zu kritisieren sind meiner Meinung nach zwei Punkte bei dem Nürnberger Urteil:
1. gesteht das Gericht dem Kläger nicht einen marküblichen Zinssatz nach Bundesbank-Statistik zu, da angeblich innerhalb der vom BGH angegebenen Range von 1 Prozentpunkt. Nämlich 0,98Prozentpunkte Differenz.
Allerdings hat hier das Gericht den vertraglichen Nominalzinssatz mit dem effektiven Zinssatz der Bundesbank-Statistik verglichen.
Im Satz danach kommt das Gericht zu der Erkenntnis, dass wenn man den vertraglichen Effektiv-Zinssatz mit dem Zinssatz der Bundesbank-Statistik (wird ja immer Effektiv angegeben),
man auf eine Abweichung von 1,14 Prozentpunkten käme. Also größer als 1 Prozentpunkt.
Trotzdem wäre damit der Nachweis eines geringeren Gebrauchsvorteiles nicht gelungen.
Wie der Beweis dann seitens der Kläger erbracht werden kann, bleibt offen.
2. Wir hatten ja schon darüber diskutiert, dass eine Abweichung, die allgemein und abstrakt formuliert für alle Fälle gelten soll, nur als relative Größe angegeben werden kann, also in %. Und nicht als absolute Größe, wie hier in Prozentpunkten. 1 Prozentpunkt macht bei einem Vertragszins von "5%" eine Abweichung in Höhe von 20 Prozent aus, bei einem Vertragszins von "10%" aber nur 10 Prozent, bei einem Vertragszins von "2,5%" dann 40 Prozent.
Das kann nicht richtig sein, es würde jeweils an anderer "Masstab" angesetzt werden.
3. Laut Urteil hat der DN auch nach dem Widerruf den Vertragszins als Wertersatz zu leisten. Selbst auch, wenn Gläubigerverzug vorliegen würde. Das ist neu!
Das Gericht bezieht sich hier vor allem auf den § 302 BGB, wonach der "allgemeine Grundsatz" vorliege, "dass selbst ein Gläubigerverzug den Schuldner nicht davon befreit, tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben".
§ 301 BGB hingegen missachtet das Gericht vollkommen.Zudem sehe man keine zeitliche Befristung zur Herausgabe eines Wertersatzes.
Das ist meiner Meinung nach falsch. § 302 BGB bezieht sich auf die Überlassung von "Gegenständen". Wie eine überlassene Darlehensvaluta ein Gegenstand sein soll, erschliesst sich mir nicht. Sie wird ja meist nur in Form eines Buchungssatzes, bestehend aus bist&bites überlassen, maximal ersichtlich in Form eines Kontoauszuges oder des DV.
Wie man hier einen "allgemeinen Grundsatz" herleiten möchte, ist mir ebenfalls nicht ersichtlich.
Und wenn es so wäre, wären "tatsächlich gezogene Nutzungen" maximal ersparte Schuldzinsen.
Bei einem aber wirksam widerrufenen Darlehen kann das dann aber nur maximal der Schuldzins sein, den man sich bei einer Ablösung erspart hat. Denn man hätte ja entsprechend ablösen können, falls die Bank den Widerruf anerkannt hätte.
Voraussetzung hierfür wäre aber, dass der Anspruch zum Wertersatz aber auch tatsächlich über den Zeitpunkt des Widerrufes tatsächlich unbegrenzt bis zur tatsächlichen Rückabwicklung besteht.
Das BGB gibt aber hier über eine Verweiskette von § 357 Absatz 1 Satz 2 & 3 BGB aF
"[8. Dezember 2004–11. Juni 2010]
§ 357. Rechtsfolgen des Widerrufs und der Rückgabe. (1) [1] Auf das Widerrufs- und das Rückgaberecht finden, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung. [2] § 286 Abs. 3 gilt für die Verpflichtung zur Erstattung von Zahlungen nach dieser Vorschrift entsprechend; die dort bestimmte Frist beginnt mit der Widerrufs- oder Rückgabeerklärung des Verbrauchers. [3] Dabei beginnt die Frist im Hinblick auf eine Erstattungsverpflichtung des Verbrauchers mit Abgabe dieser Erklärung, im Hinblick auf eine Erstattungsverpflichtung des Unternehmers mit deren Zugang."
über § 286 Abs. 3 BGB aF
"[1. Januar 2002–29. Juli 2014]
§ 286. Verzug des Schuldners
...
(3) [1] Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist.
[2] Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat."
Wenn aber der Darlehensnehmer als Rückgewährschuldner in Verzug ist, kann nur der gesetzliche Verzugszins angesetzt werden.
4. Aufrechnung. Soll lt. Ansicht des Senates automatisch immer auf den Zeitpunkt des Widerrufes zurückfallen, soweit es die Ansprüche aus der Zeit bis zum Widerruf betrifft.
Meine Meinung dazu: die Banken haben dazu jeweils immer in den AGB´s eine Aufrechnungsverbotsklausel, soweit es bestrittene oder nicht rechtskräftig festgestellte Forderungen gegenüber der Bank betreffen.
Der BGH hat dazu schon mal geurteilt, dass eine Aufrechnung mit einer klar nachvollziehbaren Forderung möglich sei, da es sonst den Darlehensnehmer unangemessen benachteilige.
Das mag ja ohne weiteres möglich sein, wenn z.B. den Nutzungsersatz in Höhe der Vermutung des ges. Verzugszinses heranzieht oder den Wertersatz auf Basis des Vertragszinses ermittelt.
Ist dies aber auch ohne Einschränkung möglich, wenn man versucht, die Vermutung bzgl. des NE zu widerlegen? Und/oder den Wertersatz anhand der Bundesbankstatistik nachweist, ggf. sogar noch periodisch nach Servais?
Oder gelten die AGB hier nicht mehr, da der DV mit Widerruf beendet und in ein Rückgewährschuldverhältniss umgewandelt wurde?
Denn wenn ich doch nicht so ohne weiteres die Aufrechnung erklären kann, dann läuft die Zinsmaschine für den Nutzungsersatz für die bis WR geleisteten Zahlungen natürlich über den Zeitpunkt des Widerrufes hinaus, weiter. Ich muss dann also mehr fordern, als was mir ggf. dann zustünde, falls denn die Gegenseite die Aufrechnung erklärt. Was ja auch nicht immer geschieht.
Schon lustig....