Zitat von
sebkoch
das ist schon etwas eigen.
In der Tat ist das ziemlich unerfreulich und natürlich mal wieder völlig ohne Begründung. Lustig (wenn es nicht traurig wäre) ist, dass der BGH sich auf völlig widersprechende OLG Entscheidungen zur Begründung bezieht. Während das OLG Frankfurt (17. Senat) nämlich in der Tat zwei Willenserklärungen, die separat widerruflich seien, annimmt (mE zutreffend) und die Belehrung insoweit klar sei, nimmt das OLG Hamm und dem folgend das OLG Frankfurt (23. Senat) an, dass überhaupt nur EINE Willenserklärung (trotz mehrerer Verträge auch mit unterschiedlichen Vertragspartnern) besteht und dann kann diese auch nur insgesamt widerrufen werden.
Wie das dann der juristisch ungeschulte Verbraucher erkennen soll, wenn sich Bankrechtssenate nicht mal klar sind, dass man separat widerrufen kann, nur der BGH weiß es ...
Dazu mal meine Ausführungen an den 17. Senat OLG FFM aus einem aktuellen Verfahren:
Der Senat hält die Belehrung trotz der Tatsache, dass für zwei Darlehensverträge, die auf zwei Willenserklärungen der Kläger in einer einheitlichen Urkunde beruhen, nur eine Belehrung erteilt wurde, für ordnungsgemäß, da aus der Belehrung für den Verbraucher leicht erkennbar sei, dass er beide Verträge getrennt widerrufen könne, Seite 12, 2. Absatz des Hinweisbeschlusses. Der Senat wörtlich (und so auch schon im Beschluss vom 01.09.2016 zu 17 U 126/16): „Hier wird durch die Formulierung der Widerrufsbelehrung, die ausdrücklich durch Klammerzusätze jeweils auf die Kooperationspartner hinweist, in einer für einen verständigen Verbraucher eindeutigen Weise darüber belehrt, dass der Verbraucher sowohl den mit der Beklagten zu 1 als auch den mit der Beklagten zu 2 geschlossenen Darlehensvertrag widerrufen kann.“ Dabei ist im Ansatz zunächst auch zutreffend, dass die Kläger jeweils eine Willenserklärung je Vertrag abgegeben haben, die separat widerruflich sind. Das sieht im Übrigen die Beklagte auch selbst so, so ihr eigener Vortrag im Verfahren LG Frankfurt 2-18 O 371-15, nachfolgend OLG Frankfurt 23 U 116/16:
Dort lässt die Beklagte (bzw. dort ihre Rechtsvorgängerin) auf Seiten 8 unten und 9 oben unter der Zwischenüberschrift „Belehrung für zwei Darlehen“ vortragen: „Damit ist klargestellt, dass auch nur der von der den Klägern mit einem Kooperationspartner der Beklagten geschlossene Vertrag hätte widerrufen werden können.“ Auch der letzte Satz der Widerrufsbelehrung vor dem Absatz über die Widerrufsfolgen spricht dafür.
Allerdings ist es eben gerade nicht, so dass die Belehrung dies hinreichend deutlich macht, um das Gebot der inhaltlichen Deutlichkeit zu erfüllen. Denn selbst in diesem Bereich ausgebildete Volljuristen können dies nicht erkennen.
So kommt der 23. Senat des OLG Frankfurt im Urteil vom 17.01.2017, 23 U 116/16 gestützt auf eine Auffassung des OLG Hamm zu dem Ergebnis, dass in einer exakt identischen Konstellation (gegen die hiesige Beklagte bzw deren Rechtsvorgängerin), dass nur eine Willenserklärung trotz der Mehrzahl der Verträge mit verschiedenen Vertragspartner bestünde und daher auch nur eine Willenserklärung widerrufen werden kann. Daher sei die Belehrung dann auch zutreffend, OLG Frankfurt aaO, Seite 13 (für das Gericht anbei). Ebenso kommt das LG Wiesbaden ganz aktuell zu der fehlerhaften Wertung, in der hier gegebenen Konstellation bestehe nur eine Willenserklärung und daher sei die Belehrung zutreffend, LG Wiesbaden, Urteil vom 29.08.2017, 1 O 128/17, Seite 5. Beide Gerichte gehen im Umkehrschluss davon aus, dass bei Vorliegen mehrerer Willenserklärungen die Belehrung dann falsch ist. Zudem zeigt sich eben durch diese Urteile deutlich, dass die vorliegende Belehrung eben gerade nicht hinreichend deutlich für den Verbraucher darstellt, dass er die beiden Verträge aufgrund seiner Mehrzahl von Willenserklärungen separat widerrufen kann und wie sich der Widerruf eines Vertrags ggfs auf den anderen auswirkt. Der Verweis auf die Mehrzahl von Personen (Seite 11 unten des Hinweises) ist insoweit nicht weiter führend, denn insoweit verlangt der Bundesgerichtshof grundsätzlich, dass jeder Darlehensnehmer zumindest Mitbesitz an der Vertragsurkunde mit der Widerrufsbelehrung hat, so dass jeder Darlehensnehmer für sich die Belehrung und damit bezogen auf seine Willenserklärung vor Augen hat. Die Undeutlichkeit und Irreführung der Belehrung wird zudem dadurch bestätigt, dass die Belehrung nur von einer Willenserklärung im Singular (im Absatz „Widerrufsrecht“) spricht und damit die falsche Annahme unterstützt, es gebe nur eine Willenserklärung, die demgemäß auch nur ganz oder gar nicht widerrufen werden kann.