@sebkoch
Auch auf die Gefahr hin, dass meine Meinung bei ohnehin schon "180" gesundheitsbeeinträchtigend wirkt: Ich sehe nicht, dass der BGH in XI ZR 198/19 zu erkennen gegeben hätte, dass er die Möglichkeit eine richtlinienkonforme Auslegung nur verneint, wenn die Gesetzlichkeitsfiktion greift. Dagegen spricht insbesondere BGH ZIP 2019, 1006, Rz. 16. Hier bietet sich für den BGH ein begnadetes Doppelpass-Spiel mit Herresthal ZIP 2020, 745, 752 an, der dort ausführt:
Dabei scheidet für jene Konstellationen, in denen die Widerrufsbelehrung aufgrund einer zu
weitreichenden Modifikation des Musters nicht den unmittelbaren Schutz der Gesetzlichkeitsfiktion nach
Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB bzw. der Vorgängernormen genießt, aber gleichwohl die Formulierung
des Satz 2 des Musters in Anl. 7 zum EGBGB bzw. entsprechender Vorgängerregelungen enthält, also den
der um Beispiele ergänzte Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB in der Widerrufsbelehrung, ebenfalls eine
richtlinienkonforme Rechtsfortbildung aus.84
84 Wie hier BGH ZIP 2019, 1006, Rz. 16; für größte Zurückhaltung hinsichtlich einer Rechtsfortbildung auch Schürnbrand, JZ 2015, 974, 978
_
Wenn ich diese Auffassung zu den nicht der Gesetzlichkeitsfiktion unterfallenden Sachverhalten persönlich auch nicht für richtig halte und mit einer Verfassungsbeschwerde die objektiv willkürliche Ablehnung einer richtlinienkonformen Gesetzesauslegung durch den BGH gerügt werden könnte, scheint mir doch zweifelhaft, ob die Willkürgrenze schon überschritten wäre. Wenn allerdings sogar die Gesetzlichkeitsfiktion greift - was in Zweifelsfällen eine fachgerichtlich und nicht verfassungsrechtlich zu beurteilende Frage ist - halte ich die Verfassungsbeschwerde für aussichtslos. Aber Versuch macht klug ...