Raffgierige Führungsklicke inkl. CEO Vögeli greifen im Handel nicht durch.....und die ZKB Derivate-Truppe ist nur auf hohen Bonus aus :shock:
6. Mai 2007, NZZ am Sonntag
ZKB-Führung hat versagt
Bei der Zürcher Kantonalbank ist die Krise längst nicht ausgestanden. Entgegen internen Vorschriften wurde auch ein Sulzer-Aktienpaket ausgelagert
Neue Fakten zeigen: Der «Fall Sulzer» ist ein klares Merkmal für eklatante Führungsschwächen bei der Staatsbank. Ob weitere personelle Konsequenzen folgen, lässt der Präsident Urs Oberholzer offen.
Fritz Pfiffner
«Wir übernehmen Verantwortung», heisst das Motto des Geschäftsberichts 2006 der Zürcher Kantonalbank - mit einer Bilanzsumme von 95,2 Mrd. Fr. und 4353 Mitarbeitern die Nummer 3 im Lande. Wenn es allerdings in der Staatsbank kracht, wie jetzt beim «Fall Sulzer», gehen die Verantwortlichen in Deckung. Nur der Präsident bleibt an Bord. «Wir haben Fehler gemacht und müssen jetzt alles tun, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen», sagt Urs Oberholzer nach einer stürmischen Woche.
Das oberste Organ der Staatsbank, der Bankrat, hat zwar erste Massnahmen getroffen. Erst wurde Hans Fischer, Leiter Investment und Private Banking, in die Wüste geschickt. Dann setzte sich die ZKB am Freitag neue Leitplanken für das Optionsgeschäft und hat das interne Frühwarnsystem verstärkt. Man will künftig bei feindlichen Übernahmen kotierter Firmen nicht mehr mitwirken und für die Umgehung von Meldepflichten keine Hand mehr bieten. Doch ausgestanden ist damit der «Fall Sulzer» in der Staatsbank noch lange nicht.
Wer wusste was?
So wünscht die Aufsichtskommission des Kantonsrats detaillierte Auskunft über die jüngsten Vorgänge. «Ich werde am Montag offen informieren», sagt Oberholzer. Er gibt aber zu bedenken, dass intern und extern (Stichwort Bankenkommission) noch längst nicht alles geklärt sei. Ob weitere personelle Konsequenzen folgen, sei darum offen.
Die ZKB spielt im Derivatehandel eine führende Rolle und war mit Optionsgeschäften bei praktisch allen feindlichen Firmenübernahmen und -attacken (Unaxis, Saurer, Converium, Ascom, Implenia, Sulzer) beteiligt. Vor allem der «Fall Sulzer» ist symptomatisch für die ZKB-Führung oder besser die Führungsschwäche in einem Geschäft mit grossen Reputationsrisiken.
Die Staatsbank hat als Hausbank von Sulzer mitgeholfen, dass der russische Oligarch Viktor Vekselberg klandestin eine namhafte Beteiligung am Winterthurer Konzern erwerben konnte. Wie konnte es dazu kommen, obwohl die am 1. September 2005 von der Bankenkommission abgesegnete Kompetenzordnung klar ist? «Das Bankpräsidium bewilligt Kapitalmarktgeschäfte, die besondere Auswirkungen auf die Reputation der ZKB haben oder besondere geschäftspolitische Risiken beinhalten», heisst es in Paragraf 8.
Man schiebt nun bei den Sulzer-Geschäften den schwarzen Peter hin und her. Zwar hatte CEO Hans Vögeli die Direktive ausgegeben: «Sulzer wird nicht angerührt!» Doch erst nach einem Treffen bei Sulzer habe Hans Fischer seinem CEO gebeichtet, seine Leute hätten bereits im November drei Sulzer-Optionen emittiert. Vögeli informierte umgehend das Präsidium. Die Geschäfte wurden aber vom CEO nicht «storniert». Er hat auch nichts unternommen, dass die Sulzer-Aktien nicht doch, wie geschehen, am Ende in Sulzer-feindliche Hände fallen.
Besonders pikant und bis heute nicht bekannt: Auch nach dem Sulzer- Treffen hat die ZKB weiter kräftig beim Sulzer-Angriff der russisch-österreichischen Investoren mitgemischt. Entsprechende Gerüchte liess Oberholzer sofort vom Inspektorat untersuchen. Und siehe da: Es war nochmals ein Aktienpaket von gut 4% geschnürt worden. Allerdings hat man das Geschäft zur Swisscanto ausgelagert, um legal die Meldepflicht zu umgehen. Vom Swisscanto-Deal soll nicht mal Sparten-Chef Fischer etwas gewusst haben.
Jedenfalls hat die Zürcher Staatsbank am Schluss fast 9% der Sulzer-Aktien über die Deutsche Bank in London Viktor Vekselberg zukommen lassen. Und da tauchen neue Fragen auf: Wer hat den Befehl gegeben, dieses Aktienpaket doch physisch zu liefern? Warum hat die ZKB bei den sogenannten Cash- Settlement-Optionen nicht darauf beharrt, rund 700 Mio. Fr. wie eigentlich vorgesehen in bar abzugelten? Bestand, wie man hört, halt doch ein Abkommen zwischen der ZKB und den Investoren, dass man Aktien liefert? Auch die Bankenkommission ist an einer schlüssigen Antwort interessiert.
Eigenleben der Händler
Nicht nur die Aufsichtskommission des Kantonsrates möchte wissen, warum CEO Vögeli seinen Rückzugsbefehl im Fall Sulzer intern nicht durchsetzen konnte oder wollte. Vögeli hat seine besonders gehätschelte, erfolgreiche Söldner-Truppe im Handel - die Abteilung verdiente fast ein Drittel des gesamten Bruttogewinns - gegen aussen und innen durch alle Böden verteidigt. Sensibilität für die Risiken des Geschäfts war beim CEO kaum zu spüren. Wen wundert es, dass Oberholzer im Dezember ziemlich erfolglos versuchte, die Sinne des ZKB-Kaders für Reputationsrisiken im Handel zu schärfen. Zudem war das interne Kontrollsystem löchrig wie ein Emmentaler, wie nun die ersten Untersuchungen zeigen. Die Derivat-Truppe konnte ein Eigenleben führen, das ein Kenner mit dem einer ausser Kontrolle geratenen Rakete vergleicht. Auffallend eng sollen Händler der ZKB und der Deutschen Bank kommuniziert haben. Der Geldsegen blendete die Verantwortlichen auf allen Stufen. Oberholzer lässt auch prüfen, ob Derivat-Händler Parallelgeschäfte getätigt haben. «Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser», so die vorläufige Bilanz des Präsidenten.
Wer greift nun eigentlich im Handel durch? Nach dem Debakel braucht die ZKB operativ einen Neuanfang. Im Interesse der Bank müsste Vögeli jetzt freiwillig den Sessel räumen. Der Nachfolger Vögelis ist gewählt. Man sollte Martin Scholl rasch einsetzen und nicht erst Ende Jahr.
In einem Wahljahr schlägt auch immer die Stunde der Politiker. Hansjörg Frei, Präsident der Zürcher SVP, bringt die Causa ZKB indes sachlich auf den Punkt: «Jetzt muss die Bank ohne Politik die Krise bewältigen. Und dann muss in aller Ruhe die langfristige Strategie aufgegleist werden.» Staatsgarantie und Privatisierung dürften dabei keine Tabus sein.
Die Derivat-Truppe führte ein Eigenleben, das Kenner mit dem einer ausser Kontrolle geratenen Rakete vergleichen.
https://www.nzz.ch/2007/05/06/wi/articleF5MW5.html