Wieso können Schweizer Banken den Kurs des SFR festlegen?
Hei Leute. Hier habt ihr mal die Chance, einem echten Leien in Sachen Geldpolitik einiges erklären zu können. Viele Zusammenhänge kann ich ja inzwischen verstehen, aber warum es in einem Land möglich ist, den Kurs für eine Währung auf einem bestimmten Stand einzufrieren oder festzulegen, das kann ich wirklich nicht verstehen.
Wenn ich in der Zeitung lese, dass der Schweizer Franken jetzt an den Euro gebunden wird und nicht mehr unter 1,20 Euro fallen kann, was habe ich denn drunter zu verstehen???
Wäre glücklich, wenn mir das jemand verstäendlich erklären könnte.
AW: Wieso können Schweizer Banken den Kurs des SFR festlegen?
Es handelt sich ja nicht um irgendwelche Banken, sondern um die Schweizer Nationalbank. Sie ist staatlich also darf sie das.
Die Schweiz leidet schon länger unter ihrem starken Franken.
Wenn der Franken im Wert steigt, wird es ja für Leute ausserhalb der Schweiz immer teurer in der Schweiz einzukaufen. Das ist Gift für die Wirtschaft weil sie nicht mehr soviel Waren exportieren können und nur noch auf die inländische Nachfrage angewiesen sind.
AW: Wieso können Schweizer Banken den Kurs des SFR festlegen?
Hallo Anachronist,
bissl spät, aber lieber spät als nie
Der Wechselkurs zwischen zwei Währungen ergibt sich grundsätzlich aus Angebot und Nachfrage. Da Währungen täglich und in rauhen Mengen gewechselt werden, spricht man von einem "liquiden Markt". Das bedeutet einfach nur dass jeder der (zum Marktkurs) tauschen will auch bedient wird.
Nun gibt es zwei Motivationen Geld zu tauschen:
Jemand möchte etwas in einer anderen Währung kaufen. Ob Tourist oder kommerzieller Händler: Wer in der Schweiz kaufen will, muss mit Franken bezahlen. So entsteht eine gewisse Nachfrage nach Franken.
Man vermutet, dass der Kurs einer Währung gegenüber einer anderen Währung bald steigen wird. Man kauft also diese Währung, ohne sie eigentlich ausgeben zu wollen. Dies beeinflusst (auch) den Wechselkurs, hat aber keinen realwirtschaftlichen Sinn.
Die Schweiz hat nun das Problem, dass (aufgrund Eurokrise...) viele Leute dem Euro misstrauen, und stattdessen lieber in den "sicheren Hafen" Franken investieren. Diese Investoren verkaufen ihre Euros gegen Franken, obwohl sie die Franken nicht brauchen um sie auszugeben. Da es aus Schweizer Sicht keine Gegenbewegung gibt, steigt der Kurs des Franken, ohne dass es tatsächlich Sinn macht.
Daraus ergibt sich das Problem dass Schweizerische Produkte im Ausland teurer werden, und diese aufgrund des Preises nicht mehr gekauft werden. Dazu zählen sowohl physikalische (Schweizer) Produkte im (deutschen) Supermarkt, als auch z.B. Skiferien in der Schweiz. (Wenn man in Österreich dasselbe für den halben Preis erleben kann, warum sollte man dann noch in die Schweiz fahren?)
Nun zum Kern Deiner Frage: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat, als der Kurs EUR/CHF beinahe 1:1 war, beschlossen, dass der CHF-Kurs aufgrund des oben aufgezeigten Mechanismusses eindeutig viel zu hoch ist, und die Realwirtschaft mit diesem Kurs nicht mehr exportieren kann. Also hat sie 1 : 1.20 als Untergrenze festgelegt (der Kurs ist nicht "gebunden"!).
Das heisst dass die SNB garantiert, dass sie für jeden Euro jederzeit 1.20 Franken auf den Tisch legen würde. Liegt ein Angebot von unter 1.20 vor wäre man blöde dies anzunehmen, weil man in Bern bei der SNB ein besseres Angebot bekäme. Wäre der Kurs über 1.20, lässt man entsprechend die SNB links liegen.
NB: Bindung (Kurs ist immer exakt 1 : 1.20) vs. Untergrenze (Kurs ist immer 1 : 1.20 oder mehr)
Last but not least kann die SNB das Angebot in unbegrenztem Umfang erfüllen, weil die SNB als einzige Partei weltweit Fränklis drucken kann. Sie hat für dieses Unterfangen also beliebig viele Franken zur Verfügung.
Hoffe das ist etwa die Antwort, die Du Dir erhofft hast