Auch das ewige Widerrufsrecht kann verwirken von Florian Burghardt
Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen ermöglichen den Kunden von Banken und Versicherern auch Jahre nach dem Abschluss noch eine Rückabwicklung ihrer Verträge.
Das sogenannte ewige Widerrufsrecht, das auf fehlerhaften Widerrufsbelehrungen beruht, sorgt immer wieder für Ärger bei Banken und Versicherern. Zuletzt bei der Generali, die deswegen gegenüber der Verbraucherzentrale Hamburg (VZHH) eine Unterlassungserklärung unterschrieb.
Auch Kreditinstitute müssen Darlehensverträge aufgrund der zeitweise fehlerhaft erstellten Belehrungen noch Jahre nach dem Vertragsschluss rückabwickeln. So auch kürzlich bei einem Kunden der Sparda-Bank, zu dessen Gunsten der BGH entschieden hatte.
Klage abgewiesen
Doch anscheinend kann auch das ewige Widerrufsrecht verwirken und dem Kunden die Rückabwicklung seines Vertrages verwehren. Das belegen zwei aktuelle Urteile. So hatte das Dortmunder Amtsgericht im Juli dieses Jahres die Klage zweier Privatleute abgewiesen (Az.: 425 C 2560/19), die ihren gemeinsamen Darlehensvertrag 5 Jahre und 11 Monate nach Abschluss widerrufen hatten.
Durch die Rückabwicklung hätten die Kläger die gezahlten Zinsen von der Bank zurückerhalten. Sie selbst hätten nichts mehr zahlen müssen, da sie den noch offenen Darlehensbetrag bereits im März 2013 vorzeitig getilgt hatten.
Vorzeitige Tilgung erklärt Absichten
Diese vorzeitige Zurückführung des Darlehens wurde ihnen dann allerdings zum Verhängnis.
Denn nach Ansicht des Gerichts sei ein Widerrufsrecht dann verwirkt, wenn einer der Vertragspartner „bei objektiver Beurteilung“ darauf vertrauen könne, dass der andere sein Recht nicht mehr geltend machen wird. Dieses Vertrauen sei dann auch schützenswert.
Zwar könne ein solch schützenswertes Vertrauen nicht allein dadurch aufgebaut werden, dass sich die andere Seite während der gesamten Laufzeit vertragsgetreu verhält.
Also dass die Schuldner wie in diesem Fall die vereinbarten Zins- und Tilgungsraten erbracht haben. Wohl aber dadurch, dass die Kläger das Darlehen vorzeitig an die Bank zurückgezahlt hatten.
„Aufgrund dieser vorzeitigen Vertragsabwicklung könne die Bank in besonderem Maße davon ausgehen, dass auch der Darlehensnehmer das Vertragsverhältnis als endgültig abgeschlossenen Vorgang betrachte und nicht später seinen Bestand als solchen rückwirkend in Frage stellen will“, so das Gericht. Deshalb wurde die Klage auf Rückabwicklung abgewiesen.
Auch das Kammergericht Berlin hat das Widerrufsrecht eines Darlehensnehmers vor kurzem als verwirkt erklärt (Az.: 26 U 49/18). In seinem Fall hatten zwischen Vertragsabschluss und seinem Antrag auf Widerruf sogar 12 Jahre und 6 Monate gelegen. Von seinem Kreditinstitut hatte der Mann im Januar 2016 die Rückabwicklung seines Vertrages verlangt. Nach der Ablehnung durch die Bank hatte er gegen diese geklagt.
Ohne Erfolg.
Denn auch in diesem Beispiel hat das Gericht Elemente berücksichtigt, die auf eine Bestätigung des Vertragswillen hindeuten und somit auch das ewige Widerrufsrecht verwirken lassen.
Änderungen bestätigen Vertragswillen
Das entscheidende Element sahen die Richter darin,
- dass die Vertragsparteien während der Laufzeit einvernehmlich eine zweite Darlehensnehmerin aus dem Vertragsverhältnis entlassen hatten.
- Zudem hätten die Parteien einvernehmlich Änderungen an dem Darlehensvertrag vorgenommen und ihn damit zugleich bestätigt.
- Dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt möglicherweise keine Kenntnis von dem noch bestehenden Widerrufsrecht hatte, sei unerheblich.
- Denn trotz der stets bestehenden Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf von zehn Jahren habe er den Darlehensvertrag nicht ordentlich gekündigt und damit in den folgenden zweieinhalb Jahren zum Ausdruck gebracht, dass er mit dem Kontrakt auch weiterhin einverstanden war.
- In diesem Fall spielte auch der lange Zeitraum eine größere Rolle für das Urteil.
Denn regelmäßig würde das Kammergericht bei einer Zeitspanne von 10 Jahren von einer Verwirkung des Widerrufsrechts ausgehen.
Dem liege zugrunde, dass eine Vielzahl von Normen aus unterschiedlichen Bereichen des bürgerlichen Rechts den Zweck haben, nach Ablauf von zehn Jahren unabhängig vom Kenntnisstand der Betroffenen Rechtsfrieden eintreten zu lassen, so die Begründung.