Ich kenne die Details Ihres Falles nicht. Wenn jemand schreibt, er sei "geknickt", klingt das für mich nach einer unangenehmen Überraschung. Das ist m.E. bei rechtzeitiger Klarheit über die Spruchpraxis des Gerichts vermeidbar.
Aber selbst der beste Anwalt kann nicht alles vorher sehen ... Also, wenn es schlecht läuft, nicht zurück schauen, sondern nach vorn. Also auf die Frage schauen, was jetzt (noch) geht?
Hierbei gilt m.E. grundsätzlich: Wer z.B. in zwei Jahren eh alles abbezahlt hat, dem entgeht voraussichtlich nur der Zinsvorteil, den er hätte, wenn jetzt zinsgünstig umfinanziert werden könnte. (Das ist ggf. gar nicht so wenig, siehe Beispiel unten *)
Wenn aber in zwei Jahren noch nicht alles abbezahlt sein kann, entgeht für die dann verbleibende Restschuld ggf. desweiteren die Möglichkeit, jetzt günstige Zinsen für die Zukunft langfristig festschreiben zu können. Die Fed wird ggf. im Juni eine Zinsanhebung vornehmen, man wird sehen müsse, wann auch hier die Zinsen wieder steigen.
Wer Pech hat, zahlt dann in 2 Jahren wieder einen höheren Zins als jetzt vereinbart werden könnte. Nehmen wir z.B. an, es wären dann noch 18 Jahre nach, ergibt sich z.B. bei einer dann bestehenden Restschuld von z.B. 100.000 EUR je Prozentpunkt, den das Zinsniveau in 2 Jahren höher wäre als heute, ein entgehender Zinsvorteil von ca. 9.000 EUR = ((100.000 + 0)/2 * 1,0% p.a. * 18 Jahre).
Grds. wäre es möglich zu einem Termin in 2 oder 3 Jahren ein Forwarddarlehen abzuschließen, was ggf. einen geringen Forwardaufschlag kostet. Problem ist, dass man dafür ein exaktes Datum braucht, zu dem das Forwarddarlehen bereitsteht. Solange der Rechtsstreit schwebt, ist dieses Datum ungewiss.
Fazit:
Der Vorteil des Widerrufsjokers liegt bei fortlaufenden Verträgen in:
- Zinsersparnis*) bis zum Ende d. aktuellen Zinsbindung (oder 10,5 Jahre nach letzter Auszahlung, wenn das früher ist)
- Zinsersparnis ab diesem Zeitpunkt bis zur Volltilgung (was eine Prognose beinhaltet) bzw.
- Planungssicherheit wenn man jetzt - ggf. bis zur Volltilgung - Zinsen (niedrige Zinsen zudem) festschreiben kann
- (der sog. Vorteil d. Rückabwicklung ist m.E. als 'Bonus' zu sehen, nice to have, aber ggf. nicht leicht zu bekommen)
*)Also nochmals konkret zum Zinsvorteil für die Zukunft:
Nehmen wir an, der aktuelle Vertragszins liegt 3,0 Prozentpunkte über dem derzeitigen Marktniveau, geht es für z.B. die 2 Jahre bis zum (ohne Widerruf) frühestmöglichen VFE-freien Ausstieg um rd. 6.000 EUR Zinsvorteil, die ggf. verloren gehen zzgl. z.B. rd. 9.000 EUR für die daran anschließenden z.B. 18 Jahre bis zur Volltilgung.
Diesen z.B. rd. 15.000 EUR wären dann die Summe aus der anteiligen VFE und den eigenen selbst zu zahlenden Kostenanteilen gegenüber zu stellen.
Ich bin immer wieder erstaunt, dass hier seitenweise Diskussionen erfolgen, ohne dass konkrete Zahlen genannt werden zur Zinsersparnis bis frühestmöglichem VFE-freien Ausstieg (kann ziemlich exakt berechnet werden) zzgl. Zinsersparnis für die Restdauer bis Volltilgung (kann nur aufgrund einer Prognose der Zinsentwicklung geschätzt werden, ist m.E. aber eine wichtige Kalkulationsgröße).
Die Frage ist doch nicht, ob man 50% Prozent VFE zahlt oder nicht, sondern ob nach Zahlung von x % VFE 'unterm Strich' noch ein Zinsvorteil für die Zukunft übrig bleibt. Diese Zahlen sollten m.E. ganz am Anfang stehen und schon für die Frage eine Rolle spielen, ob man 'in die Schlacht' zieht und wann es ggf. wirtschaftlich Sinn macht, den Exit zu wählen, sprich 'den Sack zu' und 'Kasse zu machen'.