 2009 über gut 400 000 Euro wirksam war. Die Parteien haben das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt,
teilte der Bundesgerichtshof (BGH) mit. In solchen Fällen hat das Gericht dann eigentlich noch über die Verteilung der Kosten zu entscheiden. Maßgebend ist dabei, wie das Verfahren wahrscheinlich ausgegangen wäre, so dass der Bundesgerichtshof sich doch noch zur Rechtslage zu äußern hätte. Eine solche Entscheidung wird es aber nicht geben. Die Pressestelle des Bundesgerichtshofs sagte test.de: Nur über die Höhe des Streitwerts werde das höchste deutsche Zivilgericht noch entscheiden. Die Verteilung der Kosten sei kein Thema mehr. Der Hintergrund blieb unklar. Die Frage, ob die Parteien über die Kostenverteilung einen Vergleich geschlossen haben, beantwortete der Bundesgerichtshof nicht. Unklar blieb auch, warum die Bank nicht die Revision zurückgenommen hat. Das ist bis zur Eröffnung der mündlichen Verhandlung zulässig. Vor dem Land- und Oberlandesgericht Stuttgart hatten sich die Kläger durchgesetzt. Auf ihren Antrag hin hatte das Landgericht festgestellt, dass die Kreditverträge nach Widerruf rückabzuwickeln sind. Die Widerrufsbelehrungen waren ihrer Meinung nach ungenügend und das danach ewige Widerrufsrecht weder verwirkt noch rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Wie viel Geld die Bank einerseits und die Kläger andererseits jeweils noch zu zahlen haben, war im Gerichtsverfahren kein Thema.
Hintergrund für die Beendigung des Verfahrens ohne Urteil vermutlich: Druck der Bankenverbände. Die Sparda Bank Baden-Württemberg jedenfalls hatte nichts zu verlieren. Die Gerichte in Stuttgart hatten sie in zahlreichen Kreditwiderrufsfällen verurteilt. Die Genossenschaftsbank hätte daher nur gewinnen können. Die Branche insgesamt allerdings dürfte nichts mehr scheuen als ein verbraucherfreundliches Grundsatzurteil. Die Nachricht darüber dürfte dazu führen, dass noch viel mehr Verbraucher als bisher ihre fehlerhaften Immobilienkreditverträge widerrufen. Je Vertrag bringt das Verbrauchern meist einen Vorteil in Höhe von zehn bis 20 Prozent der Kreditsumme, allein im Fall, den der BGH zu entscheiden gehabt hätte, also 40 000 bis 80 000 Euro. Die Gerichts- und Anwaltskosten kommen noch hinzu. Werden alle Kreditverträge widerrufen, bei denen das wegen Fehlern in der Belehrung möglich ist, dürfte das die Branche nach Schätzungen von test.de einen Betrag von deutlich über 100 Milliarden Euro kosten.