30Die Kläger weisen dazu zwar zutreffend darauf hin, dass Art 246b, § 2 III EG-BGB nicht für Verbraucherdarlehensverträge gilt. Dafür gilt Anlage 7 zu Art. 247, §§6, 12 EGBGB. Dort hat der Gesetzgeber in der Tat für die Zeit ab 24.0'r.2010 zu seinem Muster für eine Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge die Auffassung vertreten, dass der Darlehensgeber sich zunächst festlegen müsse, ob im konkreten Fall ein verbundener Vertrag gemäß § 358 BGB vorliege (vgl. BT-Drs. 17/1394 S. 27). Ob das wirklich so einfach ist, wie der Gesetzgeber scheinbar meint, mag dahinstehen. Das ändert aber nach Auffassung des Senats jedenfalls nichts daran, dass für die hier fragliche Zeit davor keine Rechtsnorm eine vorsorgliche Belehrung verboten und die Musterbelehrung des BMJ diese sogar ausdrücklich vorgesehen hatte.
31Auch wenn der BGH zu dieser Rechtsfrage, soweit ersichtlich, bisher nicht ausdrücklich Stellung genommen zu haben scheint, sieht sich der Senat durch einige Äußerungen des BGH in seiner Rechtsauffassung bestärkt: So hat der BGH z. B. in seinem Urteil vom 23.09.2003 - XI ZR 135/02 ausgeführt: „Der et Umstand, dass die in dem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung eine Belehrung über verbundene Geschäfte enthält, genügt hierfür [Anm: für die Annahme verbundener Geschäfte] schon deshalb nicht, weil es sich um einen Formularvertrag handelt, der für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein muss“. Im Urteil vom 23.06.2009 - XI ZR 156/08, Rz. 25, hat er angemerkt, dass es in Fällen, in denen das finanzierte Geschäft nicht widerrufbar ist, keineswegs unerheblich sei, wenn das Finanzierungsinstitut missverständlich über die Rechtsfolgen eines gegenüber dem Unternehmer im konkreten Fall nicht bestehenden Widerrufs rechts informiert habe. Demnach ist vorsorgliche Belehrung grundsätzlich zulässig; sie darf dann nur nicht missverständlich sein. Das ist hier, wie bereits dargelegt, jedoch nicht der Fall.
32(2) Dadurch, dass im vorliegenden Falle entgegen der Musterbelehrung einige Sätze nicht gestrichen wurden (die Beklagte hat Satz 2 ebenso wie die Sätze 11 und 12 sowie den Zusatz in Gedankenstrichen in Satz 9 in ihrer Belehrung belassen und somit eine Art „Sammelbelehrung“ für alle möglichen verbundenen Geschäfte erstellt, vgl. LG Heidelberg, Urteil vom 13.01.2015 - 2 O 230/14, Juris-Rz. 25), entsteht angesichts der - primär der schwierigen Rechtslage geschuldeten - Gesamtkomplexität des Hinweises kein erhebliche zusätzliches Ablenkungspotential mehr, zumal z. B. die mangelnde Einschlägigkeit der Hinweise auf die „Rücksendung“ bei Grundstücksgeschäften auch für einen durchschnittlichen Verbraucher noch ohne weiteres erkennbar ist.
33Zu bedenken ist dabei nach Auffassung des Senats auch, dass es sich bei Widerrufsbelehrungen um Formulare handelt, die für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein müssen (BGH, Urteil vom 23.09.2003 - XI ZR 135/i)2). Das wird im vorliegenden Falle besonders deutlich: Auch wenn der streitgegenständliche Darlehensvertrag den Klägern unstreitig zur Finanzierung einer privat genutzten Immobilie diente, so haben sie doch ein „Darlehen mit anfänglichem Festzins mit dinglicher Sicherheit für private Zwecke und für Existenzgründung“ abgeschlossen. Konsequenterweise ist dann auch die Widerrufsbelehrung entsprechend weit für alle denkbaren Finanzierungszwecke formuliert. Ansonsten müsste der Kreditsachbearbeiter der Bank je nach konkretem, von ihm zu erfragendem Finanzierungszweck (z. B. „wollen Sie mit dem Darlehen vielleicht eine paketfähige Sache kaufen?“) die Belehrung individuell anpassen. Das hält der Senat weder für sinnvoll noch für zumutbar (ebenso zumindest im Ergebnis z. B. Hanseatisches OLG, Urteil vom 03.(17.2015 - 13 U 26/15; OLG Düsseldorf vom 12.06.15, 22 U 17/15, Juris-Rz. 73; ähnlich OLG Bamberg, 522 II- Hinweis vom 01.06.2015, 6 U 13/15; LG Heidelberg, BKR 2015, 417).
34(3) Fernliegend erscheint dem Senat eine Irreführung durch die aus der Musterbelehrung übernommenen kursiven Klammerangaben zum Adressaten des Widerspruchs. An wen der Widerspruch im vorliegenden Falle konkret zu richten gewesen wäre, ergibt sich unzweideutig aus der nachfolgenden konkreten Adressangabe.
35(4) Ebenfalls kein Irreführungspotential kommt nach Auffassung des Senats der Fußnote 1 „nicht für Fernabsatzgeschäfte“ zu. Sofern er diese - mit Bück auf das Deutlichkeitsgebot (s. o.) sehr klein geschriebene - Fußnote überhaupt wahrnimmt, wird der durchschnittliche Verbraucher daraus schließen, dass für Fernabsatzgeschäfte offensichtlich ein anderes Belehrungsformular vorgesehen ist. In Zusammenschau mit der zweiten Fußnote - bei der es sich ganz: offensichtlich um einen Ausfüllhinweis für das Bankpersonal handelt -wird der unbefangene durchschnittliche Kunde auch unschwer erkennen, dass sich auch bei der ersten Fußnote nur um einen Hinweis für das Bankpersonal handelt. Jedenfalls wenn dem Verbraucher - wie hier - eine auf einem gesonderten Blatt verfasste und zur Unterschrift vorgesehene Widerrufsbelehrung erteilt wird, die mit dem Namen des Verbrauchers und der Darlehensnummer versehen ist und die sich ausdrücklich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht, ist eine Irreführung von vorneherein ausgeschlossen. Der durchschnittliche Verbraucher wird dann nämlich zu Recht annehmen, dass diese Belehrung für ihn bestimmt ist und sich auf den von ihm abgeschlossenen Darlehensvertrag bezieht, weil es ansonsten keinen Sinn ergeben würde, ihm eine mit konkreten Angaben zum Vertrag versehene und an ihn adressierte Belehrung auszuhändigen und zur Unterschrift vorzulegen. Er kann die Erklärung daher nur so verstehen, dass ihm zu dem abgeschlossenen Darlehensvertrag ein Widerrufsrecht zusteht und dass sich die Erläuterungen zu den Voraussetzungen und den Folgen des Widerrufs in der ihm erteilten Belehrung auf diesen Darlehensvertrag beziehen (ebenso 17. Zivilsenat des OLG München, Beschluss gem. § 522 II ZPO vom 21.(15.2015, Gz. 17 U 709/15; LG Heidelberg, BKR 2015,417).
36Darauf, ob ein Fernabsatzgeschäft hier in der konkreten Situation überhaupt nahelag, kommt es daher nicht an. Allerdings haben die Kläger insoweit konkret nur behauptet, der Darlehensvertrag sei ihnen von einem Herrn Steiner zuhause vorgelegt worden (allerdings offensichtlich bereits mit Unterschrift der Beklagten, vgl. Anlage K 1). Wie bereits die Beklagte zutreffend ausgeführt hat, würde es sich dann aber keinesfalls um ein Fernabsatzgeschäft handeln (sondern allenfalls um ein Haustürgeschäft, auf das sich die Kläger mangels Vorliegen der Voraussetzungen aber nicht berufen haben, wie ihr Prozessbevollmächtigter im Termin vor dem Senat - insoweit nicht protokolliert - klargestellt hat).
37Insgesamt ist der Senat deshalb der Auffassung, dass der vom Gesetz mit der Einräumung eines Widerrufs rechts zugunsten des Verbrauchers verfolgte Zweck mit der von der Beklagten hier konkret verwendeten Widerrufsbelehrung noch ausreichend erreicht wird. Die ggf. allenfalls vorliegenden geringfügigen Unschärfen erscheinen ihm deutlich zu marginal, um ein ernsthaftes Hindernis für eine fristgemäße Ausübung des Widerrufsrechtes durch die Kläger darzustellen mit der Folge, dass ihnen deshalb die Rechtswohltat eines ewigen Widerrufsrechts einzuräumen wäre.
382. Daher kann dahinstehen, ob sich die Beklagte bei - hier nicht gegebener - Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung auf die sog. Gesetzlichkeitsvermutung der Musterbelehrung in Anlage 2 zu § 14 I, III BGB-lnfoVO (vgl. BGH, Urteil vom 18.3.2014II ZR 109/13) berufen könnte, obwohl sie deren Text keinerlei inhaltlicher Anpassung unterzöge i hat. Sie hat vielmehr entgegen der Ausfüllanleitung der Musterbelehrung Satz 2 ebenso wie die Sätze 11 und 12 der Musterbelehrung sowie den Zusatz in Gedankenstrichen in Satz 9 in ihrer Belehrung belassen und somit eine Art „Sammelbelehrung“ für alle möglichen verbundenen Geschäfte erstellt (für die Zulässigkeit einer solchen Sammelbelehrung und das Eingreifen der Gesetzlichkeitsvermutung in einem solchen Fall auch bei Nichtvorliegen eines verbundenen Geschäfts z. B. OLG Düsseldorf vom 12.06.2015, 22 U 17/15, Juris-Rz. 73; ähnlich OLG Bamberg, 522 Il-Hinweis vom 01.06.2015, 6 U 13/15 a. A. OLG Hamm vom 25.03.2015, 31 U 155/14).
39Für die Statthaftigkeit eines solchen Vorgehens spricht zwar, dass es sich bei Widerrufsbelehrungen um Formulare handelt, die für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 23.09.2003 - XI ZR 135/02). Angesichts des weiten Verwendungszwecks des streitgegenständlichen Darlehensvertragsformulars („Darlehen mit anfänglichem Festzins mit dinglicher Sicherheit für private Zwecke und für Existenzgründung“) musste aber auch das Formular für die Widerrufsbelehrung ebenfalls entsprechend weit gefasst werden. Dass die Beklagte daneben offensichtlich auch die Bearbeitungshinweise und Fußnoten des Formularerstellers in der Belehrung belassen hat, kann damit allerdings wohl kaum mehr gerechtfertigt werden.
40II. Die ebenfalls zulässige Berufung der Kläger erweist sich damit schon deshalb als unbegründet, weil ihnen kein Widerrufsrecht mehr zustand.
41III. 1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
42a) Die Zulassung der Revision ist nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die vorliegende Entscheidung entspricht, wie oben jeweils dargelegt, der einhelligen obergerichtlichen Rechtsprechung. Ein Widerspruch zur Entscheidung des OLG Hamm vom 25.03.2015, 31 U 155/14, besteht schon deshalb nicht, weil dort - ohne Revisionszulassung - nur die Gesetzlichkeitsvermutung der Musterbelehrung behandelt wurde, ohne einen Belehrungsfehler festzustellen. Soweit sich die die Kläger daneben noch auf OLG Stuttgart, Urteil vom 24.04.2014 - 2 U 98/13, berufen haben, betrifft diese Entscheidung eine „Ankreuz-Widerrufsbelehrung“ ab dem Jahr 2011 im Rahmen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs.
43b) Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung, zumal sie längst außer Kraft getretenes Recht wie §§ 355 II, 358 V BGB a. F. oder die BGB-lnfo-VO betrifft. Der Klärungsbedarf entfällt jedoch, wenn einer Rechtsfrage wegen einer Rechtsänderung für die Zukunft keine Bedeutung mehr zukommt (BVerfG, Beschluss vom 04.11.2008, Gz. 1 BvR 2587/06, Rnr. 19). Klärungsbedürftig sind außerdem nur solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (BVerfG, Beschluss vom 04.11.2D08, Gz. 1 BvR 2587/06, Rnr. 19). Auch das verneint der Senat für den vorliegenden Fall:
44Es mag sein, dass die streitgegenständliche Belehrung auf einem Formular des ... beruht und zwischen 2002 und 2010 in einer mindestens siebenstelligen Zahl von Fällen verwendet worden ist, wie die Kläger vorbringen. Das bedeutet aber noch nicht, dass alle ... dabei - wie im vorliegenden Falle - auch immer dieselbe Sammelbelehrung mit den Bearbeiterhinweisen des Formularerstellers verwendet hätten. Das hält der Senat daher nicht füll eine abstrakt klärungsbedürftige Rechtsfrage, sondern für eine Frage des Einzelfalls.
45Grundsätzliche Bedeutung könnte somit allenfalls der Frage zukommen, ob eine vorsorgliche Belehrung über ein verbundenes Geschäft im Streitjahr 2008 noch statthaft war (zum Streitstand s. o.). Da der BGH in den letzten Jahren zahllose Widerrufs-Verfahren entschieden hat, ohne diese Frage zu problematisieren, hält der Senat das aber mit der übrigen obergerichtlichen Rspr. (s. o.) nicht für ernstlich zweifelhaft und somit auch nicht für höchstrichterlich klärungsbedürftig.
462. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Vielen Dank für Eure Einschätzungen und viele Grüße aus München