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Texis
Die praktischen Erwägungen, die hinter der Argumentation des BGHs stehen, kann ich schon nachvollziehen und das Ergebnis ist wenig verwunderlich. Trotzdem sehe ich hier keine dogmatisch stringente Argumentation. Erst reitet der BGH auf einem extrem formalen Urkundsbegriff herum ungeachtet etwa Regelungen des § 492 BGB, trennt § 355 & 492 BGB weiterhin streng und lässt es dann aber für die Manifestierung der eigenen Willenserklärung im Rahmen des § 355 Abs. 2 BGB ausreichen, wenn der DN eine Kopie des leeren Darlehensvertrages ohne Unterschriften erhalten hat.
Dies scheint mir für einen Laien eine recht abenteuerlichen zu verstehende Begründung. Alleine schon der Umstand, dass die Vertragsurkunde unbedingt beide Unterschriften haben muss, während die schriftliche Willenserklärung des DN auch mit einem leeren Blatt Papier dokumentiert wird.
Wie kommst Du auf einen leeren Darlehensvertrag?
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Texis
Der BGH-Argumentation folgend, spielt bei dem Punkt der eigenen Willenserklärung die Unterschrift der Bank keine Rolle. Mithin ist der § 355 Abs. 2 BGB hinsichtlich der formalen Erfordernisse immer in einer Alternative erfüllt, sobald der DN einen Darlehensvertrag erhalten hat ungeachtet der Tatsachen, ob dieser von der Bank oder dem DN unterschrieben ist. In tatsächlicher Hinsicht sicherlich zutreffend, weil der DN weiß was er unterschrieben hat, aber faktisch wäre so ein Dokument ohne Unterschriften wohl bar jeden beweiswertes. Es steht zudem weiterhin im krassen Gegensatz zu der extrem engen Auslegung des BGHs zum Urkundsbegriff und der klaren Trennung zum § 492 BGB.
Ich bin in meiner Argumentation immer davon ausgegangen, dass dem DN zwei mit der Unterschrift des DG versehene Ausfertigungen vorliegen. Davon unterschreibt er zumindest diejenige, die er zurückgibt. Damit hat er einen Vertrag geschlossen, an dem es nichts zu deuteln gibt.
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Texis
Dies umso mehr, weil wenn der DG dem DN ein Angebot auf Abschluss eines DV unterbreitet, es regelmäßig an einem Angebot des DN fehlt. Mithin an und für sich nur die Alternative der Vertragsurkunde im Rahmen des § 355 BGB verbleiben würde, um das WR in Gang zu setzen. Die Vertragsurkunde ist aber laut formaler Auslegung des BGHs nur der von beiden Seiten unterschriebene Darlehensvertrag. Ein DG, der von der Möglichkeit nach § 492 Abs. 1 BGB Gebrauch macht und nicht unterschreibt, während der DN später unterschreibt und eine Ausfertigun an den DG zurückgibt, würde erst dann im Rahmen des § 355 Abs. 2 BGB die WRF in Gang setzen, wenn er dem DN eine Kopie oder die Ausfertigung der Vertragsurkunde überlässt. Was in dem Fall nach der BGH-Defintion mangels Unterschrift des DG aber unmöglich ist.
Das ist ein anderer Fall, wobei es ja offensichtlich nach § 492 (1) BGB genügt, wenn die Unterschrift des DG auch mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erstellt wurde. Dieses müsste aber m. E. die bei diesem DG übliche Verfahrensweise sein.
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Texis
Vorliegend hat der BGH BGH schlicht neue Rechtsbegriffe im Widerrufsrecht erfunden. In seinem Urteil vom 27.02.2018 - XI ZR 160/17 ist weder von der Vertragsurkunde noch dem schriftlichen Antrag des Verbrauchers nach § 355 Abs. 2 BGB die Rede. Hier reicht es losgelöst von der Formulierung des Gesetzes aus, wenn ein Vertragsformular dem DN vorliegt. Der § 355 Abs. 2 BGB ist auf einmal globalgalaktisch formal erfüllt, wenn eine Abschrift der Vertragserklärung des Verbrauchers vorliegt. Diese liegt quasi per Defintion immer vor, wenn der DN ein Vertragsformular erhalten hat und liegt explizit auch dann vor, wenn sie keinerlei Unterschriften trägt. Kein Wort mehr von der Darlehensurkunde oder dem schriftlichen Antrag des Verbrauchers.
Wie dem auch sei, nun ist es klar. Und es ist m. E. auch logisch. Es existiert ein Originalvertrag, der den Vertragsabschluss beweist und die Beteiligten kennen dessen Inhalt und den Zeitpunkt des Zustandekommens. Und weicht das mir in der Vergangenheit vorgeworfene persönliches (logisches) Rechtsverständnis nicht von dem der obersten Gerichtsbarkeit ab.