ich bin gerade dabei meine Widerrufsbelehrungen überprüfen zu lassen ob diese evtl. fehlerhaft sind und ich die im letzten Oktober bezahlte Vorfälligkeitsentschädigung der Bank zurückfordern kann. Speziell eine Widerrufsbelehrung scheint fehlerhaft zu sein.
Gibt es hier User die hierzu Erfahrungen gemacht haben? Gerne würde ich mich diesbezüglich austauschen, auch per PN oder Email.
Zu der Aufrechnungsklausel ist die Rechtsprechung der OLGs relativ einheitlich negativ, darauf wurde schon mehrfach hingewiesen. M.E. wird sich der BGH dem im Wesentlichen anschließen. In der EuGH Entscheidung lese ich nichts, was dies in ein anders Licht rücken würde. Eigentlich fehlt hier doch jeder Bezug zum Deutschen Widerrufsrecht oder der hierfür verantwortlichen Richtlinie.
Die Klausel ist unwirksam und damit besteht keine Beeinträchtigung des WRR. Selbst wenn man aber die Ansicht in dem zitierten Artikel vertritt, dass die Klausel den Widerruf beeinträchtigt hat und damit das WR bestehen blieb, lief das genau so lange bis der BGH die Klausel als unwirksam entschieden hat und würde nur für Widerrufe geltend, die bis dahin erklärt wurden. Nur so lange war der DN wegen der Klausel "beeinträchtigt". Diese wären dann wirksam, wegen der verkappten "Wirksamkeit" der unwirksamen Klausel. Aktuell könnte der DN dann davon ausgehen, dass die Klausel nicht gilt und daher keine Beeinträchtigung des WR besteht. Den Ansatz halte ich aber für mumpitz.
Der Nachteil des Verbrauchers in den vorliegenden Fällen, wäre, den EuGh Fall soweit weiter übertragen, dass das sogenannte "ewige" Widerrufsrecht für Verträge von Mitte 2010 bis März 2016 entfällt, weil die Klausel für unwirksam erklärt wird und daher keine Beeinträchtigung des WRR mehr vorliegt, die zum "ewigen" WR berechtigte, mit der Folge, dass das "ewige" WRR entfallen würde und daher der Darlehensnehmer dadurch benachteiligt wird.
Vorliegend sind die Verträge aber ohne weiteres ohne diese Klausel inhaltlich in Takt und benötigen keiner Anpassung. Die grundlegende Fallgestaltung hinsichtlich der Aufrechnungsklausel ist daher damit m.E. schon eine gänzlich andere als bei der "Abrechenklausel der Währung" in dem EuGH Fall, dem ohne die Klausel ein elementarer Teil fehlte und die vom dortigen Gesetzgeber unzureichend gelöst wurde. Hierzulande führt der Wegfalle der Aufrechenklausel nur dazu, dass die üblichen BGB-Regelungen zur Aufrechnung geltend. Hier ernsthaft zu behaupten, dass wäre für den DN benachteiligend oder vom Gesetzgeber unzureichend gelöst, sollte sich um eine Professur bewerben.
Im EuGH Fall hatte die Klägerin kein interesse an dem Fortbestand des Vertrages und es steht die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages wegen der Klausel im Raum. Das dürfte die Bedeutung der Aufrechenklausel für die Verträge sprengen.
Die Leute, die mit neuen Verträgen beim BGH sind oder in der NZB hängen, dürften schon mitbekommen haben, dass der BGH nicht sonderlich entscheidungsfreudig ist bei den Verträgen. Der BGH würde diese (NZB) kaum zurückweisen, wenn er die Aufrechnungsklausel als relevant für das WR sehen würde, weil die in fast allen AGBs stand und Teil aller neueren Revisionen / NZB seit letztem Jahr sein dürfte.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich hier als negativer realist gebrandmarkt werde, aber die Aufrechnungsklausel und die hier neuerlich ausgeführten "Ansätze" haben m.E. 0 Erfolgschancen. Ohne echte Fehler, kommt man nicht zum fortbestehenden Widerrufsrecht. Das sind entweder tatsächliche Fehler in den Widerrufsinformationen oder klare Fehler in den Pflichtinformationen. Alles andere ist m.E. Effekthascherei und Mindermeinung, die auf lange Sicht vor Gericht und in der Masse verliert.
Sie sprechen in Ihrem von begrüßenswertem Realismus getragenen Beitrag von einer „relativ“ einheitlichen Front negativer OLG-Urteile. Ist denn bislang überhaupt ein OLG-Urteil ergangen, das der Rechtsauffassung des Landgerichts Ravensburg gefolgt wäre, dessen Urteil seinerzeit von unverbesserlichen Optimisten als zentraler Hoffnungsträger gefeiert worden war? Nach meiner Kenntnis gibt es ein solches positives Urteil nicht.
Ergänzend darf ich darüber informieren, dass nunmehr auch Rechtsschutzversicherungen bei der Fallkonstellation der unzulässigen Aufrechnungsklausel unter Verweis auf die gefestigte Rechtsprechung der OLGe den Deckungsschutz ablehnen.
WRR für Verträge die zwischen 11.06.2010 - 29.07.2010 geschlossen wurden, nach BGH 19.3.2019 - XI ZR 44/18 im Sinne des damaligen § 355 Abs. 3 BGB 6 Monate nach Vertragsschluss erloschen. Die am damaligen Gesetz vorbeigehende WRB (§ 492 Abs. 2 BGB stand noch nicht im § 495 BGB als Voraussetzung für WR), nur eine ebenso klare wie verständliche Überbelehrung. Verweis auf irrelevante Pflichtinformationen unerheblich, Gesetz ist klar und eindeutig. Entgegen LG Saarbrücken keine Vorlagepflicht zum EuGH.
Effektvoll das WR für diese Verträge quasi vollständig eingedampft. Die Ansprüche an den normalen verständigen Darlehensnehmer und sein juristisches Wissen weiterhin sehr hoch.
BGH 2.4.2019 - XI ZR 488/17 noch etwas mehr zur Vorlage des LG Saarbrücken zum BGH. Interssant ist, dass die WRI aus dem ESM mit abgedruckt wurden. Die hier abweichende Darstellung von den WRI im Vertrag & Gesetz (fehlender Hinweis auf Pflichtinformationen nach § 492 Abs. 2 BGB), haben den BGH offensichtlich nicht interessiert. Eigentlich hat den BGH in der Sache gar nichts interessiert, wollte wohl nur seine Meinung zur Vorlage durch das LG Saarbrücken mitteilen (wovon der BGH offensichtlich nicht viel hält).
@Texis, zu den Verträgen vom 11.06.2010 bis 29.07.2010.
Es geht um die Anwendung des § 355 Abs. 4 in der damaligen Fassung. Ansonsten gebe ich dir recht, dass Widerrufsrechte damit ziemlich eingedampft wurden, (auch wenn ich das für zweifelhaft halte, denn die Regelung (Erlöschen nach 6 Monaten) ist mindestens für Nicht-Immobiliardarlehensverträge klar EU-rechtswidrig und dann müsste man sich beim BGH zumindest mal überlegen, ob dass nicht irgendwie auch auf die Immobiliardarlehensverträge ausstrahlt).
In dieser Zwischenzeit gibt es allerdings einige ziemlich wüste Formulierungen in Widerrufsbelehrungen und häufig sind da noch alte Belehrungen verwendet worden. Dann fehlt es schon tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Erlöschen.
Sind, außer der untenstehenden Rechtsprechung, neue Entwicklungen in Bezug auf die Anwendung von § 494 Abs. 6 BGB bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen bekannt?
Pro:
OLG Koblenz, Beschluss vom 15.10.2015 – 8 U 241/15
Contra: - LG Bonn, 06.03.2017 - 17 O 156/16 - LG Bonn, 21.07.2017 - 3 O 344/16 - LG München I, 17.08.2018 - 29 O 16223/17 - LG Heilbronn, 02.05.2018 - Ve 6 O 67/18, 6 O 67/18
im Bereich des OLG Frankfurt werden diese Fälle vorsorglich unter Verweis auf § 489 Abs. 3 BGB beerdigt. Dann braucht man sich (wenn das Darlehen bei Kündigung noch lief) damit nicht mehr befassen, ob § 494 Abs. 6 BGB anwendbar ist, da das idR kein DN kann. Zwar hat es der BGH im Rahmen der Verfahren gegen die Bausparkassen (etwa Urteil vom 21.02.2017) unter Verweis auf § 242 BGB als treuwidrig angesehen, sich auf § 489 Abs. 3 BGB zu berufen, wenn man die Kündigung als unwirksam zurück weist, aber das soll nach OLG FFM anegblich im umgekehrten Fall einer Kündigung durch den DN nicht gelten (warum auch immer).
gegen die Anwendung des 494 Abs. 6 BGB schon grundsätzlich LG FFM 2-21 O 307/17 Urteil vom 01.03.2018
Beim FC Heidelberg wird zur Nichtanwendbarkeit des § 494 Abs. 6 BGB auf Immobiliardarlehen auch auf ein bislang wohl unveröffentlichtes Urteil des OLG Ffm vom 22.02.2019 - 10 U 184/17 - verwiesen.
Beim FC Heidelberg wird zur Nichtanwendbarkeit des § 494 Abs. 6 BGB auf Immobiliardarlehen auch auf ein bislang wohl unveröffentlichtes Urteil des OLG Ffm vom 22.02.2019 - 10 U 184/17 - verwiesen.
und schwupps ist die Aufrechnungsklausel erledigt worden. Dabei muss ich den BGH immer wieder für seine gekonnten Zirkelschlüsse bewundern. Erst urteilt er, dass man außerhalb der Widerrufsbelehrung letztlich machen kann, was man will, ohne dass die Deutlichkeit der Widerrufsinformation beeinträchtigt (was man in dieser Absolutheit ja niemandem wirklich erklären kann, denn dann kann ich nach der korrekten Belehrung schreiben, dass kein Widerrufsrecht besteht und alles ist in Butter) und dann begründen die OLGs natürlich mit dieser Rspr auch, dass die Aufrechnungklausel kein Problem ist, was der BGH dann seinerseits wieder als Bestätigung der Obergerichte für seine Rspr wertet, Chapeau!!
Um nicht missverstanden zu werden. Ich hatte ja schon seit Monaten geschrieben, dass ich keinen Zweifel habe, dass der BGH auch die Aufrechnungsklausel problemlos beerdigen wird, ich begeistere mich nur immer an der Argumentationsführung.
Da finden gerade Großbegräbnisse statt. Dass diese Fälle rechtspolitisch unerwünscht sind, dürfte zwischenzeitlich überdeutlich geworden sein...
Darf man im Übrigen die neuesten Geniestreiche des BGH in Bezug auf vom DN nach Widerruf geschuldetem Wertersatz - Az. XI ZR 9/17 sowie Az. XI ZR 362/17 - dergestalt werten, dass zwischen Widerrufsausübung und Rückzahlung immer (solange keine Aufrechnung erklärt wurde) der seinerzeit vertraglich vereinbarte Zinssatz (soweit dieser innerhalb der "Streubreiten-Rechtsprechung" von 1 Prozentpunkt der jeweiligen SUD Zeitreihe angesiedelt ist) als Wertersatz gegenüber der finanzierenden Bank geschuldet wird
- und damit nicht zuletzt auch die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf, 30.04.2018 - Az. I-9 U 89/17 (Wertersatz i.H.v. 2,5%-Punkten ü.d.j. BZS) beerdigt ist
- und damit faktisch ein Nachweis eines ggf. niedrigeren Wertersatzes des DN, ab Widerrufsausübung zu ggf. günstigeren marktüblichen Konditionen weiterfinanzieren zu können, abgeschnitten ist?
Zudem würde aus Sicht des DN daraus folgen, dass ggf. die Aufrechnung erklärt werden sollte, da insoweit nicht nur der Anspruch des DN auf Nutzungsersatz, sondern (wenigstens) auch der Anspruch des DG auf Wertsatz (welcher den Nutzungsersatzanspruch des DN ab Widerrufsausübung aufgrund vorstehend genannter Rspr. faktisch immer übersteigen dürfte) ab Wirksamkeit des Widerrufes entfällt.
Mal wieder was erfreuliches: Andreas Mayer aus Freiburg hat zumindest in zwei Fällen BBBank eG-Verträge aus der Zeit zwischen Juni 2010 und 2014 geknackt. Hier steht's.
Und: Tobias Pielsticker äußert sich zur aktuellen Rechtsprechung des XI. Senats etwas weniger tolerant als sebkoch :-)
Mal wieder was erfreuliches: Andreas Mayer aus Freiburg hat zumindest in zwei Fällen BBBank eG-Verträge aus der Zeit zwischen Juni 2010 und 2014 geknackt.
Ist jemandem Rechtsprechung bekannt zu der Frage, ob sich die Widerrufsbelehrung der Deutschen Bank (Stand 2009), die sich nach der Unterschriftenzeile befindet, deutlich im Sinne des § 355 BGB a.F. ist? Der Darlehensvertrag enthält an vielen Stellen Umrahmungen, so dass sich die Frage stellt, ob das Deutlichkeitsgebot gewahrt wurde. Mir ist lediglich der Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 06.12.2016, Az. 6 U 108/16, bekannt.
Aktuell hat das Landgericht Ellwangen in der mündlichen Verhandlung den Hinweis erteilt, dass der BGH über diese Frage mit Beschluss vom 18.12.2018, Az. XI ZB 16/18, entschieden haben soll. In dem zitierten Beschluss geht der BGH jedoch mit keiner Silbe auf die Frage der Deutlichkeit ein...
03.06.2019 Das Hessische Finanzgericht teilt mit: Das Urteil zur Kapitalertragssteuerpflicht der Nutzungen im Rahmen des Kreditwiderrufs ist inzwischen rechtskräftig.
Finanzgericht Hessen
Aktenzeichen: 12 K 1328/17, Urteil v. 06.11.2018
Klägervertreter: Noch unbekannt, bitte melden.
a) Tritt der Darlehensgeber nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB in der bis zum12. Juni 2014 geltenden Fassung in die Rechte und Pflichten des Unternehmers ein und erlöschen Ansprüche des Darlehensnehmers gegen den Unternehmer auf Rückgewähr seiner darlehensfinanzierten Leistung und des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer auf Rückgewähr der Darlehensvaluta kraft Gesetzes, kann der Darlehensgeber, sofern keine anderweitigen vertraglichen Vereinbarungen zwischen ihm und dem Unternehmer bestehen,den Unternehmer, der in sonstiger Weise ohne Rechtsgrund die Befreiung vonseiner Verbindlichkeit gegenüber dem Darlehensnehmer erlangt hat, im Wegeder Durchgriffskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB in Anspruchnehmen (Bestätigung von Senatsurteil vom 17. September 1996- XI ZR 164/95, BGHZ 133, 254, 263 f.; Fortführung von Senatsurteil vom18. Januar 2011 - XI ZR 356/09, WM 2011, 451 Rn. 25; BGH, Urteil vom3. März 2016 - IX ZR 132/15, BGHZ 209, 179 Rn. 32, 34 und 36).
Ich glaube, einen neuen Ansatz zum Widerruf von Darlehensverträgen mit Abschlusszeitpunkt ab dem 11.06.2010 gefunden zu haben. Dies betrifft diejenige Konstellation, in der mehrere Darlehensverträge mit unterschiedlichen Konditionen in einer Vertragsurkunde zusammengefasst werden, aber nur eine einheitliche Widerrufsinformation erteilt wird, die unterschiedslos für alle einzelnen Verträge gelten soll und die in der Belehrung über die Widerrufsfolgen stillschweigend einen Gesamtbetrag für die im Falle des Widerrufes pro Tag zu entrichtenden Zinsen ausweist. Derartige Darlehensvertragsmuster werden insbesondere von der Commerzbank verwandt.
Ich bin der Auffassung, dass es bei einem derartigen Kombinat von Darlehensverträgen
zu einer ordnungsgemäßen Widerrufsinformation der Hinweis erforderlich ist, dass die einzelnen Verträge auch unabhängig voneinander widerrufen werden können,
irreführenden Charakter besitzt, wenn nicht bezogen auf die einzelnen Darlehensverträge der jeweils geschuldete Tageszins ausgewiesen wird.
Meine Kanzlei plant, die Wirkkraft dieser Argumentation demnächst einmal im Rahmen eines außergerichtlichen Pilotverfahrens auszutesten.