Der
Margenbarwert, den die Beklagte als Bezugsgröße heranziehe, sei dagegen keine geeignete Grundlage, da dieser die Refinanzierungskosten den Zinseinnahmen gegenüber stelle. Refinanzierungskosten dürften bei der Rückabwicklung von Darlehensverträgen nicht berücksichtigt werden, da diese bereits im Wertersatzanspruch der Beklagten für die Kapitalüberlassung enthalten seien. Zudem setze die Beklagte als Stichtag für ihre Berechnungen den Zeitpunkt der Darlehensauszahlung an. Maßgeblich sei jedoch der Zeitpunkt des Widerrufs.
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aa. Soweit die Beklagte darauf verweist, die Entscheidungen des BGH zur vermuteten Höhe des Nutzungsersatzes seien in einer Hochzinsphase ergangen und aufgrund des derzeitigen Zinsniveaus nicht mehr einschlägig, vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Zutreffend ist zwar, dass das allgemeine Zinsniveau aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise seit 2008/09 deutlich
gesunken ist. Gleichwohl hat der BGH auch in seiner Entscheidung vom 28.10.2014 zur Herausgabe gezogener Nutzungen im Rahmen von § 818 Abs. 1 BGB an der Vermutung festgehalten (BGH, Urt. v. 28.10.2014 - XI ZR 348/13; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.01.2013 - I-6 U 64/12; OLG Köln, Urt. v. 23.01.2013 - 13 U 69/12). Änderungen des allgemeinen Zinsniveaus wird bereits durch die Anknüpfung an den Basiszinssatz Rechnung getragen (BGH Urt. v. 12.05.1998 - XI ZR 79/97).
Die Beklagte hat zudem nicht vorgetragen, ab welchem Zeitpunkt eine Abweichung von der aufgestellten Vermutung angezeigt sein soll. Vorliegend ist für einen Zeitraum von 2003 bis 2013 Nutzungsersatz zu leisten; der Einwand eines erheblich gesunkenen Zinsniveaus trifft indes nicht für den gesamten Zeitraum zu.
Ebenfalls keinen Erfolg hat die in diesem Rechtsstreit zunächst vertretene Argumentation der Beklagten, der Zinssatz könne nur 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz betragen, da es sich vorliegend um einen Verbraucherimmobiliarkredit nach § 503 BGB, für den hinsichtlich der Höhe des Verzugszinses eine Sonderregelung existiere, handle. Dem ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil der BGH auf den "üblichen" Verzugszins abhebt, welcher gem. § 288 Abs. 1 BGB nach wie vor 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2014 - XI ZR 348/13, Rn. 71; Urt. v. 24.04.2007 - XI ZR 17/06, Rn. 35, jew. Zit. nach juris). Zum anderen sind Verzugszinsen und Nutzungsersatz nicht vergleichbar, da es sich bei Verzugszinsen um pauschalierten Schadensersatz handelt. Durch die Sonderregelung bei Realkrediten soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Refinanzierungskosten und damit der Verzugsschaden des Gläubigers bei Immobiliarkrediten unter denen bei gewöhnlichen Verbraucherdarlehen liegt (Begr. RegE, BT-Drucks 14/6040 S. 256). Für die Frage, in welcher Höhe die Bank aus ihr zur Verfügung stehendem Kapital Zinsgewinne erwirtschaftet, sind die Refinanzierungskosten jedoch ohne Belang. Diese werden bereits durch den Anspruch der Bank auf Wertersatz für die Gebrauchsüberlassung der Darlehenssumme ausgeglichen.
Aus diesem Grund ist auch der
Margenbarwert, den die Beklagte nach einem Wechsel ihres Vortrags für entscheidend hält, für die Bestimmung der gezogenen Nutzungen ungeeignet. Mit diesem lässt sich zwar errechnen, welchen Wert ein Kredit bei Abschluss am Markt hatte, also mit welchem Gewinn die darlehensgebende Bank bei Durchführung des Darlehens rechnete. Dieser sog. Rohgewinn einer Bank wird bei einer Finanzierung dadurch errechnet, dass die jeweiligen Margen, die sich bei jeder Ratenrückzahlung und deren darauffolgender Refinanzierung ergeben, addiert werden. Da eine Finanzierung meist über viele Jahre läuft, müssen die in der Zukunft liegenden Rohgewinne abdiskontiert werden. Der Margenbarwert sagt jedoch nichts darüber aus, zu welchem Zins die Beklagte die erhaltenen Zinsbeträge des Klägers reinvestiert hat, mithin Nutzungen daraus gezogen hat, zumal der maßgebliche Zeitpunkt nicht der des Abschlusses des Darlehensvertrags, sondern der Eingang der jeweiligen Zahlung ist.
bb. Soweit der Kläger vorträgt, die vom BGH propagierte Vermutung gelte hier nicht, die Beklagte hätte vielmehr höhere Zinsen aus dem Zinsanteil der Darlehensraten erwirtschaftet, da es sich hierbei um frei zur Verfügung stehendes Eigenkapital handle und damit die
Eigenkapitalquote der Beklagte für die Höhe des Nutzungsersatzes maßgeblich sei, vermag auch dies die Kammer nicht zu überzeugen.
Das Gericht vermag nicht, einen kausalen Zusammenhang zwischen den vom Kläger gezahlten Zinsen und der prozentualen Höhe der von der Beklagten jeweils erwirtschafteten
Eigenkapitalrendite zu erkennen. Zudem hat der Kläger zur Höhe der jeweiligen Eigenkapitalrendite trotz Bestreiten der Beklagen keinen Beweis angeboten.
Der
Dispo-Zinssatz der Beklagten kann ebenfalls nicht als Bezugsgröße herangezogen werden, da die konkrete Verwendung der Zinszahlungen des Klägers nicht bekannt ist. Die Beklagte trägt vor, dass es nicht nachvollziehbar sei, wofür bestimmte Zahlungseingänge konkret verwendet werden würden. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Zinsbeträge zur Gewährung von Dispo-Kredite verwendet wurden.
Es bleibt damit bei der vom BGH aufgestellten Vermutung, dass eine Bank im Rahmen ihres Geschäftsbetriebs Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz erwirtschaftet, die sie als Nutzungsersatz an den Darlehensnehmer herauszugeben hat.